Relax’n’Roll mit Preslisa
Interview mit der Musikerin Stefanie Tauber
Preslisa entführt uns unaufgeregt und minimalistisch von Memphis nach Hawaii und macht aus Rock’n’Roll kurzerhand „Relax’n’Roll“. Wir sprachen mit ihr über ihre Verbindung zu Elvis, gruseligen Fankult und wie sie zur Ukulele kam.
Du hast Elvis Presley nicht erst gestern entdeckt; Deine Magisterarbeit in Amerikanistik hatte Elvis Presley zum Thema und Deine Mama war eine glühende Verehrerin und hat sicherlich viele Elvis-Songs zuhause gehört. Was fasziniert Dich so an ihm? Warum Elvis?
Elvis begleitet mich nun schon fast mein ganzes Leben, mal mehr, mal weniger präsent. Und ich habe mich schon aus den unterschiedlichsten Perspektiven mit ihm befasst. Deswegen ist er wohl aus meinem Leben gar nicht mehr wegzudenken. Als ich bei meiner Magister-Arbeit mit dem Schreiben nicht vorankam, hab ich mitten in der Nacht ganz laut Elvis gehört, woraufhin meine Nachbarin bei mir klingelte: „Reicht’s Dir nicht langsam mal mit Elvis?“ Diese Frage muss ich immer wieder mit „Nein!“ beantworten. Elvis ist und bleibt für mich eines der spannendsten Phänomene der Popkultur. Allein die Masse an Literatur, die es da gibt, ist überwältigend. Abgesehen davon läuft es für mich aber immer wieder darauf hinaus: die Stimme. Ich mag einfach den Sound, die Klangfarben. Und die Art und Weise, wie Elvis seine Stimme eingesetzt hat. Elvis hatte (bis auf einige kleine Macken, die mal mehr, mal weniger zu hören sind) eine so schnörkellose, direkte Art zu singen, hat aus einem Song nie mehr gemacht, als er war und musste nicht (wie die meisten weiblichen Popsängerinnen heutzutage) bei jedem Song seine Bandbreite unter Beweis stellen. Wenn der gut drauf war, war das der pure, unverfälschte Ausdruck, und das mit dieser Stimme – wow! Das kommt immer wieder, wenn ich die entsprechenden Songs höre, direkt bei mir im Solarplexus, im Herzen, im ganzen Körper an und berührt mich, und das bewundere ich.
Die Filme, deren Soundtracks Du interpretierst, tragen so verheißungsvolle deutsche Titel wie „Die wilden Weiber von Tennessee“, „Kurven-Lilly oder „Verschollen im Harem“. Abgesehen davon, dass Du Dir wahrscheinlich alle von vorn bis hinten angesehen hast – wie hast Du das durchgestanden und wie hast Du aus der ungeheuren Fülle von Material die Songs für Deine CD’s ausgewählt?
Ja, die Titel, die der deutsche Verleih diesen E-Movies verpasst hat, sind noch tausendmal schlimmer als die Original-Titel, aber aus heutiger Sicht bringen sie ganz gut auf den Punkt, was diese Filme eigentlich sind: Trash. Aber in den 60ern, in denen 27 der 31 Elvis-Filme entstanden, waren sie ein absolut legitimes Mittel, um die Elvis-Fans 3 bis 4 Mal im Jahr in die Kinos zu locken. Denn Elvis war von 1961 bis 1968 wirklich nur dort zu sehen. Das waren reine Star-Vehikel, dabei aber – vor allem zu Beginn der 60er – absolut Mainstream und familien-tauglich – da hat die amerikanische Presse auf einmal Loblieder auf einen Elvis gesungen, der Gott sei Dank ein anständiger Kerl geworden sei und so was. Als Kind hab ich diese bunten, sonnendurchfluteten Technicolor-Streifen geliebt. Heute kann ich mir das nur noch als Elvisologin, also analytisch angucken. Für mein Repertoire suche ich mir in erster Linie Songs aus, die ich (warum auch immer) gut finde. Wichtig ist mir, Elvis-Songs zu interpretieren, die nicht jeder kennt, kleine Perlen, die es meiner Meinung nach wert sind, sie neu zu präsentieren. Da findet man in den Filmen schon ordentlich Material.
Die Coversongs auf Deiner Platte stammen ja aus den eher zuckersüßen Schnulzfilmen der 60er Jahre, wo Presley als Bademeister oder Rodeo-Cowboy auftritt; mit seiner Rock’n’Roll-Zeit in den 50ern, wo seine hüftwackelnden Live-Auftritte noch zensiert wurden, hatte das nicht mehr viel zu tun. Welche Rolle spielen der Rock’n’Roll und das Rebellische noch in Deiner Musik?
Also, ich mache Relax’n’Roll. Du verstehst, was ich meine, wenn Du Dir meine „Jailhouse Rock“-Version anhörst 😉
Ich war in den 90ern im Geburtshaus von Elvis in Tupelo, Mississippi und hab mir die unzähligen dort ausgestellten „Devotionalien“ und Erinnerungsstücke angeschaut, wie z.B. eine benutzte Kaffeetasse von ihm, die ein Zimmermädchen aus seinem Hotelzimmer sichergestellt hat. Kannst Du diese fast schon Heiligenverehrung für ihn nachvollziehen?
Das nimmt ja teilweise echt gruselige Dimensionen an, neulich habe ich einen Link zu einer Auktion geschickt bekommen, bei der eine angeblich echte Elvis-Unterhose mit Original-Pupsstreifen und Urinspuren versteigert wurde, schön in einen Goldrahmen mit Elvis-Bild daneben gepackt. Das finde ich höchst kurios. Und wahnsinnig. Aber eben auch wieder sehr faszinierend. Das ging ja schon zu seinen Lebzeiten mit dem Verteilen von verschwitzten Halstüchern am Bühnenrand los. Davon, den Menschen Elvis Presley, also die Person, als unfehlbaren Gut- und Über-Menschen zu vergöttern, halte ich absolut nichts. Ich muss als Fan auch nicht seine Schuhgröße kennen. Dass er aber großes Talent, ein außergewöhnliches Leben und eine außergewöhnliche Karriere hatte, das steht außer Frage. Ich glaube zwar nicht, dass ich in Ohnmacht fallen würde, wenn ich mal nach Graceland käme. Aber auf jeden Fall will ich da mal hin. Und es könnte gut sein, dass ich doch ein wenig ergriffen wäre…
Jetzt aber mal zu Deinem Werdegang. Welche Musik hast Du als Kind und Jugendliche gehört?
Tatsächlich war die erste LP, die ich mir mit 9 Jahren selbst ausgesucht und gekauft habe, eine Elvis-Platte, interessanterweise ausschließlich mit Filmsongs. Da hatte ich natürlich noch nicht die leiseste Ahnung, dass das fast 20 Jahre später mal mein absolutes Spezialgebiet werden sollte. Als Teenie hab ich ganz grauenhaftes Zeug gehört – BROS zum Beispiel, da war ich sogar im Fanclub, uffz. Dann kam der „Hard Rock“ mit Mr. Big, danach eine kurze Zeit die Toten Hosen und die Ärzte und Frohlix, mit 16 war ich das erste Mal in den USA, ab da waren Pearl Jam, Stone Temple Pilots, Soundgarden meine liebsten Bands. Anfang 20 war ich dann eher Indie-mäßig unterwegs – Breeders, Lemonheads, Weezer, Eels – und hab meinen musikalischen Horizont seitdem gehörig verfeinert 😉
Wurde in Eurer Familie Musik gemacht und hast Du als Kind ein Instrument gelernt?
Meine Familie an sich ist nicht besonders musikalisch unterwegs. Als Kind hab ich Blockflöte, später Querflöte gespielt. Meine Brüder hatten beide zu Schulzeiten Bands mit den illustren Namen „Papst hört Punk“ und „Recycled Teenagers“. Und, verzeiht liebe Brüder, Gott sei Dank machen beide mittlerweile was anderes als Musik 😉
Du warst zuerst auf einer Schauspielschule, hast die Ausbildung dann aber abgebrochen?
Zuerst war ich an der Uni und habe parallel zu meinem letzten Studienjahr mit der Vollausbildung am Europäischen Theaterinstitut in Berlin angefangen. Nach bestandener Magisterprüfung hab ich noch ein Jahr auf der Schauspielschule verbracht, und war plötzlich an einem Punkt, an dem ich merkte, dass ich genug hatte vom Lernen und von Lehrinstituten. Außerdem war das ETI zu diesem Zeitpunkt eine riesige Baustelle, wir hatten ständig Unterrichtsausfall und alle anderen fanden es irgendwie schick, zu sagen: „Jetzt bestreiken wir die Schule“. Das fand ich öde, kannte ich ja auch schon zur Genüge von der Uni. Also hab ich mir gedacht, dass ich für die wichtigsten Grundlagen des Schauspielberufs genug gerüstet bin. Ich wollte raus, ich wollte richtige, echte Theatererfahrungen sammeln. Also hab ich nach 2 von 3 Ausbildungsjahren gesagt, ich will spielen, anstatt mich weiter durch die Schule zu quälen. Tatsächlich hatte ich 3 Monate später mein erstes Theaterengagement in Marburg.
Hast Du dem Schauspiel – abgesehen von Deinen Performances als Preslisa 😉 – ganz abgeschworen?
Nein, auf keinen Fall. Ich habe aber Multiple Sklerose, und momentan bin ich – nach ein paar Schüben in den letzten Jahren – körperlich für die echt harte (und je nach Engagement und Regisseur durchaus ausbeuterische) Theaterarbeit zu eingeschränkt. Da kann ich wirklich nur noch ganz gezielt mit Regisseuren und Kollegen zusammenarbeiten, die über meine Erkrankung Bescheid wissen. Zuletzt habe ich 2011 bei einem ganz tollen Projekt in Marburg mitgespielt. Letztes Jahr habe ich dann aber beschlossen, mich erst mal voll und ganz auf die Musik zu konzentrieren. Weil die Musik mir doch ein Stückchen mehr am Herzen liegt, als das Schauspiel, und auch weil ich da meine eigene Chefin sein und mir meine Zeit und Kräfte wirklich nach Gesundheitslage einteilen kann. Ich entscheide, wann ich wo, wie und mit wem welches Material aufnehme, welche Konzertanfragen ich annehme. Das erfüllt mich, therapiert mich ein bisschen, entspannt mich und findet seinen Weg zurück in meine Musik, die hoffentlich so entspannt rüberkommt, wie sie gemeint ist. Irgendwann mal wieder in einem Theaterstück auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen, schließe ich aber auf keinen Fall aus.
Wie kam es, dass Du Dir eine Ukulele zugelegt hast?
Das war eine ziemliche Spontan-Aktion, kurz bevor ich die Schauspielschule verlassen hab. Da habe ich mit meinem damaligen Mitbewohner und Schauspielschulkollegen den Ballett-Unterricht geschwänzt, wir sind stattdessen in ein Musik-Geschäft am Prenzlauer Berg gefahren und haben eingekauft. Ich wollte ein Instrument, auf dem ich mich minimalistisch beim Singen begleiten kann, und seitdem ist die Ukulele mein Instrument erster Wahl.
Hast Du schon vor Deinem Solo-Programm als Preslisa Musik gemacht?
Nein, ich hab zwar mit einem kleinen digitalen Vierspur-Aufnahmegerät zu Hause für mich rumexperimentiert, aber das war noch nicht wirklich Musik und war absolut nicht für andere Ohren gedacht.
Du bist ja jetzt von Berlin nach Frankfurt gezogen. Wo lebt es sich leichter als Musikerin?
Puh… Also, Berlin quillt über vor Musikern. Auch Schauspielern und Kreativen überhaupt. Ich hab in Berlin viele nette und spannende Musiker kennengelernt. Und auf jeden Fall findest Du an allen Ecken und Enden Auftrittsmöglichkeiten. Ständig poppen da neue Kneipen und Cafés aus dem Boden, die unbedingt auch Live-Musik machen wollen. Das kann alles eine Zeitlang ganz erfrischend sein, aber auf die Dauer finde ich das eher ermüdend. Ob nun als Musikerin oder nicht, für mich persönlich ist Frankfurt der entspanntere Wohnort. Ich mag die Leute hier, ich mag die Atmosphäre der Stadt (besonders Bornheim), alles ist irgendwie verbindlicher und vertrauter. 10 Jahre Berlin haben mir gereicht, und ich freue mich, in Frankfurt zu leben.
Was sind Deine weiteren Pläne? Es wären ja noch einige Songs aus dem reichen Soundtrack-Schatz übrig…
Oh ja, bei dem enormen Output von Elvis, wäre es kein Problem, noch ein paar Preslisa-Alben zusammenzukriegen. Aber ich hab ja schon vor längerer Zeit angefangen, eigene Songs zu schreiben. Preslisa wird deshalb dieses Jahr eine kleine Ruhepause gegönnt, und dann kommt TAIKA mal zum Zug. Taika ist finnisch und heißt Zauber, Magie – im Ostfriesischen bedeutet es so viel wie „kleine Kriegerin“ – das ist also der Projektname für mich und meine eigenen Songs. Bin schon dabei, aufzunehmen. Da schlage ich – wie auch bei Preslisa – ruhige Töne an, aber das wird doch etwas anders als Preslisa sein. Ich hoffe, dass ich noch dieses Jahr eine Website und vielleicht sogar eine CD fertig haben werde…
Jetzt schon mal vormerken: Preslisa beim MELODIVA.de Club Concert am 23.05.13 im BETT Club, Frankfurt!
Aktuelle CD: „Back in Bornheim“ (VÖ: 01.02.2013)
Label: Suppenkazper
Autorin: Mane Stelzer
30.01.2013