Susan Weinerts Synergyeffekt

"... Ein Paar macht mobil"

So konnte es passieren, dass Deutschlands bekannteste Fusion-Gitarristin auf elektrische Gitarren und Boxentürme verzichtet und sich nur mit ihrem Mann Martin am Kontrabass ganz intim um ihre sechs Saiten kümmert:

Die Idee zu „Synergy“, der neuen Platte der Gitarristin Susan Weinert, entstand bei ihrem Gitarrenbauer Peter Coura. Bei dem stand nämlich eine wunderschöne akustische Gitarre. „Eigentlich sind die nichts für mich“ sagt Susan Weinert. „Die Griffbretter sind für meine kleinen Hände viel zu breit und ich kann die ganzen Holdsworth-Akkorde nicht greifen.“ Doch Peter schickte sie weiter zu Albert Müller, der ihr eine akustische Gitarre auf den Leib und vor allem auf die Finger schneiderte. Susan Weinert hat sich direkt in den Klang verliebt.
„Ich habe mich hingesetzt und die Ideen sind nur so gesprudelt. Dauernd habe ich Martin gerufen, dass er sich die neuen Ideen anhören muss. Ein Stück nach dem anderen ist in kürzester Zeit entstanden.“

Das war die Geburtsstunde des Projektes

Vorher gab es schon ein Konzert mit E-Gitarre und E-Bass zu zweit, allerdings aus der Not des Veranstalters wegen der Lautstärke heraus.
„Zuhause spielen Martin und ich dauernd zusammen, live haben wir das noch nie gemacht. Aber wir haben es ausprobiert und ich hatte extra Stücke dafür geschrieben, weil ich nicht Stücke der Susan Weinert Band zu zweit spielen wollten“.
Das Publikum war begeistert und die beiden Weinerts auch.

Der Albumname Synergy ist Programm. Martin Weinert erläutert: „Die Definition, dass sich Stoffe und Lebewesen in ihrer Wirkung potenzieren, fanden wir eigentlich schön. Wir hoffen auf die Potenzierung in der Gemeinsamkeit, wenn wir zusammen spielen. Inzwischen ist es nicht mehr nur ein CD-Name, sondern auch ein Bandname, da viele Leute nicht fragen, wann wir das nächste Mal im Duo, sondern wann wir das nächste Mal mit „Synergy“ spielen.“

Das Ehepaar ergänzt sich im 10-Saiten-Projekt perfekt

Mal begleitet Martin Weinert nur, mal übernimmt er die Melodierolle am Kontrabass, während sich Susan Weinert dezent im Hintergrund hält. Die beiden verstehen sich musikalisch blind, da sind auch Tempoveränderungen, Verzögerungen und Taktwechsel absolut organisch.

Susan Weinert wurde 1965 in Neunkichen / Saarland geboren. Mit 18 nimmt sie an ihrem ersten Jazzworkshop teil und ist seither von der Musik völlig begeistert. Nachdem sie das Dozentenkonzert mit Richie Beirach und Dave Liebman hört, steht für sie fest, dass sie nur noch Jazz spielen möchte.
Kurz darauf gründet sie die Susan Weinert Band (die seit Ende der 80er Jahre in der festen Besetzung Susan und Martin Weinert, Drummer Hary Fischötter und eventuellen Gästen), 1992 nimmt sie für veraBra Records ihr Debüt „mysterious stories“ auf. 1993 tourt sie als Gastsolistin mit der Superband Steps Ahead. Neben den jährlich ca. 170 Konzerten gibt sie auch regelmäßig Jazzkurse.

Ihr Mann Martin Weinert hat ebenfalls eine wechselvolle musikalische Entwicklung hinter sich. Rockmusik und E-Bass sind der Beginn, doch auf dem ersten Jazzworkshop klingt der E-Bass in der Jazzbesetzung nicht richtig gut. Darum wirde der Kontrabass angepackt. Erst langsam schleicht sich bei der Susan Weinert Band der E-Bass wieder ein.
„Beim Duo kann ich mich wieder richtig mit dem Kontrabass reinfallen lassen. Meine elektrische Seite kann ich in der SWB ausleben.“ Und beide lachen: „Beim Duo gibt es kein Versteckspielen, da ist jeder die ganze Zeit über gefordert.“

Musik nimmt einen großen Teil des Lebens des Ehepaars Weinert ein

„Wir haben uns sehr jung kennengelernt und wir sind zusammen in die Sachen reingewachsen. Wir arbeiten sehr viel gemeinsam. Das hilft auch in Situationen, wenn zum Beispiel der Bürokram überwiegt (die beiden Weinerts buchen selber und fahren die Band auch selber zu Konzerten). Dann tut es unheimlich gut, wenn der eine den anderen am Arm nimmt und sagt jetzt ist erst mal gut, lass‘ uns in den Übungsraum zum Jammen gehen‘. Aber oft gelten die letzten Worte vor dem Einschlafen noch der Musik.“

Alle Songs aus ihrer Feder…

Wie bei fast allen Platten der quirligen Gitarristin sind die Stücke allesamt aus ihrer Feder. „Der Titel ‘Bubu‘ ist nach einem Stofftier entstanden, das Martin als Kind besaß und das er mir unbedingt zeigen wollte. Als er es nicht finden konnte, hat er mir eine Zeichnung gemacht. Das Stück ist auch fröhlich, lebhaft und in Dur. Ganz Bubu eben!
“ Der „Regentag“ ist dagegen ein melancholisches, trauriges Stück, das in der Zeit entstanden ist, als Susans Mutter gestorben ist. Zur gleichen Zeit ist auch Friedensreich Hundertwasser gestorben, den Susan Weinert sehr gerne mag. Deshalb erhielt das Stück den Titel „Regentag“, denn Hundertwassers Schiff, mit dem er die Welt umrundet hatte, hieß auch so.
„The Secret Of The Seven Tables“ ist Thomas Manns Zauberberg entlehnt. „Das sind die sieben Tische im Zauberberg samt allen Geschichten, die dazu entstanden sind. Das Stück ist in verschiedenen ungeraden Taktarten und mindestens ebenso mysteriös wie die Geschichte von Thomas Mann.“
Oft werden die Kompositionen auch lange unter Nummern geführt, oder unter Daten, an denen sie entstanden sind, bevor ein endgültiger Titel gefunden ist.
Pläne gibt es natürlich schon wieder eine Menge.

Die Susan Weinert Band arbeitet an dem neuen Album Secret Code, das 2003 erscheinen wird, und ist auch dabei, die den Fans schon lange versprochene Live-Platte aufzunehmen.

Copyricht: Redaktion Melodiva

susanweinert.com
Autorin: Angela Ballhorn

30.09.2002