Picknick im Grünen mit Jacky Bastek
MELODITA-Interview mit der jungen Fingerstyle-Artistin
Bist Du schon aufgeregt?
Nee, es geht eigentlich.
Wie lange machst Du schon Musik?
Also, Gitarre spiel ich erst seit 2010, also seit 5 Jahren, aber ich spiele schon seit ich 6 bin Geige.
Also schon sehr lange. Und wo hast Du das Gitarrespielen gelernt?
Ich hab bei `ner Freundin eine Gitarre gesehen und wollte eigentlich schon immer Gitarre spielen. Dann hab ich`s mir erstmal ein bisschen selbst beigebracht, hab mir `ne Gitarre gekauft, hatte ein Jahr lang Gitarrenunterricht und bin dann zu dem Entschluss gekommen, dass es mir leider nicht so viel bringt. Irgendwann hab ich angefangen, mir den ganzen Technikkram selbst beizubringen, weil man hier in der Gegend auch gar keinen Lehrer dafür findet. Und dann war ich noch bei Workshops und so.
Und hattest Du Gesangsunterricht?
Nee, Gesangsunterricht hatte ich noch nie.
Wieviel Zeit bringst Du so im Schnitt für das Üben auf?
Das ist unterschiedlich. Es ist wirklich abhängig davon, wieviel Zeit ich habe. Ich würde mehr Zeit damit verbringen, Gitarre zu spielen. Ich hab in dem letzten Jahr ziemlich wenig machen können, weil ich erstmal Abitur hatte, im letzten Jahr nonstop Abiturstress, und davor hatte ich sechs Monate lang Probleme mit meinen Händen und konnte nicht wirklich spielen. Als ich angefangen hab Gitarre zu spielen, hab ich so ungefähr zehn Stunden am Tag Gitarre gespielt! Also es ist nicht sehr ausgewogen.
Wer hat Dich musikalisch geprägt? Deine Familie?
Also meine Mutter ist nicht sehr musikalisch, ich hab generell nicht so viele musikalische Verwandte, aber mein Vater hat Gitarre gespielt und ich hab ihn irgendwann mal Gitarre spielen sehen und dachte „Ich muss auch Gitarre spielen!“. Ich wollte ja Gitarre spielen, aber dann hat mir meine Mutti stattdessen eine Geige in die Hand gedrückt (lacht).
Und woher nimmst Du Deine Inspirationen für die Texte und Melodien?
Das ist immer unterschiedlich. Ich hab zum Beispiel ein Lied, das heißt „Wonderwoman“, das werde ich auch nachher spielen, das war eigentlich von einem Kumpel von mir inspiriert und es handelt von seiner Story. Oder zum Beispiel geht ein anderes Stück – „No Exit“, was es auch auf Youtube gibt – um ein Theaterstück von Jean Paul Sartre. Ein anderes Stück, „Idle Of Hills“, ist ein instrumentales Stück. Generell sind meine instrumentalen Stücke viel persönlicher, da geht`s eigentlich eher darum, wie`s mir grad geht. Da fang ich an Gitarre zu spielen, und dann merk ich „Wow! In diesem Stück befindet sich gerade genau das, was ich denke!“
Was kommt Dir zuerst in den Sinn, die Musik oder der Text?
Also wenn ich anfange zu schreiben, auf jeden Fall erstmal die Musik. Meist hab ich die Gitarre in der Hand, fange an irgendwas zu spielen, hab zum Beispiel grad ein neues Tuning, was ich ausprobieren möchte oder irgendeine neue Technik, und fang dann an, irgendein Riff zu spielen, und dann hör ich den Rest von der Melodie in meinem Kopf und dann fang ich an, die Melodie zu schreiben. Texte schreiben find ich generell persönlich auch schwieriger als Melodien.
Kann ich da mal einhaken, was ist ein „Tuning“, kannst Du uns das mal erklären?
Ach so, ja. Also die meisten Gitarristen spielen ja mit einem Standard-Tuning. Das Problem ist, dass es eigentlich nur so ein Kompromiss ist. Man kann ja noch viel mehr machen, man könnte viel tiefer spielen. Generell wenn man in so einem „open tuning“ ist, hat man einfach viel coolere Akkorde, die man dann leichter greifen kann und die haben meiner Meinung nach öfters mehr Tiefe. (demonstriert das auf der Gitarre) Das ist total geil! Und dann kommt man halt manchmal auf die Idee, ich tune jetzt mal zwei ganze Töne tiefer oder irgendein Freund sagt einem „probier mal das Tuning aus, das ist total geil!“, das hatte ich z.B. gestern, und dann ist man direkt wieder neu inspiriert, weil das eine ganz neue Welt ist. Weil man halt nicht weiß, wo man jetzt genau ist, und man einen Akkord spielt, der auf einmal ganz anders klingt. Es könnte z.B. sein, dass Du das Riff von einem Lied in irgendeinem anderen Tuning auf der Gitarre spielst, und es auf einmal viel cooler klingt!
Bist Du bewusst Solokünstlerin oder könntest Du Dir auch vorstellen mal `ne Band zu gründen?
Ich spiel auch in `ner Band grade. Also ursprünglich hat das alles so angefangen, dass ich immer `ne Band haben wollte, ich wollte auch eigentlich E-Gitarre spielen; so als 15jähriges Mädchen hat man jedoch Schwierigkeiten damit, `ne Band zu finden, weil alle Kerle ja irgendwie lieber `ne coole Metalband haben wollen – wo ich auch nix dagegen hätte. Und dann hab ich halt angefangen Akkorde zu spielen und dazu zu singen und weil mir das so ein bisschen zu langweilig war, hab ich angefangen, dieses ganze perkussive Zeugs zu machen. Außerdem spiel ich im Moment Kontrabass in einer Band, das ist aber eigentlich eher so ein „Just for fun“-Ding, und ich würd auch total gern in anderen Projekten spielen. Ich hab auch ein Duo mit einer Freundin, die leider in Neuseeland wohnt, aber wenn sie da ist oder wenn ich dort bin, dann machen wir ziemlich viel Musik zusammen. Ich jamme auch total gern mit Freunden. Ich hab ja auch ziemlich viel Geige im Orchester gespielt, das sind halt komplett verschiedene Welten.
Warum schreibst Du Lyrics in Englisch und nicht in Deutsch?
Das hat eigentlich so angefangen, dass ich seit ich jünger war, so ein ziemlicher Fan von der englischen Sprache war. Ich singe einfach nicht gern auf Deutsch, muss ich ganz ehrlich sagen. Es klingt irgendwie komisch für mich.
Und welche Erfahrungen hast Du damit gemacht, wie kommen Deine Lieder auf Englisch an?
Naja, Du hast die Möglichkeit, dass die Leute aus anderen Ländern noch Deine Musik verstehen. Das ist natürlich sehr schön, wenn man auch in anderen Ländern spielen möchte. Aber sonst… wenn ich hier irgendwo ein Konzert spiele, verstehen zwar nicht alle Leute den Text, aber es ist ja auch oft so, dass die Menschen hier in Deutschland nicht genau auf Texte im Radio hören und darauf achten. Vielleicht denken viele dann einfach mehr über die Musik nach, das ist ja auch schön – wenn man sich dann eher auf die Musik konzentriert und nicht auf den Text. Hat ja auch was Gutes. Was mich teilweise an Radiomusik stört, ist, dass die Texte so unglaublich banal sind. Sowas geht mir ziemlich auf die Nerven.
Warum hast Du bei der Lowden young guitarist Competition mitgemacht?
Ganz einfach, weil ich ziemlich viele Freunde in der Fingerstyle-Szene habe, und weil ich gesehen habe, dass mein Gitarrenidol in der Jury sitzt. Da dacht ich direkt „Oh mein Gott, ich muss mitmachen!“ Und dann hab ich ein Lied dafür geschrieben und war auch auf dem Workshop und alle möglichen Leute, die ich dort neu kennengelernt hab, sagten zu mir: „schick doch was hin, wir schicken auch alle was hin!“ Ich glaub, fünf oder sechs Freunde von mir haben auch mitgemacht und wir haben einfach alle mal was hingeschickt. Man konnte ja nichts verlieren. Und so `ne Lowden Gitarre ist auch was Feines, hätte ich auch gerne gehabt (lacht).
Wer ist Dein Gitarrenidol?
Jon Gomm. Ich weiß nicht, ob Ihr den kennt. Das ist ein Singer-/Songwriter bzw. Fingerstyle-Gitarrist aus Leads in England. Ziemlich gut.
Hast Du auch weibliche Vorbilder?
Weibliche Vorbilder… (überlegt). Ich bin eigentlich ein ziemlich großer Fan von Laura Marling. Leider gibt es nicht so viele Gitarristinnen, außer Leute in meinem Alter, die ich sehr gut finde, also Freundinnen von mir, denen ich sage „Oah, Ihr seid so gut!“, um dann so ein bisschen Mädchenpower zu verbreiten. Da ich auch Geige spiele, bin ich ein ziemlich großer Fan von Hillary Hahn, die Geigerin finde ich ziemlich toll, die hab ich auch mal live gesehen.
Kennst Du auch Kaki King, die macht ja auch so ein Tapping…
Ja. Das Lustige ist, dass ich Kaki King erst seit letztem Sommer kenne, weil ein Kumpel von mir meinte, dass ihn meine Musik an sie erinnert. Und ich dann dachte ich so „Hä? Ich kenn sie gar nicht“. Dann hat er sie mir gezeigt. Das ist eigentlich ziemlich oft so, dass Leute sagen „Ja, hör dir mal das an! Das erinnert mich an Dich“. Und ich guck’s mir so an und denke „what?“.
Naja, das ist ja sehr speziell, was Du machst, schon sehr ungewöhnlich. Und wenn man dann mal jemanden gehört hat, der ein ganz bisschen so ähnlich ist, ist man versucht, da gleich einen Vergleich zu ziehen…
Ja. Ich hör auch eigentlich nach jedem Auftritt „Oah, kennst Du Andy McKee? Kennst Du „Drifting?“, weil das dieser Klassiker ist, den jeder kennt. Und irgendwie versucht dann jeder zu meinen, „oah, Du bist bestimmt von dem beeinflusst!“, aber eigentlich… ist das gar nicht so (lacht).
Du bist eher selfmade…
Also ich mein, es gibt ja schon Gitarristen, die einen Einfluss gehabt haben. Ich hab ja auch Gitarrenunterricht von Mike Dawes gehabt, das ist eigentlich einer meiner Lieblingsgitarristen, und dann gibt es den Einfluss von Jon Gomm und Thomas Leeb, Gitarristen, die halt auch alle so… (tappt auf der Gitarre) ein Zeug machen.
Und in welcher Stadt oder in welchem Land würdest Du gern mal spielen?
Also ich hab jetzt im Sommer meine erste Englandtour, das wird ziemlich geil. Und im Januar, Februar will ich auf jeden Fall nach Neuseeland, weil meine Duettpartnerin da wohnt. Aber eigentlich ist so mein Hauptziel, wo ich unglaublich gern spielen würde, Japan, weil mein Lieblingskomponist aus Japan kommt.
Und wer ist Dein Lieblingskomponist?
Joe Hisaichi.
Ach, den kenn ich!
Genau, der macht die Soundtracks für die ganzen Ghibli- Studio-Filme. Der Typ ist halt einfach so geil und ich kenn seine Musik schon, seitdem ich acht bin oder so.
Und von dem, was Du bis jetzt verdienst – kannst Du davon leben oder hast Du noch `nen anderen Job?
Ich hab ja grad erst mein Abitur gemacht und ich muss mir zum Glück noch nicht meine eigene Miete bezahlen, ich wohne noch zuhause. Aber sagen wir`s mal so, im Moment spar ich mein Geld, dass ich mir damit meinen Neuseeland-Trip bezahlen kann und plan mir das eigentlich so ein, dass ich, wenn ich z.B. in England auf Tour bin, mir damit meinen England-Aufenthalt finanziere, also immer von A nach B komme. Da ich ja noch kein Album habe, kann ich keine CD`s verkaufen und hab deswegen da nicht noch `ne Geldquelle, sondern nur die Auftritte.
Und wenn jetzt alles ganz perfekt ablaufen würde, wie sähe Deine Zukunft aus?
Dann würde ich auf jeden Fall dieses Jahr erstmal mein Album rausbringen, dann nach Neuseeland gehen, ein Album mit meiner besten Freundin aufnehmen, das rausbringen, und hoffentlich mit ihr touren. Aber eigentlich würd ich am liebsten Komposition studieren und dann Filmmusik machen, das fände ich ziemlich geil.
Hast Du das konkret vor?
Ich werde auf jeden Fall versuchen, auf irgendeine Uni zu kommen, aber ich muss halt mal schauen, wie das mit den Hochschulen ist. In Deutschland ist das ja ein bisschen kritisch, da angenommen zu werden.
Das weiß ich nicht, Du bringst ja schon viel mit!
Ja, aber es ist schon schwierig.
Aber Du erwägst es.
Ja, auf jeden Fall, das ist eigentlich mein Plan. Ich will jetzt nicht nur auf der Gitarre festsitzen, weil ich ja auch andere Instrumente spiele. Ich mache es auf jeden Fall weiter, es ist auf jeden Fall so ein Projekt, was ich auch für mich mache, aber am liebsten würde ich eigentlich noch ein bisschen weitergehen. Es gibt ja noch viel mehr als nur auf der Gitarre zu spielen, z.B. für ein Orchester zu komponieren. Das ist das Größte, was man meiner Meinung nach machen kann.
Hast Du denn für Bass und Geige auch schon was geschrieben? Oder improvisierst Du da?
Kontrabass spiel ich noch gar nicht so lang. (lacht) Ich schreib demnächst ein Lied für die Gitarre und Geige zusammen und will auch, dass es auf mein Album kommt. Ich hab mir jetzt eine Loopingstation gekauft, damit ich alles gleichzeitig machen kann. Ich hab auch schon was für fünf Instrumente geschrieben und mehrere Sachen für Ensembles… das Problem ist nur, dass man nicht alles gleichzeitig spielen kann und dann muss ich alles aufnehmen, ich hasse aufnehmen!
Ok. Oder Du bräuchtest Leute, die das live spielen.
Genau. Aber es ist halt auch schwer zu sagen „Du spielst jetzt Kontrabass! Du spielst Guzheng und Du Geige!“ Also ich mein, es ist schon schwer genug, einen guten Geiger zu finden.
Kannst Du uns mal erklären, wie Deine Gitarre aufgebaut ist?
Ok. Also, es ist eigentlich eine ganz normale Gitarre, es ist `ne Taylor 320 Vollmahagoni. Saiten hab ich einen 13er Satz drauf, von Ernie Balls. Und wir haben jetzt hier, um mal mit den Mechaniken anzufangen, es ist eigentlich nichts sooo Besonderes, da ist nur ein Bender dran, ich hab eigentlich zwei, aber da ich mir demnächst neue Mechaniken kaufe, und was ausprobieren wollte, hab ich die eine jetzt mal weggemacht. Das ist eben dafür da, dass man schneller umstimmen kann bzw. auch während man spielt… (demonstriert, wie sich der Ton verändert). Sonst ist eigentlich nicht so viel Besonderes dran, ich hab hier noch so ein Scratch-Pad, es ist eigentlich nur unbearbeitetes Holz, das hat ein Kumpel von mir gemacht, mit dem man halt einfach nur so`n DJ-Sound … (zeigt, was man damit machen kann). Und sonst hab ich zwei Tonabnehmer hier drin. Halt für die ganzen Percussions und so `nen Kram, um ein bisschen mehr Sound aus meiner Gitarre rauszuholen.
Zum Schluss hatten wir noch die große Freude, von ihr ein kleines Privatkonzert zu bekommen. Jacky Bastek hat ihren wunderschönen Song „Wonderwoman“ für uns gespielt. Hier geht es zu den Videos: http://melodita.de/endlich-melodita-im-interview-mit-jacky-bastek/.
Weitere Infos: https://www.facebook.com/jackybastekmusic/
(Interview: Jasmin, Lina und Mane; Kamera & Schnitt: Mira)
(Fotos: Titelfoto Uppsala Internationella Gitarrfestival, Foto 1 & live@Sofar Sounds: Mira Wirth, Foto mit Banane: Manuel Raab)
03.01.2016