Susanne Vogel (D)

"Die Bassistin No.1"

Die E-Bassistin Susanne Vogel ist eine der besten deutschen Bassistinnen und voll im Geschäft. Edo Zanki, Klaus Lage, Inga Rumpf, Ina Deter, Pe Werner etc. vertrauen ihren tiefen Tönen.

Außerdem war sie Sabrina Setlur eine Schwester S. In den letzten Jahren trat sie vor allem mit der Formation „Soulounge“ ins Rampenlicht. Hier ist der Name Programm, und wer auf Soul-Musik steht, müßte diese deutsche Band kennen. Das Team um Gitarrist Sven Bünger, Schlagzeuger Bela Brauckmann und Bassistin Susanne Vogel war einst „nur“ ein Spassableger der Band Cultured Pearls. 2001 hatte es mit Soul-Coversongs begonnen, doch heute finden sich im Programm fast nur Eigenkompositionen, die Vogel, Bünger und Brauckmann zusammen schreiben.

Höchste Zeit, diese umtriebige Bassistin vorzustellen

STECKBRIEF – Susanne Vogel:

1983 Beginn des E-Bass-Spiels.

1987–1988 Allgemeines Studium an der Swiss Jazz School in Bern / Schweiz.

1991–1993 Unterrichtstätigkeit (E-Bassunterricht) am Music Lab in Emmendingen bei Freiburg.

1990–1995 Studium (Jazz- und Popularmusik, Hauptfach E-Bass) an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Abschluss Juli 1995 (Diplom-Musiklehrer für Jazz- und Popularmusik).

1991-2002 Festes Mitglied der Band von Edo Zanki. Tourneen 1992, 1994, 1996, 2001. CD-Produktionen 1992, 1994, 1995, 2000).

ab 1993 Weitere Tourneen (Ina Deter 1993 und 1997, Pe Werner 1995, Das Auge Gottes 1995),

1994–2000 Bass-Sub bei Cats im Operettenhaus in Hamburg.

1996–1998 Bassistin am Lübecker Theater für die dort laufenden Musical-Produktionen.

2000 Tournee mit Sabrina Setlur.

ab 2000 Dozentin für Jazzharmonielehre, Gehörbildung und E-Bass an der Hamburg School of Music (seit Anfang 2005 Berufsfachschule).

ab 2001 Mitglied der Band Soulounge: regelmässige Konzerte in Hamburg und Berlin, Tourneen durch Deutschland, Produktion von 2 CDs (2003, 2004 und 2005)

2004 Tourneen mit Soulounge und mit Gabriel Gordon

2005 Auftragskomposition für Radio Bremen (Hörspielvertonung), Konzerte mit Soulounge und Klaus Lage.

ab 2005 Unterrichtstätigkeit an der RockPopSchule Lübeck (E-Bass)

Tourneen, Konzerte, TV-Auftritte und Aufnahmen u.a. mit:
Soulounge, Roachford, Edo Zanki, Xavier Naidoo, Bo Heart, Floy, Inga Rumpf, Lamont Dozier, Klaus Lage, Gabriel Gordon, Kosho, Lars „Luis” Linek, Natacha (CH), Pe Werner, Ina Deter, Das Auge Gottes, Die Zöllner, Ulla Meinecke, Big Band des Hessischen Rundfunks …

Das folgende Interview mit Susanne Vogel führte Angela Ballhorn.

Melodiva: Wie hat dich das E-Bass-Fieber gepackt?

Susanne Vogel: Es war ein bißchen mystisch, weil ich von einem E-Bass geträumt habe, der auf dem Dachboden in meinem Elternhaus lag. Seit diesem Traum wuchs der Wunsch, E-Bass zu spielen. Ich hatte kein direktes Vorbild, stand aber sehr auf Musik. Ich habe mir die Plattensammlung meiner Eltern mit Kopfhörern angehört und stand schon immer total auf tiefe Töne und tanzte dazu. Mit 15 wollte ich dann Bass spielen.

Melodiva: Was für Musik hat dich denn dann gepackt?

Vogel: Als ich mit Bass begonnen habe, habe ich den Jazztrompeter Miles Davis entdeckt, in dessen 80er Jahre-Bands der Bass sehr präsent war. Da spielten Marcus Miller und Daryl Jones. Dann war ich lange Jahre Level 42 Fan, nicht nur wegen Mark King, sondern weil ich auch die Texte und Songs gut fand. Den Bass natürlich auch! Da habe ich mir viele Sachen rausgehört. Nach einer Weile hat sich das &Mac226;speziell nur auf den Bass Hören etwas verlaufen, dann ging es mir um die Musik an sich. Ich hatte eine lange Schlagzeug-Hör-Phase, was als Bassist ja nicht unwichtig ist.

Melodiva: Wo hast du E-Bass studiert?

Vogel: Hauptfach E-Bass in der Jazz- und Popularmusikabteilung in Stuttgart. Den Unterricht gibt dort Thomas Heidepriem. Wir haben uns gut verstanden, kamen aber mit der Lehrer-Schüler-Situation nicht gut klar. Als Musiker habe ich ihn immer sehr geschätzt, aber unsere Ansichten, wie wir an die Sachen rangehen wollten, waren anders. Ich wollte erst immer innerlich hören, was ich spielen möchte, er wollte, dass ich so lange spiele und ausprobiere, bis ich höre, dass es stimmt. Das Studium hat mich sehr geprägt. Für mich war die Zeit mit Thomas Heidepriem und Frank Sikora, dem Theorie und Arrangierlehrer, sehr wichtig.

Melodiva: Du bist von Anfang an bei der Soulounge dabei. Wie hat sich die Band denn formiert?

Vogel: Eigentlich fing die Band als Spassprojekt an. Sven Bünger rief mich an und sagte, er wolle gerne Soul-Titel mit einer Band spielen. Nicht gerade die typischen, die man schon tausend Mal gespielt hat. Zusammen mit dem Schlagzeuger der Cultured Pearls, Bela Brauckmann, war das echt ein Glückstreffer. Wir haben schnell gemerkt, dass es gut läuft. Alle drei Monate hatten wir ein festes Date in Berlin und in Hamburg, und es kamen immer mehr Leute. Die Idee mit den wechselnden Gastsängern stand auch von Anfang an, nur die Bandbesetzung blieb konstant. Wir nehmen gerne so viele Gäste wie möglich mit. Auf der letzten Tour waren es nur drei, das lag aber daran, dass nur neun Leute ins Auto passten.

Melodiva: Wie schnell kamen die eigenen Stücke ins Programm?

Vogel: Einige der Sänger brachten eigene Stücke mit. Wir als Band hatten eigentlich nicht vor, zu schreiben, das änderte sich aber sehr schnell. Es ging genauso einfach vonstatten wie jammen. Mit kleinen Aufnahmegeräten haben wir unterwegs Grooves aufgenommen und später Text und Melodie dazu geschrieben.

Melodiva: Macht ihr alle Songs gemeinsam?

Vogel: Mehr oder weniger. Natürlich hat immer einer einen Schwerpunkt an einem der Stücke, aber ausgearbeitet wird zusammen. Zur letzten Platte hatten wir uns ein Ferienhaus in Dänemark gemietet und dort Sachen ausprobiert. Wir sind mit vollen Taschen und vielen Ideen wieder nach Hause gekommen. Zusammen geht es auch unheimlich schnell. Entweder es funktioniert gleich oder es fliegt. Langes Gefriemel gibt es nicht.

Melodiva: Jetzt seid ihr drei CDs weiter, wart mit der Soul-Legende Lamont Dozier auf Tour und habt mit dem Filmorchester Babelsberg aufgenommen. Das ging alles schnell.

Vogel: Das sieht von außen so aus. Obwohl: Wir haben 2001 angefangen, und drei CDs in fünf Jahre sind natürlich schon viel. Das liegt daran, dass wir so schnell arbeiten können, und wir haben zwei Tourjahre gehabt, in denen wir an jeder Milchkanne gespielt haben. Da wächst die Band aneinander und man kann eine Menge Musik ausprobieren.

Melodiva: Wie kam die Idee zu der Tour mit Lamont Dozier, der ja eine Soul-Ikone ist?

Vogel: Der ist natürlich ein großes Vorbild und es war schon ganz schon aufregend. Die Konzerte mit ihm waren großartig, und wir haben mit ihm die ganzen Hits wie „Stop In The Name Of Love“ gespielt und er hat uns die ganzen alten Geschichten dazu erzählt. Er ist ein sehr warmherziger Mann, ein echtes Erlebnis. Während der Proben hat sich zum Glück unser Lampenfieber gelegt. Er kam zur Probe und wir spielten ganz schüchtern das erste Stück an. Er nickte und meinte nur „That’s like in the old days…“ Das war für uns der Ritterschlag, obwohl wir einige seiner Vorlagen verändert hatten. Er fand alles in Ordnung und es hat echt Spaß gemacht.

Melodiva: Wie spielst du mit dem Schlagzeug zusammen?

Vogel: Mit Bela klappte das von vornherein ohne großes Reden. Da klappen sogar die gleichen Fills, ohne sie vorher abzusprechen. Manchmal sprechen wir Bassdrum-Bass-Patterns ab, obwohl ich nicht so sehr in solchen Pattern denke. Für mich kann sich das ruhig anders verzahnen. Mit Bela fühle ich mich musikalisch zusammengewachsen. Ich hatte auch zwei oder drei Jahre, in denen ich nur die Schlagzeuger beobachtet habe. Ich kann Schlagzeug zwar nicht spielen, aber ganz gut denken und programmieren. Dazu hatte ich das Glück, lange Jahre mit Ralf Gudzke zusammen spielen zu können, der einer der großen Schlagzeuger ist. Mit dem hatte ich auch ein &Mac226;Heimat-Gefühl.

Es funktioniert aber eigentlich immer gut, vielleicht weil ich mich immer eingefühlt habe und mein Timing zu Gunsten des Bandsounds zurücknehmen kann. Dann spiele ich mit den Schlagzeugern eng zusammen, auch wenn es gegen mein Gefühl gehen sollte. Vielleicht ist das eine weibliche Seite. Und ich habe dieses Einpassen wirklich geübt und an der Mikrotime gearbeitet. Das ist ein großes Thema unter Rhythmusgruppen. Dann redet man und denkt, alles paßt perfekt, und beim Zusammenspielen entdeckt man, dass es eben doch nicht so einfach geht. Was ich anfangs nicht begriffen habe, ist, dass es auch Schlagzeuger gibt, die ganz gerne dem Bass folgen. Da entwickelst du deine eigene Time-Stärke. Da mußt du dich auf die Rolle einlassen können, aber auch wieder loslassen können.

Melodiva: Die Soulounge ist aber nur ein Ausschnitt von dem, was du machst.

Vogel: In den letzten zwei Jahren ist die Soulounge aber meine musikalische Mitte. Ich habe in den letzten Jahren sehr viele unterschiedliche Projekt teilweise gleichzeitig gemacht und mußte merken, dass mich das auslaugt. Dann wird es zu einem Job. Und sich dauern umstellen zu müssen, ist anstrengend. Deshalb habe ich mich auf die Soulounge konzentriert. Bei Klaus Lage zum Beispiel spielen viele Freunde mit, da habe ich eine kleine Tour mitgespielt, die in den Zeitplan paßte. Solange es in den Soulounge-Plan paßt, versuche ich‘s. Um das ganze finanziell etwas abzufedern, unterrichte ich. Die Gesellschaft braucht mehr Bildung, und das ist mein Beitrag dazu. Ich muß aufpassen, wo ich meinen strengen Anspruch setzen kann – an der Hochschule natürlich, Anfänger frustriert man damit nur.

Melodiva: Was hast du für Pläne und Projekte?

Vogel: Im Moment hat die Soulounge Vorrang. Wir machen das Management selber, unsere zweite CD ist auf unserem eigenen Label veröffentlicht und das Booking machen wir ebenfalls selber. Für den großen Aufwand bleibt – weil wir so viele sind – nicht echt viel übrig. Unsere Gäste waren meist sehr kulant und haben sich in der Anfangszeit mit Gagen zufrieden gegeben, für die wir uns fast geschämt hatten.

Ich schreibe auch selber Sachen, die allerdings schwer einzuordnen sind. Ich bin noch auf dem Weg und noch nicht zu einem Schluß gekommen, in welche Ecke ich sie packen soll. Teils sind es instrumentale Nummern, teils mit Text, und selber würde ich sie in die jazzverwandte Ecke packen. Sehr strange Harmonik, aber nicht so viele Akkorde hintereinander. Eher poppig vielleicht wie Massive Attack. Das ist mein Forschungsgebiet. Im Moment singe ich meine englischen Texte selbst. Allerdings bin ich gesanglich längst nicht so weit wie am Bass. Da die Sachen sehr persönlich sind, kann ich die eigentlich niemand anderen singen lassen.

Melodiva: Kannst du gleichzeitig singen und spielen?

Vogel: Nein, nur unter sehr großen Schwierigkeiten. Ich habe es ganz lange abgelehnt, weil man ja immer als Frau gefragt wird, ob man singt. Ich wollte als Bassistin wahrgenommen werden. Edo Zanki hat mich immer wieder ermutigt und deshalb mache ich das hin und wieder mal. Um das richtig gut zu können, müßte ich noch mal richtig ranklotzen. Vielleicht müßte ich das so machen wie die Kollegin Me’Shell NdegéOcello und einen zweiten Bassisten ordern. Das ist mein persönlichstes Projekt, aber ich kann keine Prognosen abgeben, wann es so weit sein wird. Ich habe es nicht mehr eilig. Eine Zeitlang dachte ich, ich müsse Druck machen. Ich brauche meine Zeit, und die Zeit kommt. Oberste Priorität wären, mein Ding, mein Baby ohne Kompromisse durchzuziehen. Als Bassistin bin ich immer Diener, nie der bestimmende Kopf. Ich habe das Bedürfnis, einmal meine Handschrift draufzusetzen. Das brauche ich für mich.

Discographie:

Ihre Top 10 der eigenen Aufnahmen:

aktuelle CD:

Soulounge – Home

(2004 Soulounge Records)

Edo Zanki – Ich muß verrückt sein

(1992 / WEA)

Die Zöllner – Goldene Zeiten (1993 Deutsche Schallplatten GmbH)

Edo Zanki – Komplizen (1994 / Sony Music)

Edo Zanki – 10 (1995 / Sony Music)

Ina Deter – Mit früher ist heute vorbei (1997 Chroma Music)

Natacha – Natacha (2000 / EMI Switzerland)

Edo Zanki – Die ganze Zeit (2001 / MMP)

Soulounge – The essence of the live event (2003 Warner Strategic Marketing)

Inga Rumpf – Live im Michel

(2004 / 25th Hour Music)

Copyright: MELODIVA

www.bassgrooves.de
Autorin: Angela Ballhorn

29.07.2006