Leni Stern

Gitarristin der Superlative

Leni Stern ist

Gitarristin,
Komponistin,
Sängerin,
Arrangeurin,
Label-Eignerin,
Autorin,
stolze New Yorkerin,
Brustkrebsüberlebende,
Kampfsportlerin
und Ehefrau des bekannten Jazzgitarristen Mike Stern.

Ende der 70er Jahre ging die gebürtige Münchnerin, die schon mit 17 ihre erste eigene erfolgreiche Theatergruppe hatte, nach Boston, um dort Filmmusik zu studieren. Sie fand die Liebe zur Gitarre, zu Mike und blieb in New York. Dort spielte sie in einer Vielzahl von Besetzungen im Rock- und Jazzbereich. 1983 gründete sie ihre Band mit Paul Motian am Schlagzeug und Bill Frisell an der Gitarre, 1985 erschien ihre erste Platte unter eigenem Namen.
„Finally the rain has come“ ist ihre 13. Veröffentlichung.
1997 vollzog sich der Genrewechsel von „Leni Stern – Jazzgitarristin“ zu „Leni Stern – Singer-Songwriterin“. Lenis eindringlichen Texte, vor allem bei der aktuellen CD, die im Oktober 2001 nach dem Anschlag auf das WTC aufgenommen wurde, ihre Stimme und ihre besondere Art, Gitarre zu spielen, runden das Bild einer starken Musikerin ab. Die Gitarrenfirma Gibson hat Leni Stern übrigens fünfmal in Folge zur besten Musikerin gewählt.

Ende Februar trafen sich Leni Stern und unsere Autorin Angela Ballhorn

„social advocate“

Melodiva: Leni, ich wollte zu Beginn über die unbekannteren Seiten von dir sprechen. Du nennst dich selber „social advocate“.

Leni Stern:
Das ist beim Texte schreiben gekommen. Ich war immer schon am Texten interessiert, auch schon zu meiner Zeit in Deutschland am Theater und beim Fernsehen (u.a. Serie „Goldener Sonntag“). Man ist engagiert oder man ist es nicht. Dadurch, dass ich Texte geschrieben habe, ist das wieder mehr in den Vordergrund gerückt. In den Texten geht es um was. Obwohl es auch Gedichte sind, aber es geht um etwas. „Kindness Of Strangers“ handelt von einem Obdachlosen. An diesen Anblick habe ich mich ganz schwer gewöhnen können, als ich aus Deutschland gekommen bin, aber du siehst hier im reichsten Land der Welt überall Bettler auf der Straße, auch Rollstuhlfahrer, die im Winter auf der Straße betteln. Irgendwie schaffen wir es nicht, ein Sozialsystem aufzuziehen, das hilft. In der Gesellschaft zählt nur der was, der auch Geld verdient. So was finde ich schlimm, und ich finde es schön, das in meinen Texten ausdrücken zu können.
Außerdem kann ich mit den Texten meinem Publikum eine Stimme geben, die das Gleiche empfinden und das nicht immer runterschlucken wollen. Das geht auf Dauer nämlich nicht. Da bin ich sehr in der Tradition von Bob Dylan und Bob Marley, die Kunst mit Inhalt machen, oder der deutsche Bertolt Brecht. Musik ist hier ein Mittel, über Dinge zu sprechen, die unangenehm sind, und die mit Musik zusammen zum Nachdenken anregen. Ich war lange Zeit ja nur Gitarristin, aber da konnte man nur an den Titeln meine Einstellung erahnen oder wenn man mich näher kannte. Das war nie so direkt. Wenn Musik von Texten begleitet wird, ist das schon was anderes.

Melodiva: Außerdem hast du mehrere Gürtel in Kampfsportarten…

Leni Stern: Auf Kampfsportarten bin ich aus Gesundheitsgründen gestoßen. Nachdem ich Krebs hatte, war ich von der Chemotherapie ziemlich fertig. Die westliche Medizin wollte meine Leiden mit noch mehr Medizin heilen, und aus diesem Teufelskreis wollte ich heraus. Ich habe mich dann intensiv mit alternativen Heilmöglichkeiten beschäftigt und über einen Toningenieur, der sich sehr intensiv mit Kampfsportarten beschäftigt hatte, bin ich zum Kampfsport gekommen.

Als Frau bekommt man durch die Kampfsportarten mehr Sicherheit – ich hatte früher auch die Phasen, dass ich nachts unter den Betten nachgesehen habe, ob sich da jemand versteckt hat, vor allem, wenn mein Mann Mike auf Tour war. Da stieg der Angstpegel. Ich habe auch Streit auf der Straße gesehen, bei denen Frauen oder Kinder geschlagen wurden. Da bin ich dazwischen gegangen und bin auch herumgeschubst worden. Jetzt ist das sehr befreiend, sich selber stark zu fühlen, das hat mir eine große Ruhe gegeben.
Früher hat mich meine Band immer ganz tapfer verteidigt, und mein Schlagzeuger hat Typen eine reingehauen, die an mir dranhingen, während ich gespielt habe. Jetzt ist eher Ruhe. Es ist toll, wenn man sich so gestärkt seine freie Meinung leisten kann. Mike ist eine Sorge weggenommen dadurch, weil ich ja auch öfter durch Indien unterwegs bin, um Musik zu studieren. Und da ist die Stellung der Frau natürlich noch eine ganz andere. Seither bin ich auch pumperlgesund geworden, ich muss nur noch gegen meine Faulheit kämpfen.

„Jazz – die offenste und vielfältigste Musik, die es gibt“

Melodiva: Was hat den Ausschlag gegeben, von der Gitarristin und Komponistin im Jazzbereich zur Singer-Songwriterin zu werden?

Leni Stern: Ich habe in Deutschland immer gesungen. Ich fand es schön, eine Zeitlang nur Instrumentalistin zu sein und sich auf eine Sache zu konzentrieren. Aber nach Jahren mit „nur Gitarre“ wollte ich was anderes machen und habe zuerst Schlagzeug gelernt und dann mit Singer-Songwritern zusammen gearbeitet. Vor allem mit Larry John McNally. Nach einiger Zeit habe ich dann auch zu den Texten und nicht nur zum Arrangement beigetragen und meine Liebe zum Singen und Texten hat begonnen. Das Ganze auf englisch, was ja zu meiner zweiten Muttersprache geworden ist.

Dann fand ich es auch immer traurig, dass der Jazz so eine elitäre Sache geworden ist. Früher war es die Musik der Unterdrückten und heute gehört‘s zu den Snobs. Die Jazzmusiker waren auch immer die Stiefkinder des Musikbusiness. Deshalb hat`s mich riesig gefreut, dass in diesem Jahr eine Jazzmusikerin (Norah Jones) fünf Grammys gewonnen hat. Es ist Zeit, dass der Jazz den Leuten nahegebracht wird, da es nun mal die offenste und vielfältigste Musik ist, die es gibt. Leute sollten da Zugang zu bekommen. Ich möchte mir nicht mehr nach Konzerten anhören müssen: „Ich versteh ja nichts vom Jazz, aber es hat mir gefallen“, als ob das eine Überraschung wäre.

Ich habe Saxophonisten, mit denen ich immer gerne gearbeitet habe, immer beneidet, wie die eine Melodie so schön spielen können. Jetzt ist es eher anders herum, nämlich, dass die Saxophonisten lieber singen möchten. Alle wollen singen wie Louis Armstrong und Aretha Franklin. Meine Vorbilder sind eher im R & B oder Bono und Sting, aber so langsam fließen auch Jazzstandards in mein Programm ein.

Vokale Gitarrentechnik

Dazu habe ich mich sehr intensiv mit indischem Gesang beschäftigt. Ich habe versucht, mich von dieser 4000 Jahre alten Improvisationstechnik für die Gitarre inspirieren zu lassen. Bill Frisell hat mich Solos von indischen Musikern transkribieren lassen. Und das war schon toll. Da gibt es nur sieben Noten, aber was man alles damit machen kann! Jetzt, wo ich selber singe, habe ich einen direkten Zugang zur indischen Musik. Vorher musste ich immer mit den Bünden meiner Gitarre kämpfen. Jetzt sitze ich in Bombay bei meiner Lehrerin auf dem Teppich und singe nach. Dadurch hat sich mein Gitarrenspiel auch sehr verändert. Die Phrasierung kann ich singen, und jetzt habe ich eine mehr vokale Gitarrentechnik. Zwar habe ich früher auch immer mitgeatmet, aber seit ich selber richtig singe, ist das dann doch noch einmal etwas anderes geworden.

Melodiva: Du warst erst kürzlich in Indien und hast die Musik von Kopfjägern studiert und aufgenommen.

Leni Stern: Die Frau von Henry Threadgill studiert Ethnologie und ist auch selber Sängerin und Komponistin – und meine Freundin. Sie schreibt im Moment ihre Doktorarbeit über Lagerland, die Kopfjäger. Wir haben Jagdlieder, Erntelieder und anderes aufgenommen, die sehr an burmesische Musik erinnert – und auch ein bisschen an die Musik der afrikanischen Pygmäen. Das Klangbild haben wir erstellt, was ich sehr faszinierend fand. Da lässt einem ein einfacher Erntegesang schon die Gänsehaut den Rücken herunter laufen. Diesmal war ich auch in Madras und habe südindische Musik studiert.

Melodiva: Und beim indischen Stück auf deiner Platte hast du John McLaughlin als Gast dabei, der mit Shakti indische und Jazzmusik verbunden hatte. Nach was für Kriterien hast du dir deine Musiker ausgesucht?

Leni Stern: Für den Raga musste John schon mitspielen. Wir sind schon lange befreundet, und wir treffen uns immer im Dezember in Indien. John hat mir sehr viel über indische Musik beigebracht und wir haben viele Diskussionen gehabt, wie man die indische Musik und den Jazz verbinden kann. Seine Projekte halte ich für die gelungensten, schließlich hat er in Indien Veena studiert und hat ein großes Verständnis für die Musik. Sein Auftritt bei „Finally The Rain Has Come“ war sein Geburtstagsgeschenk an mich. Mein Lieblings-Geburtstagsgeschenk!!! Es war schön zu sehen, wie er die Stimmung des Raga beibehält, aber doch die chromatischen Sachen des Jazz dazunimmt.

David & Goliath

Melodiva: Und die anderen Musiker?

Leni Stern: Das sind alles meine New Yorker Spezis. Eigentlich habe ich ein festes Trio, und ich hole mir immer Gäste dazu. Jenny (Scheinman, Geige) hat schon oft mit mir gespielt, oder George Whitty, der Keyboarder. Der ist als Produzent sehr beliebt und hat schon viele Grammys gewonnen und hat nicht mehr so viel Zeit. Bill Frisell war mein erster Lehrer und wir hatten jahrelang auch eine Band zusammen mit Paul Motian und Harvey Swartz. Auch meine erste Platte habe ich mit ihm aufgenommen. Er hat seine Wurzeln im Country und Western verankert, was cool ist. Denn in der Musik sind die Gitarren die Chefs, so wie die Saxophone das im Jazz sind. Der E-Gitarrist ist ja das Stiefkind des Jazz, dem wird immer vorgeworfen, dass er zu laut, zu schnell und zu viele Noten spielt. Gitarre ist eigentlich Rock…. Im Country spielen oft zwei oder mehr Gitarren zusammen und ich spiele ja auch gerne mit anderen Gitarristen zusammen….

Melodiva: Was eigentlich ziemlich ungewöhnlich ist….

Leni Stern: Ich verstehe das nicht. Eine Band mit einer anderen Gitarre klappt, aber mit Klavier habe ich oft meine Problem, weil sich da zwei Harmonieinstrumente, einmal mit 88 Tasten, einmal mit sechs Saiten gegenüber stehen: wie David und Goliath. Eine andere Gitarre kommt einem nicht so schnell in den Weg. Verschiedene Gitarren passen auch gut zusammen, elektrisch, akustisch, 12saitige. Das funktioniert sofort. Zu Hause spielen Mike und ich ja auch immer zusammen. Wenn ich mit einem Pianisten verheiratet wäre, wäre das sicher etwas anderes. Im Trio ist das wieder anders, da begleitet dich niemand, wenn du ein Solo spielst. Wenn der Bass ein Solo spielt, begleitet die Gitarre, das ist dann wieder anders. Als Gitarrist hat man`s immer ein bisschen schwer, da ist man oft allein auf weiter Flur. Eigentlich muß man sehr pianistisch spielen, oder sich eher wie ein Saxophon in einem akkordlosen Trio verhalten. Das ist sehr anspruchsvoll – und es mag auch nicht jeder. Da ist es mit einer anderen Gitarre zusammen schon einfacher, quasi so eine Art Arbeitsteilung. Adam Levy und Larry Saltzman, die auch auf der neuen CD mitspielen, sind auch New Yorker Freunde, die mit mir ein Gitarrenorchester eingespielt haben.

Die Regenzeit in Indien

Melodiva: Wie entstehen deine Stücke? Gehst du vom Text aus, oder hast du erst die Melodie?

Leni Stern: Der Kern des Stücks entsteht oft zusammen. Aber ich habe auch oft eine Textidee – ich bin schon länger Komponistin als Textdichterin, und es fällt mir einfacher, einen Text zu vertonen. Meistens entstehen die Sache sehr gleichzeitig. Mal ist die Form zuerst, oder die Harmonien. Oft steht eine musikalische Idee im Hintergrund.
Johns (McLaughlin) neue Platte „Thieves of Poets“ hat mich zu einem langsamen Stück im 5/4 Takt inspiriert. Der Fünfer, der da mit Orchester eingespielt ist, hört sich wie ein Sechser an, und sowas fasziniert mich.
Der Raga der Regenzeit ist auch eine Anleihe, obwohl auch hier Text und Musik relativ gleichzeitig entstanden sind. Meine Lehrerin versuchte mir das Gefühl zu vermitteln, wie das ist, wenn der Regen kommt. Die Stimmung des Ragas muss da genau getroffen werden. Anfangs war mir schleierhaft, was sie meint, und ich dachte, sie bezieht sich auf die Intervalle, es hat damit zu tun. Ist es aber nicht. Es geht darum, welche Stimmung du mit dem Raga hervorrufst, ob du schnell oder langsam singst und welche Verzierungen du anbringst. Obwohl ich alle richtigen Noten an der richtigen Stelle gesungen habe, war sie manchmal glücklich und manchmal unzufrieden mit mir. Sie versuchte es so zu beschreiben, dass man das Gefühl vermitteln müsse, wenn nach einer langen Trockenzeit der Regen fällt. Auf meinen Unterrichtsbändern habe ich den Ausspruch „Finally the rain has come“ noch mal gehört, und dieser Satz passte auf die Kernmelodie genau drauf. Dann habe ich Literatur von indischen Schriftstellern gelesen, speziell über die Regenzeit, mit diesen phantastischen Bildern…. ich war auch schon mal zur Regenzeit in Indien, und die Stimmung ist irrsinnig. Der Himmel wird dunkel, es fängt an zu kübeln, und danach blüht alles.

„…was kleben bleibt, nehmen wir…“

Melodiva: Warum hast du dich mit einer eigenen Plattenfirma selbständig gemacht?

Leni Stern: Die Technik hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Alles ist billiger und besser geworden, wenn man zum Beispiel mit Protools selber produziert. Alle haben ein Heimstudio und man muss nicht mehr in die großen und teuren Studios. Damit braucht man den Vorschuss der Plattenfirmen auch nicht mehr. Man kann mit der eigenen Band in Ruhe selber alles fertig machen. Dazu gibt es das Internet als Vertriebsmöglichkeit. Pressen ist auch billiger geworden….
Auf der Business-Seite hat sich auch einiges verändert. Erst gab es noch vier große Major-Firmen, dann drei und jetzt nur noch zwei. Dadurch ist ein Bedürfnis nach kleineren Firmen entstanden, die bei uns Umbrella-Organisationen heißen, bei der sich mehrere kleine Label zu einem großen Vertrieb zusammengeschlossen haben und sich Werbung und Promotion teilen. Bei einer solchen Umbrella-Organisation sitzt auch Jim Snowden, der mir meinen ersten Plattenvertrag gegeben hat. Deshalb habe ich 1997 gedacht, dass es an der Zeit ist, sich selbständig zu machen, selber zu produzieren, das Cover selber zu gestalten und einen Vertriebsvertrag zu unterzeichnen. Früher gab es nur die 0815-Plattenverträge, in denen dir alles genau vorgegeben war – inklusive Musikrichtung, auf dass es in das Image der Plattenfirma passt. Vielleicht hat man heute dann nicht gleich weltweit einen Vertrieb, aber übers Internet kriegen wir Anfragen aus Sibirien und Korea…

Ich habe mit Joachim Becker von ESC / EFA Glück, dass er auch selber Musiker ist. Bei anderen Firmen ist der „executive producer“ kein Musiker und sitzt dauernd bei musikalisch komplett unterschiedlichen Bands im Studio und soll entscheiden. Deshalb ist vermutlich auch die Independent-Szene entstanden. Früher haben die A&R-Leute Künstler gesucht und eine Karriere begleitet. Heute läuft es bei den großen Firmen nach dem Spaghetti-Prinzip: An die Wand werfen, was kleben bleibt, nehmen wir.

Über die neue CD

Melodiva: Ich möchte über ein paar Stücke deiner neuen CD sprechen. „Bury me standing“ hat mich sehr berührt.

Leni Stern: Der Text ist von Larry John McNally und mir zusammen geschrieben. Wir arbeiten immer noch gerne und viel zusammen.

Melodiva: Ich erinnere mich, dass du auf deiner „Black Guitar“ auch einige seiner Stücke spielst.

Leni Stern: Er spielt unsere Stücke auch auf seinen Platten…. „Bury me standing“ ist ein Buch über das Schicksal der Zigeuner in Osteuropa, was aus den Roma und den Sinti im Kommunismus und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs geworden ist. Der Titel des Stücks ist ein Zitat eines Zigeunerführers, der, als er abgeführt wurde, sagte: „Bury me standing, I’ve been on my knees all my life“ – begrabt mich aufrecht, weil ich mein Leben auf den Knien verbracht habe. Dieser Satz ist wahnsinnig und bleibt hängen. Die Zigeuner sind ja unsere Nigger. An denen haben wir so viel verbrochen, wie die Amerikaner an ihren Sklaven. Du kannst ja in Bayern immer noch keinen Richter finden, der jemanden verurteilt, der einen Zigeuner erschossen hat. Als Gitarrist fühlt man sich den Zigeunern musikalisch natürlich sehr verbunden. In Indien habe ich die Verbindung zwischen den Ragas und dem spanischen Flamenco ganz klar gespürt (Anm. d. Red.: Die Roma sind vor 900 Jahren aus Indien ausgewandert).

Die Nach-Bush-Ära…

Melodiva: „Where is God?“

Leni Stern: Das ist das Lied zum 11. September (die Platte ist zu dem Zeitpunkt entstanden). Wir haben alle versucht, mit dem großen Friedhof am Ende der Stadt fertig zu werden. Die Indianer leben ja sehr in ihren Träumen. Ein Indianer hatte erzählt, dass er im Traum einem Terroristen begegnet wäre, der von ihm wissen wollte, wo denn jetzt Allah wäre. Er könne ihn nicht finden, und es sei ihm doch versprochen worden. Er wollte wissen, ob er jetzt als Held angesehen wird. Ich habe mich gefragt, was in solchen Menschen vorgeht und versucht, mich in den hineinzuversetzen. „Wo ist Gott?“ ist auch eine Frage, die man sich in einer solchen Situation stellt.

Melodiva: „Love everyone“

Leni Stern: Ich habe nach dem Tod meines Vaters immer etwas schreiben wollen, und mir ist der Text eines irischen Schriftstellers in die Hände gefallen, den er für seine Mutter geschrieben hatte: „The love I feel for you is of the world now“. Und diesen Gedanken fand ich so schön. Was macht man mit den Gefühlen für jemanden, der auf einmal nicht mehr da ist? Leute, die sich anderen Leuten widmen, können damit am besten umgehen. Deshalb hat „Love everyone“ wieder eine wichtige Bedeutung. Nach dem 11. September ist es nicht mehr populär, zu differenzieren und erst mal Sachen kennen zu lernen.
Und jetzt, wo der Irak-Krieg droht, zeigt es uns auch wieder, wie gut es den Künstlern in der Demokraten-Ära gegangen ist. Es gab Stipendien, wir wurden ins Weiße Haus eingeladen. Gibt es alles nicht mehr…. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass die Nach-Bush-Ära bald beginnt….

Leni Stern im Netz:
www.lenistern.com
ww.efa-medien.de

Discografie:

2002 – Finally The Rain Has Come (LSR / EFA)

2000 – kindness of strangers

1998 – recollection

1997 – BLACK GUITAR

1996 – Separate Cages

1995 – Words

1993 – Like One

1992 – Ten Songs

1990 – Closer to the Light

1989 – Secrets

1987 – The Next Day

1985 – Clairvoyant

before – Loose Ends

Copyright: Redaktion Melodiva

Autorin: Angela Ballhorn

30.04.2005