Selima Taibi & ihr Debütalbum „Polaroids“
Interview mit einer jungen Künstlerin
Polaroids“ ist der Titel Deines Debütalbums, hast Du alle Songs selbst geschrieben?
Ja, die Songs stammen alle von mir. Viele sind in Zusammenarbeit mit den Inhabern meines Indie Labels entstanden. Es hat mir immer viel Spaß gemacht, mich mit ihnen auszutauschen und dadurch neue Blickwinkel auf meine eigenen Ideen zu bekommen. Die Texte schreibe aber nur ich.
Seit wann schreibst Du an diesen Songs? Und wann hast Du überhaupt mit dem Songwriting begonnen?
Das erste Lied für Polaroids habe ich im Juli 2012 geschrieben, ich komponiere aber schon seit ich ca. 7 bin.
Einfach ans Klavier gesetzt, los gespielt und danach mit Hilfe meiner Mutter, die Musik studiert hat, aufgeschrieben. Die Noten dazu habe ich immer noch!
Polaroids sind ja Bilder, die sofort aus der Kamera kommen, Schnappschüsse. Gibt es in dieser Hinsicht einen Bezug zu den Songs? Wovon handeln Deine Lieder?
Jeder Song handelt von einer Situation meines Lebens. Ich erzähle weniger, als dass ich beschreibe, wie ich mich in einem Moment gefühlt habe. Während ich in meinen Liedern diese Momentaufnahme weiter entwickele, bleibt ein Polaroidfoto unbearbeitet. Der Ursprung jedes meiner Lieder steckt jedoch in einer Emotion, die man so ungeschliffen zu hören bekommen wird, wie eine Polaroidkamera eben einen Moment einfängt.
Kannst Du sagen, woher Deine Inspiration zum Musikmachen kommt?
Puh, das ist eine schwierige Frage. Wo meine Inspiration zum Musik machen an sich herkommt, kann ich nicht wirklich sagen, ich habe schon vor mich hin gesungen, bevor ich sprechen gelernt habe. Seitdem singe ich jeden Tag, weil es sich gut anfühlt und ich Musik einfach liebe. Die Inspiration zum Komponieren finde ich im täglichen Leben, wie eigentlich jede Songwriterin. Wenn mich etwas beschäftigt, hilft es, das Gefühl in einem Lied zu verarbeiten.
Wie kamst Du auf die Idee, ein Album aufzunehmen?
Der Wunsch war schon lange da, aber wie stellt man so was an? Durch Zufall, den Gitarrenlehrer eines Freundes und meine YouTube Videos hat sich der Kontakt zu Brilliant Vibes Records hergestellt, dem Independent Label, das mir eine Zusammenarbeit angeboten hat.
Im Studio spielst Du jetzt mit einer Band zusammen. Hast Du schon früher in Bands gespielt oder ist das eine neue Erfahrung für Dich? Wie hast Du die Musiker gefunden?
Das war eine Premiere für mich! Und was für eine, ich bin wunschlos glücklich mit meiner ersten Band! Sie sind extrem gute Musiker und wir verstehen uns super. Timi (Bassist) und Max (Drummer) haben schon letztes Jahr in meinen Covervideos auf YouTube mitgespielt… meine Produzenten kannten sie, ich weiß selbst nicht woher. Ich habe sie dann sofort gefragt, ob sie auch Lust auf ein Album und eine Tour hätten und zum Glück haben sie ja gesagt. Julian (Gitarre) und Malte (Keyboard/Flügel) haben wir gefunden, in dem wir Dozenten von Jazz und Pop Unis angeschrieben haben. Nach einem Probejam war auch da schnell klar, dass es passt. Rafa, meine talentierte Backgroundsängerin ist eine liebe Freundin und meine Mitbewohnerin. In den Bandproben musste ich erst lernen, gutes Feedback zu geben, die Jungs haben mir aber gut über meine Startschwierigkeiten hinweg geholfen und ich habe viel Freude am gemeinsamen Musizieren.
Dein Album wird bei einem unabhängigen Label produziert. Warum ist Dir das so wichtig?
Wenn man einen Vertrag mit einem Major Label hat, geht die Musik, wenn sie überhaupt von einem selbst kommt, durch tausend Hände, bevor sie bei den Fans landet. Ich möchte voll hinter meinem Album stehen können, wenn es erscheint, und das könnte ich wahrscheinlich nicht, wenn ein großes Unternehmen, das kommerziell denkt, alle Entscheidungen für mich trifft. Brilliant Vibes besteht aus nur zwei Personen, die dadurch natürlich mehr arbeiten müssen und auch ich übernehme viele Aufgaben, die auch mal nerven können. Für die Entscheidungsfreiheit nehme ich das aber sehr gerne in Kauf! Ich bin dankbar, ein Team zu haben, das mit mir an einem Strang zieht. Unsere enge Zusammenarbeit ist mir super wichtig, denn sie garantiert die Authentizität meiner Musik – und die Musik steht bei uns immer im Vordergrund!
Du warst im letzten Jahr bei „The Voice Of Germany.“ Aus welchen Gründen bist Du zu einer Castingshow gegangen? Welche Erfahrungen hast du dort gemacht?
Nachdem ich mein Abi in der Tasche hatte und mein Plan, als Sängerin zu arbeiten, feststand, wusste ich nicht wirklich, wie es weitergehen soll. Was vielen nicht bewusst ist: Große Labels nehmen kein Demomaterial an, wie soll man also auf sich aufmerksam machen? Das hat mich ziemlich frustriert, 200 Absagen wären mir lieber gewesen, als dass niemand mich hört. The Voice sah von allen Shows am Besten aus, also habe ich es einfach mal versucht. Mein Ziel habe ich erreicht, ich wurde gehört und habe rein positives, tolles Feedback bekommen. Dass ich nicht weiter gekommen bin, war da gar nicht so schlimm. Der oder die Siegerin bringt schon 2 Wochen nach der Finalausstrahlung ein Album raus, viel mitzureden haben sie da sicher nicht und zum Komponieren bleibt auch keine Zeit. Das ganze Fernsehdrumherum hat mir nicht gefallen. Das war mir aber schon vorher klar, also darf ich mich darüber nicht beschweren. Ich bin eher dankbar, dass die Erfahrung mir gezeigt hat, dass ich es auf einem persönlichen Weg mit einem Indie Label viel lieber habe.
Wie würdest Du Deine Erfahrungen beschreiben? Würdest Du jungen SängerInnen empfehlen, sich dort zu bewerben und dort mitzumachen?
Meine Erfahrungen waren sehr gemischt. Ich habe viele musikverrückte, tolle Menschen getroffen und es war eine aufregende Zeit. Ich habe aber auch die Schattenseiten einer solchen Show kennengelernt, Genaueres erspare ich euch lieber. Eine Empfehlung kann ich nur denjenigen aussprechen, die sich darüber im Klaren sind, dass es bei einer Fernsehsendung nie vordergründig um die Musik geht. Auch wenn bei The Voice größeren Wert auf die Wünsche der Künstler gelegt wird als z.B. bei „Deutschland sucht den Superstar“, geht es hauptsächlich um Quoten. Das haben mir vorher viele gesagt, ich wollte es trotzdem selbst erleben. Gerade weil es nicht viele andere Möglichkeiten gibt und ich es nicht bereut habe, würde ich also nicht davon abraten es zu probieren. Es kann eine bereichernde Erfahrung sein und zu großem Bekanntheitsgrad verhelfen. Hunderte Zuschauer haben sich mit persönlichen, Mut machenden Worten bei mir gemeldet, dabei war ich nur einmal zu sehen! Ich ziehe den Weg, den ich jetzt eingeschlagen habe, aber auf jeden Fall vor und wünsche auch anderen jungen KünstlerInnen den Mut zu finden, einen unabhängigen Weg zu gehen.
Du bist erst 19 Jahre alt, ab wann war für Dich klar, dass Du die Musik zu Deinem Beruf machen willst? Hattest du Vorbilder?
Da ich schon immer den ganzen Tag singe, lag es nahe, es zu meinem Beruf zu machen. Ich kann mir auch schlichtweg nicht vorstellen, mit irgendetwas anderem als Musik meinen Tag zu füllen! Bevor ich mir aber mit ca. 16 Jahren sicher wurde, dass ich meine eigene Musik veröffentlichen möchte, habe ich lange überlegt, Musical oder Oper zu studieren. Konkrete Vorbilder für meine Musik oder meinen Berufsweg habe ich nicht, ich bewundere aber z.B. Bon Iver und Alt-J sehr für ihre Kompositionen, liebe Festivals und Konzerte und höre viel Musik.
Du warst Schülerin bei der Schauspiel-, Tanz- und Gesangschule „Stagecoach“ in Frankfurt und hast auch schon als junges Mädchen in der Oper gesungen. Haben diese Erfahrungen dazu beigetragen, dass du schon mit 19 Jahren dein erstes Album aufnimmst?
In beiden Fällen habe ich eine sehr gute Ausbildung bekommen, wovon ich oft profitiere. Bei Stagecoach habe ich auch viel über mich selbst und für das Leben an sich gelernt, was mir hilft, mich zu präsentieren und bestimmt dazu beigetragen hat, dass ich so früh genau weiß was ich will. In der Oper habe ich mich außerdem an Solo singen vor großem Publikum gewöhnt.
Um Dein Album zu finanzieren machst Du eine Crowdfunding Aktion, d.h., dass alle, die Dein Projekt unterstützen wollen, einen beliebigen Betrag zahlen können. Von diesem Geld wird dann Deine Platte finanziert. Wie ist die Idee dazu entstanden? Was sind die Schwierigkeiten dabei?
Die Idee hatten wir, als wir uns nach Möglichkeiten umgeguckt haben, das Album zu realisieren. Mir gefällt daran, dass ich nicht um Spenden bitte, sondern schöne „Dankeschöns“ zurück geben kann! Wenn z.B. jetzt jemand das Album über startnext.de/polaroids bestellt, bekommt er oder sie es zugeschickt, nach dem es mit ihrer Hilfe produziert wurde. Das ist einfach ein tolles Konzept! Schwierig ist es, das Projekt bekannt zu machen. Außerdem haben viele Leute Respekt vor dem Zahlungsprozess im Internet, aber man kann zum Glück auch ganz normal überweisen.
Hast Du einen Plan B, falls die anvisierte Summe nicht zusammen kommt?
Nein, es muss einfach klappen!
Wenn Ihr Euer Ziel erreicht, wie geht es dann weiter? Was sind Eure Pläne?
Nachdem „Polaroids“ fertig aufgenommen und abgemischt ist, beginnen die Bandproben für die erste Tour.
Denn wir wollen schon bald nach dem Albumrelease 2014 los! Ein Traum von mir wäre, zusätzlich als Supportact von einer schon bekannteren Band unterwegs zu sein… Schauen wir doch mal, was das neue Jahr noch so an Möglichkeiten für uns bereit hält!
Autorin: Tessa Balser-Schuhmann
12.11.2013