Zweites Ladyfest in Darmstadt am 2.9.2011
Gespräch mit den Organisatorinnen
Olympia gilt als die Keimzelle der Riot Grrrl-Bewegung und war nicht zuletzt deshalb der perfekte Ort für das erste Ladyfest – die Grrrls waren erwachsen geworden und brachen zu neuen Ufern auf. Die bekanntesten Bands wie Sleater Kinney, Bratmobile, Babes in Toyland, Team Dresch, Tribe 8 und Bikini Kill erlangten Kultstatus. Ihre Themen waren (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Sexualität, Marginalisierung in der Musik-Subkultur, Do-it-yourself Kultur und feministische Politik. In diese Tradition stellen sich die Ladyfeste und führen das Projekt der riot grrrls fort. Die Kombination aus DiY-Ethos, feministischer Überzeugung und Party stieß auf begeisterte Resonanz. 2001 gab es bereits fünf Ladyfeste, das erste deutsche Ladyfest lief 2003 in Hamburg vom Stapel.
Am 2. September 2011 findet zum zweiten Mal ein Ladyfest in Darmstadt statt – hier ein Interview mit drei der Organisatorinnen:
Christina Mohr: Ihr organisiert gerade das zweite Ladyfest in Darmstadt – wie waren eure Erfahrungen im vergangenen Jahr? Was war super und was wollt Ihr in diesem Jahr anders machen?
Giuli: Super ist, dass Darmstadt nun ein Ladyfest hat! Mit viel Arbeit und Engagement, manchmal auch echtem Stress, haben Frauen aus unterschiedlichen Zusammenhängen das erste Ladyfest organisiert, welches circa 450 BesucherInnen begeistert hat. Mir hat die Vielfältigkeit des Programms gefallen: neben Ständen für Schmuck, Design, Handwerk und Kulinarischem, konnten wir auch musikalisch was auf die Ohren geben. Dieses Jahr wollen wir etwas mutiger und offensiver mit dem politischen Hintergrund des Ladyfestes umgehen – ich denke, dass uns das schon mit dem Design gelungen ist.
Morelle: Und mit dem Programm: Sookes Texte sind explizit und für jede(n) verständlich. Die Jolly Goods rocken und noisen konsequent an Schubladen vorbei und machen ihr Ding. Desweiteren gibt es die Ergebnisse eines Filmprojekts unter dem Titel „Frauen haben Grund zur Wut, weil…“ zu sehen. Um unsere Beweggründe sichtbarer zu machen, haben wir eine Broschüre** erstellt, die auf dem Ladyfest natürlich verteilt wird.
Lesley: Wir haben im letzten Jahr ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Viele meiner FreundInnen konnten mit dem Begriff ‘Ladyfest‘ erst mal nichts anfangen, sind aber schnell neugierig geworden und haben sich auf das Neue, Ungewohnte eingelassen. Die Resonanz war hinterher sehr positiv, was besonders toll war, denn wir hatten es uns ja mit so einem avantgardistischen Act wie Frau Kraushaar nicht gerade einfach gemacht und konnten vorher schlecht einschätzen, wie sie beim Publikum ankommt. Einige sind natürlich gerade wegen ihr gekommen. Genau diese Mischung ist es, die ich besonders spannend finde.
CM: Wann war euch klar, dass es wieder ein Ladyfest in Darmstadt geben soll?
Lesley: Eigentlich sofort…
Morelle: Ich glaube, das war so gegen 23h beim letzten Ladyfest – es war gut besucht, die Stimmung super und alles hat so geklappt wie wir es uns gewünscht hatten 🙂 Wir haben dann zwar erst mal eine lange Pause eingelegt und uns personell neu sortiert, aber dass es eins geben würde, war die ganze Zeit klar.
CM: Hatte das Ladyfest direkte Auswirkungen auf die Darmstädter Szene? (z.B. mehr Konzerte mit Frauenbands / Diskussionen o.ä.)
Morelle: In der Folge des Ladyfests gab es meiner subjektiven Wahrnehmung nach mehr Gespräche: Darüber, was das Ladyfest will, wie die Leute das verstehen – oder eben auch nicht verstehen. Und auch darüber, wie es so ist in Darmstadt als Musikerin oder DJ: es gab einen schönen Artikel bzw. ein Interview im Darmstädter Echo (mit dem Titel „Man muss ein Macho sein“). Über so zustande gekommene ‚Gespräche‘ bzw. Wall Posts in der Facebook-Gruppe des Ladyfests hat sich dann auch unser erster Workshop ergeben: Ein DJ-Workshop für Anfängerinnen, den wir im Juli mit den Mädels von ‚DontCanDJ‘ als Dozentinnen angeboten haben.
Lesley: Ich weiß nicht, ob man von Auswirkungen auf die Darmstädter Szene sprechen kann, aber ich habe den Eindruck, dass sich der Begriff ‚Ladyfest‘ langsam etabliert. Viele haben zumindest schon einmal davon gehört und einige, die vorher nicht feministisch informiert waren, wissen jetzt ungefähr, was dahinter steckt und was wir so machen. Das ist schon viel wert, denn dadurch sind wir keine Eintagsfliege mehr und wir möchten ja unbedingt auch die erreichen, die bisher fanden, dass Feminismus verbissen, unsympathisch und eigentlich obsolet sei.
CM: Wer besucht das Ladyfest? Ist das eher ein Treffen eines engen Zirkels oder kommen auch Frauen, die weder besonders feministisch noch popkulturell interessiert sind? Wenn nicht: wie erreicht man die?
Giuli: Ich denke, dass wir ein sehr breites Publikum erreicht haben: Menschen aus Uni, Beruf, Schule; Partypeople, politisch Interessierte; feministisch geprägte und jene, die von einem Ladyfest zuvor noch nichts gehört hatten. Aus meinem Kreis weiß ich, dass viele schon gespannt auf das kommende Ladyfest warten und ich hoffe, dass wir wieder viele erreichen.
Morelle: Weil wir ein cooles Programm bieten, kommen auch viele, die mit der politischen Message erst mal nix am Hut haben – die kommen einfach nur wegen der Musik und sicher auch wegen des ansprechenden Designs unserer Werbemittel. Das gilt wahrscheinlich vor allem für die Gruppe der 16- bis 39-jährigen. Die anderen versuchen wir mit extremer Aufdringlichkeit und gezielter Pressearbeit zu kriegen 😉
CM: Wie ist die Unterstützung seitens der Stadt Darmstadt? Wie ist die Presseresonanz?
Giuli: Die Frauenbüros Darmstadt und Landkreis Darmstadt Dieburg unterstützen uns finanziell, sowie der AStA der TU Darmstadt.
Morelle: Pressemäßig hat uns das Darmstädter Echo bisher ganz gut supportet (für dieses Jahr erwarten wir noch was), das P Magazin veröffentlicht ein Interview in seiner Septemberausgabe, das Gab-Magazin bringt einen Bericht usw. – was es an Presseecho gibt, sieht man auf unserer Webseite. Das geht aber alles auf unsere Arbeit zurück. Die Pressestelle der Stadt Darmstadt ist, glaub ich, nicht so fit, auch wenn das Frauenbüro uns da sicher gerne unterstützen würde.
Lesley: Dafür, dass wir noch ein eher kleines Ladyfest sind, läuft es sehr gut. Wir müssen uns zwar viel kümmern, aber wir erfahren auch von vielen Seiten tolle Unterstützung, z.B. von allen Mitwirkenden, den Leuten vom Weststadtcafé, dem Fotografen, der Grafikdesignerin, den Musikerinnen usw. Alle tragen dazu bei, dass wir ein professionelles Fest veranstalten können.
CM: In diesem Jahr wird nicht nur das 20-jährige Jubiläum von Grunge gefeiert, sondern auch 20 Jahre Riot Grrrlsm: seid ihr, und wenn ja, wie stark von dieser Bewegung beeinflusst? Riot Grrrl kam aus den USA, die ersten Ladyfeste fanden ebenfalls in Amerika statt. Warum waren/sind die US-amerikanischen (Pop-)-Feministinnen so stark und engagiert und warum hat es so lange gedauert, bis es Ladyfeste auch in Deutschland gab? (Das erste in Deutschland fand 2003 in Hamburg statt – mit u.a. Holly Golightly.) Wird Riot Grrrl beim diesjährigen Ladyfest eine besondere Rolle spielen?
Morelle: Hm. Ich denke, für das Entstehen von Riot Grrrlsm war die rege, testosterongeplagte Hardcore-Szene Washingtons entscheidend; eine vergleichbare Verknüpfung von Politik und Musik / (Sub-)Kultur gab es in Deutschland ja gar nicht. Da wir alle nicht dabei waren, wäre es auch gelogen, von einem starken Einfluss zu sprechen – damals war das mit dem Internet und so ja noch nicht so wie heute. Und wir waren teilweise auch noch zu jung: Ich persönlich hab das erst später mitgekriegt, als mir jemand Bikini Kill auf einem politischen Zeltlager vorspielte und da fand ich einfach die Musik super. Ich glaube aber, wenn Du danach fragst, sind die genannten Beweggründe, bei einem Ladyfest mitzumachen, im Großen und Ganzen fast genau die aus dem Riot-Grrrl-Manifest (leider!). Und zwar ohne, dass die Ladies überhaupt alle das Manifest kennen. Wir besinnen uns also, teils ohne es zu wissen, auf die Wurzeln einer Bewegung, der wir uns nah fühlen ohne sie wirklich zu kennen.
Lesley: Von Riot Grrrlism habe ich vielleicht vor fünf Jahren zum ersten Mal gehört. Wer sich Anfang der 90’er nicht explizit für politische Musik interessiert hat, hat das m. E. in Deutschland gar nicht mitgekriegt. Vielleicht gelingt ja zwanzig Jahre danach endlich sowas wie ein dauerhafter Riot Grrrlism in Deutschland. Wäre doch fein, oder? Wir tragen jedenfalls unseren kleinen Beitrag dazu bei!
Giuli: Ich habe oder hatte eigentlich nicht viel mit Musik und Popkultur zu tun. Als Referentin für Feminismus und Gleichberechtigung im AStA der TU Darmstadt schlage ich mich eher mit politischen Debatten herum, die eine ganz eigene Kultur mit sich bringen.
CM: Und apropos Grrrlism: warum verwässerte Riot Grrrl hierzulande zum konsumistisch-materialistischen „Girl Power“-Zeugs á la Spice Girls?
Morelle: Keine Ahnung. Vielleicht, weil alles ganz dringend spaßig und möglichst inhaltslos sein musste nach diesen schrecklich politischen 80ern? Ich will keine politikwissenschaftlichen Thesen spinnen. Ich fand das jedenfalls sehr unangenehm, ich verspürte ein großes Unbehagen, als Lucilectric auf einer Demo spielten. Ich glaube, ich habe sie sogar mit Bonbons beworfen, weil ich klein und doof war und die mir so auf die Nerven gingen.
Giuli: Leider gibt es die Tendenz, Kultur bzw. Musik und Politik zu trennen. Das Politische lässt man lieber weg, wenn’s Spaß machen soll und Musik soll immer Spaß machen, Spaß-Kultur. Dabei gibt es wunderbare politische Kultur und auch eine Kultur-Politik. Das macht nicht immer so viel „Spaß“, weil diskutieren, sich reiben, zwischen Offensive und Defensive schwimmen und Kultur organisieren auch echt anstrengend sein kann. Und natürlich überlegen wir immer wieder, wie viel kritischen Input wir geben können und müssen, um eben Spaß, Kultur und Politik zu vereinen oder zumindest nebeneinander stehen zu lassen. Am besten sollte man einfach mal in unsere Broschüre gucken. Da sieht man auch, dass wir nicht nur feministisch auf die Gesellschaft schauen, sondern auch den Kapitalismus kritisch beäugen.
CM: Sind Ladyfeste heutzutage noch zeitgemäß resp. braucht man noch Räume/Veranstaltungen nur für Frauen? Wenn ja, warum?
Giuli: JA! Die Gleichberechtigung von Männer und Frauen ist noch lange nicht erreicht – auch nicht in der Kunst und Musik. Manchmal ist das schwerer zu erkennen – aber wie viele DJs sind Frauen oder wie viele Frauen sind im Technikteam und hat nicht ein Mann die Musik-Acts gebucht? Deshalb ist es umso wichtiger, sich zusammen zu tun, sich auszutauschen und das Politische im Privaten wiederzuerkennen. Und dann was zu machen – ein Ladyfest! Hier kann frau sich selbst ausprobieren in so vielen Bereichen, ohne sich beweisen zu müssen. Okay, zugegeben: ein bisschen Druck ist schon dabei, vor allem den eigenen Ansprüchen zu genügen, die Besonderheiten des Ladyfestes zu wahren, den politischem Charakter mit Festatmosphäre zu vereinen, viele anzusprechen und dennoch niemanden die Möglichkeit geben, sich frauenfeindlich, homophob oder rassistisch zu verhalten.
Morelle: Zum Ladyfest: In Darmstadt gab‘s noch keins und Ladies sind im hiesigen Nachtleben unterrepräsentiert, deshalb finden wir es zeitgemäß. Und zu den Frauenräumen: Weil es gut tut, weil es hilft sich zu entwickeln und weil es Spaß macht. Das haben wir auch bei unserem DJ-Workshop gesehen: Es war ein wundervoller Tag, alle haben unheimlich viel gelernt, die Stimmung war entspannt und ausgelassen, es haben sich neue Bekanntschaften ergeben und während des Abendessens gab es tolle Gespräche. Ich weiß nicht, warum da immer vermutet wird, ‚wir Frauen‘ würden uns durch solche Veranstaltungen hinter dem Rücken der Männer irgendwelche Vorteile erschleichen – was ist das bloß für eine Angst, die dahinter steckt? Macht doch einfach auch Männer-Workshops, wenn Ihr Lust habt. Stört uns nicht. Was uns stört, ist die Ausgrenzung, die nicht schon auf dem Plakat steht, aber trotzdem viel zu gut funktioniert.
Lesley: Ich glaube sogar, dass Ladyfeste immer zeitgemäßer werden. Wir machen in einer Party-Atmosphäre darauf aufmerksam, dass das mit dem Feminismus einfach noch nicht durch ist, dass die Frauen heute nicht stillstehen und sich nur mit dem abfinden wollen, was in den 70’ern erreicht wurde.
CM: Gerade Indie-Boys stehen ja in dem Ruf, dem Feminismus aufgeschlossen gegenüber zu stehen – wie sind eure Erfahrungen ganz konkret? Wie ist das abends beim Ausgehen, bei Konzerten, etc.? Hört ihr manchmal Sprüche wie „für eine Frau legt die echt super auf“?
Morelle: Jaja, die sanften, verständigen Indie-Boys… sind das die mit den Indoor-Schals zur Röhrenjeans? Meine Erfahrungen mache ich zum Großteil in Darmstadt – und da gibt es einfach schon aus Mangel an Möglichkeiten keine so starke Abgrenzung einzelner Szenen bzw. überhaupt nicht so viel Szene. Ich würde sagen, Arschlöcher gibt’s überall. Und die nervigsten Erfahrungen mit Klauen, Angerempeltwerden und so habe ich tatsächlich u. a. bei Audiolith-Konzerten gemacht. Dazu fällt mir ein, dass der Torsun von Saalschutz mal ein Konzert abgebrochen hat, weil es „Ausziehn-Ausziehn“-Rufe im Publikum gab…
Beim Auflegen kommt es auf den Laden an – Studenten sind die schlimmsten 🙂 Was aber sicherlich stimmt ist, dass jemand, der gern Anthony & The Johnsons, CSS und Hercules & Love Affair hört, tendenziell weniger zu Homophobie und Sexismus neigt als der Durchschnittsbürger.
Lesley: Ich kenne, glaube ich, zu wenige Indie-Boys, um diese Frage richtig beantworten zu können. Aber meine Erfahrung ist auch, dass die bevorzugte Musikrichtung einer Person nur sehr bedingt etwas über seine/ ihre gesellschaftliche oder politische Einstellung aussagt. Wie Giuli vorhin schon sagte, Musik und Politik wird viel zu oft getrennt voneinander gesehen – und Sexismus gibt es auf fast jedem Dancefloor, egal wer was gerade auflegt.
CM: Ihr habt diesmal die Jolly Goods und Sookee eingeladen – supertolle Acts, wie ich finde. Wie reagieren die Künstlerinnen auf eure Anfragen? Hat euch auch schon mal eine Musikerin abgesagt, weil sie gerade nicht auf einer feministischen Veranstaltung spielen wollte?
Morelle: Die angefragten Künstlerinnen freuen sich immer sehr. Und abgesagt wurde bisher nur aus Termingründen. Was sicher daran liegt, dass wir nur die ‚richtigen‘ anfragen: Nämlich Künstlerinnen, die wir gut finden und von denen wir glauben, dass sie bereit sind, für eine geringe Grundgage oder gar nur für Getränke aufzutreten, also quasi unser finanzielles Risiko mittragen. Eben weil sie gerade auf einer feministischen Veranstaltung gern spielen wollen und es toll finden, dass wir das ehrenamtlich auf die Beine stellen. Die Jolly Goods, die ja aus dem Odenwald stammen, haben sich besonders gefreut, dass es in ihrer früheren Ausgehstadt nun ein Ladyfest gibt.
Lesley: Dass wir die Jolly Goods für unser Fest gewinnen konnten, ist natürlich deshalb auch so toll, weil sie im September ihr neues Album ‘Walrus‘ releasen – und das in ihrer alten Heimat. Für uns ist das ein echter Glücksfall!
CM: Apropos Musikerinnen: die aktuellen Charts sind voll mit Sängerinnen (Lady Gaga, Colbie Caillat, Rihanna, Katy Perry, etc.pp.) – ist es so, dass zurzeit die Frauen regieren und Männer keine Chance mehr haben, „Kings of Pop“ zu sein? Oder ist das ein Trugschluss, weil hinter den Charts-Acts sowieso nur Männer stehen, die für Image, Songs, Management verantwortlich sind?
Lesley: Ich unterscheide eigentlich lieber zwischen guter und schlechter Musik als zwischen chart-bewährter Frauen- und Männermusik. Die Charts suggerieren ein Stimmungsbild der musikhörenden Gesellschaft, sie geben aber nicht an, von welcher Altersgruppe die Kaufkraft ausgeht. Die Kinder und Jugendlichen, die ich kenne, geben ziemlich viel Geld für Musik aus und laden so oft wie möglich die neuesten Popsongs runter. Sie schenken sich gegenseitig i-Tunes-Gutscheine zum Geburtstag und das nicht, weil ihnen sonst nichts einfällt. Popmusik ist meiner Meinung nach die schnelllebigste, aber auch die am leichtesten zugängliche Musikrichtung und deshalb wird sie von so vielen gehört. Die oben genannten Künstlerinnen bedienen sich altbewährter Methoden, die schnell zum Erfolg führen. ‘Queen/ King of Pop‘ wird man dadurch aber nicht automatisch, dazu braucht es wohl immer noch ein, zwei erfolgreiche Jahrzehnte im Geschäft und dazu sind sie einfach auch noch zu jung.
Giuli: Was haben diese Musikerinnen eigentlich mit Feminismus oder der Emanzipation der Frau zu tun? Sie profitieren vom feministischen Kampf zu freizügigeren Kleidung und sexueller Befreiung, das war´s. Ansonsten sind sie schön und reich, sexy, süß, vielleicht auch mal ein bisschen flippig. Damit verkörpern sie ein Frauenbild, welches alte Rollenbilder befriedigt und festigt. Dazu „beweisen“ sie, dass auch Frauen hart arbeiten und ihren amerikanischen Traum verwirklichen können. Das gilt in der Realität jedoch nur für wenige Menschen und besonders wenig für Frauen! Ein Ladyfest zeigt, dass Frauen auch heute noch kämpfen müssen, um Platz und Gehör zu bekommen und wenn wir dann gehört werden, wollen wir auch das richtige sagen: Still loving feminism!
Morelle: Sehe ich genauso. Wobei mir eine Popsängerin, die auf ihre Art selbstbestimmtes Leben, z. B. auch selbstbestimmte Sexualität oder ähnliche Dinge zum Thema macht, immer noch lieber ist als die, die sich thematisch nur zwischen Liebesballaden und Guck-mal-wie-sexy-ich-bin bewegen. Aber Katy Perry – war das die mit ‚I kissed a girl‘? Was für ein Mist! Das sollte uns wohl sagen: Wenn Frauen sich küssen, dann nur mal so aus Versehen, upsi, oder sowieso nur um Männer scharfzumachen. Also quasi heteronormative Stereotypen scheinbar anknacksen, um sie doch nur zu festigen. Ach, ich weiß schon, warum ich mich kaum mit dem Geschehen in den Charts beschäftige – dazu gibt’s einfach zu viel gute Musik, die gehört werden will!
www.ladyfest-darmstadt.de
www.facebook.com/ladyfestindarmstadt
www.jollygoods.net
www.sookee.de
* Riot-Grrrl-Manifest, z.B. hier: onewarart.org/riot_grrrl_manifesto.htm
** Broschüre zum Darmstädter Ladyfest hier: ladyfestdarmstadt.files.wordpress.com/2011/07/ladyfest-broschc3bcre1.pdf
16.08.2011