Sister Fa

Hip Hop Queen und engagierte Botschafterin

In ihrer Heimat Senegal gilt sie längst als die „Hip Hop-Queen No.1“, 2005 wurde sie mit dem Hip Hop-Award als beste Neuentdeckung gefeiert. Seit der Veröffentlichung ihres Albums „Sarabah: Tales from the Flipside of Paradise“ ist Sister Fa nun auch hierzulande in aller Munde. Mit ihrem Mix aus Hip Hop, Soul, Afropop und Reggae, den sie mit traditionellen Klängen der Kora und afrikanischer Percussion würzt, möchte sie jedoch vor allem eins sein: Sprachrohr.

Denn viele afrikanische Frauen und Mädchen, denen sie in ihren Liedern ihre Stimme leiht, sind wie sie selbst Opfer der in Westafrika verbreiteten Beschneidung (Female Genital Mutilation (FGM)). 2008 ging sie mit Unterstützung des Goethe-Instituts in Dakar auf Aufklärungstour und wird nicht müde gegen diese grausame Praxis zu kämpfen. Für sie ist „der Rap da, um Ungerechtigkeiten zu enthüllen.“ Auch andere Themen, wie die Zwangsverheiratung, das harte Los der Frauen auf dem Land, Aids oder die Sinnlosigkeit des Krieges kommen in ihren Liedern, die sie auf Wolof, Manding und Französisch rappt und singt, vor. Seit einigen Jahren lebt sie mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in Berlin.

Melodiva: Du bist ja in Dakar aufgewachsen. Welche Art Musik hat Dich da umgeben?

Sister Fa: Um mich herum gab es vor allem die Musik Mbalax, die die Nationalmusik des Senegal darstellt. Dies ist eine Mischung aus traditionellen senegalesischen Trommelrhythmen und Popelementen. Weiter hat mich traditionelle Musik umgeben genauso wie unterschiedliche internationale Musikstile. Am wichtigsten war hier natürlich die Rap-Musik aus den USA und Frankreich.

Melodiva: Wann und wie hast Du selbst für Dich entdeckt, dass Du Musik machen möchtest? Hattest Du ein Instrument oder technisches Equipment?

Sister Fa: Seit meiner Kindheit haben die Leute in meinem Umfeld gemerkt, dass ich gerne singe. Diese Liebe zum Singen hat sich dann immer weiter entwickelt, bis ich dann meine ersten Demotapes aufgenommen habe und meine Passion zur Profession wurde. Instrumente oder technisches Equipment hatte ich leider keines. Erst 2005 habe ich mir meine erste Gitarre gekauft und versucht sie ein wenig zu erlernen.

Melodiva: Gab es weibliche Vorbilder bzw. musizierende weibliche Verwandte und Freundinnen?

Sister Fa: Weder in meiner Familie noch in meinem Freundeskreis gab es Frauen, die Musik gemacht haben. Ich hatte aber sehr wohl weibliche Vorbilder in der internationalen Musikszene wie z.B. Missy Elliot, Lady Lesly u.a.

Melodiva: Hattest Du Kontakte zur Hip Hop-Szene in Dakar? War es einfach, als weibliche Künstlerin anerkannt zu werden?

Sister Fa: Die Hip Hop-Szene in Dakar ist nicht so groß und man lernt die Leute schnell kennen. Ich hatte also viele Kontakte zur Szene. Wenn du dann bei ein paar Konzerten auftrittst oder einen Song im Radio hast, wirst du in der Hip Hop-Bewegung recht schnell bekannt. Wirklich anerkannt zu werden, war aber nicht so einfach, da die Szene natürlich extrem von den Männern dominiert ist und diese auch glauben, dass nur sie in der Lage seien, diese Art von Musik richtig zu machen. Aber ich habe mich bewiesen und so auch die Anerkennung der Szene wie der Fans bekommen.

Melodiva: Hast Du in der Musik von Anfang an nach einer Ausdrucks- und Protestmöglichkeit gesucht, um Missstände anzuprangern oder kam das erst nach und nach?

Sister Fa: Ich habe von Anfang an in der Musik eine Ausdrucksmöglichkeit gesucht, um auf Dinge aufmerksam zu machen, die nicht in Ordnung sind. Dies war auch der Hauptgrund, warum ich mich für die Rap-Musik als Ausdrucksmittel entschieden habe, da sie meiner Meinung nach ein ideales Mittel ist um Missstände anzuprangern.

Sister Fa Senegal-Tour 2008, Pressekonferenz

Melodiva: Du hast im letzten Jahr die Aufklärungs-Kampagne „Education sans mutilation“ durch Senegal gemacht, die Du, glaube ich, selbst organisiert hast; wie bist Du vor Ort aufgetreten und wen hast Du angesprochen? Wie haben die Menschen reagiert?

Sister Fa: Ich bin ein Opfer dieser Praxis, das entschieden hat, gegen diese etwas zu unternehmen, weil ich weiß was sie anrichten kann. Ich befinde mich also in einer Position, aus der heraus ich der Bevölkerung entgegentreten kann und ihr einen anderen Weg als den der Beschneidung vorschlagen kann. Ich wollte vor allem die junge Bevölkerung erreichen, weil sie in der Zukunft die Entscheidungen treffen wird. Dies habe ich durch meine Musik, Filmvorführungen und Workshops versucht umzusetzen. Es ist immer schwierig, die Menschen von etwas abzubringen, dass sie seit Jahrhunderten praktizieren, aber ich denke, mit der Unterstützung anderer Künstler und Organisationen ist es möglich etwas zu bewegen. Grundsätzlich begegnen die Leute einem aber sehr oft mit einem gewissen Argwohn, weil sie unsicher sind, was sie nun für richtig befinden sollen. Trotz der engagierten Arbeit von Tostan (die NGO, mit der sie im Senegal zusammenarbeitet; Anm. der Red.) bleibt also immer noch sehr viel zu tun.

Melodiva: Hast Du erlebt, dass Dir Deine Musik dort Türen geöffnet hat?

Sister Fa: Auf jeden Fall. Ich habe viele Menschen in meiner Karriere kennen gelernt, die ich sonst nie getroffen hätte, die mir verschiedene Dinge ermöglicht haben. Ich durfte an Diskussionsrunden teilnehmen und auch bei der Realisierung meines Projekts hat mir meine Bekanntheit sicher geholfen. Was aber noch viel wichtiger ist: durch meine Musik habe ich meinen Mann kennen gelernt, mit dem ich mittlerweile meine kleine Familie in Berlin gegründet habe.

Sister Fa Senegal-Tour 2008, Konzert

Melodiva: Viele Dörfer im Senegal haben inzwischen erklärt, dass sie die Beschneidung abgeschafft haben. Wovon hängt das Deiner Meinung nach ab?

Sister Fa: Zuerst würde ich sagen, dass vielleicht 60% der Dörfer, die das von sich behaupten, auch einhalten. Ein wesentlicher Faktor ist aber, dass das ganze Dorf hinter dieser Entscheidung steht, denn nur dann gibt es keine soziale Marginalisierung mehr. Wichtig ist auch immer, dass man ihnen Hilfe anbietet zur Entwicklung von Projekten für die Frauen oder allgemein für das Dorf.

Melodiva: Wie hat Deine Familie im Senegal auf Dein Engagement reagiert?

Sister Fa: Mein Vater, der ein Lehrer ist, hat mein Engagement mit großer Freude und Stolz aufgenommen, aber was meine Tanten und andere Nachbarinnen in meinem Dorf betrifft, so werde ich mehr wissen, wenn ich hoffentlich mein Projekt im Jahr 2010 erneut durchführen und dann auch in mein Dorf fahren werde.

Melodiva: Du lebst seit einigen Jahren in Berlin, hast dort eine eigene Familie gegründet und wie Du sagst, viele Freunde gefunden. Was gefällt Dir an dem Leben in Deutschland?

Sister Fa: Deutschland hat es mir erlaubt, mein Wissen über Musik und das Machen von Musik zu erweitern. Es hat mir also in meiner musikalischen Entwicklung enorm geholfen. Mir gefällt meine Wahlheimat Berlin mit ihrem internationalen Flair, wo ich mich nicht so fremd fühle und wo es so viele Möglichkeiten gibt etwas zu realisieren.

Melodiva: Was sind Deine Pläne und Wünsche für die Zukunft?

Sister Fa: Ich möchte mich mit meiner Musik weiterentwickeln, ein stabiles Familienleben führen und ich wünsche mir viel Kraft und Partner um mein Engagement gegen Frauenbeschneidung fortführen zu können.

Melodiva: Liebe Sister Fa, vielen Dank für dieses Interview.

Aktuelle CD:
„Sarabah: Tales from the Flipside of Paradise“ (2009)
Label: Piranha

www.sisterfa.com und www.myspace.com/sisterfa

Copyright: Redaktion MELODIVA

Autorin: Mane Stelzer

11.08.2009