Keltische Klänge über grünen Hügeln

Clannad veröffentlichen ihre neue CD "Nádúr"

Riverdance, Celtic Woman und Enya kennt heute jede/r, aber nicht die Band, die dafür Pionierarbeit geleistet hat: die irische Band Clannad um die Sängerin und Harfinistin Moya Brennan. Mit ihrem speziellen „keltischen“ Sound hat die fünfköpfige Band vor allem in den 80er und 90er Jahren große Erfolge gefeiert. Jetzt stehen die Chancen gut, dass sie sich erneut in die Herzen des Publikums spielt, denn nach langer kreativer Pause veröffentlicht die Band ein neues Album, und das noch dazu in Originalbesetzung.

„Nádúr“ heißt das 18. Album, mit dem die legendäre keltische Band aus Donegal/Irland sich zurückmeldet und es wird die Fans der ersten Stunde freuen: erstmals seit ihrem 1989 veröffentlichten Album „Past Present“, das Platinstatus erhielt, präsentiert sich die Band in Ursprungsbesetzung und endlich auch wieder mit neuem Material. Mehr als 40 Jahre Bandgeschichte liegen hinter ihnen.

Der Familien-Clan

Clannad leitet sich ab von der Bezeichnung „an Clann as Dobhair“, was soviel heißt wie „Clan / Familie aus Dobhair“. Die Band wurde 1970 von den Geschwistern Moya, Ciarán und Pól Brennan gegründet, zur Formation kamen noch zwei Onkel, Noel und Padraig Duggan dazu. Moya Brennan ist die älteste von neun Kindern, sie spielt die Harfe und singt. Sie traten zuerst im Pub ihres Vaters Leo auf und hauchten alten gälischen Liedern neues Leben ein. 1970 gewannen sie bei einem Folkwettbewerb einen Plattenvertrag.

Das erste Album kam 1973 heraus und nach Konzerten wuchs die Fangemeinde schnell vor allem in Deutschland an, weshalb sich die Band auch heute noch vor allem mit dem deutschen Publikum verbunden fühlt: „Wir kamen einmal im Jahr nach Deutschland und verbrachten so gut wie immer fast einen ganzen Monat hier. Das hielt Clannad am Leben“, stellt Brennan im Interview fest. Das mag daran gelegen haben, dass sie in Deutschland unvoreingenommen aufgenommen wurden, während die Iren sich an ihre Musik erst gewöhnen mussten: „In Irland wurde eigentlich kaum Gälisch gesprochen. Die Sprache wurde weder anerkannt noch als wichtig erachtet. Die Leute hielten uns für übergeschnappt. Die Menschen, die Gälisch mochten und unterstützten, fanden unsere Art, gälische Lieder zu singen, seltsam. Gälische Lieder wurden bis dahin nie mit instrumentaler Begleitung gesungen. Die alten Sean-nós-Songs wurden traditionell ohne Begleitung gesungen. Wir spielten sie nicht nur mit Instrumenten, sondern trugen sie auch noch mit Gesangsharmonien vor. Heiliger Bimbam, wie frevelhaft! Wir erhielten also keinen Zuspruch von den irisch-gälischen Leuten und alle anderen hielten uns für verrückt, weil wir es überhaupt wagten, auf Gälisch zu singen“.

Gälische Traditionals & Westcoast Folkrock

Dabei war die Musik auf ganz natürliche Weise aus dem Zusammenklang aller musikalischen Einflüsse in der Familie entstanden. Die Mutter war Musiklehrerin, der Vater Berufsmusiker. Onkel und Tanten brachten den Kindern gälische Lieder bei, der Großvater spielte die Fiddel dazu. Die Kinder hatten zuhause ein komplettes Rockband-Instrumentarium des Vaters herumstehen und hörten mit Begeisterung die mehrstimmigen Gesänge der Mamas & Papas und der Beach Boys. „Die trafen unser Innerstes. Wir kannten die Instrumente meines Vaters, die gälischen Lieder meiner Mutter und ihrer Großeltern, mit denen wir daheim und in der Schule aufwuchsen. Dazu kam der Einfluss der amerikanischen Westküste. Ich glaube, dass sich aus diesen Einzelteilen die Verbindungen speisten, die den Clannad-Sound ergaben“. Der typische Clannad-Sound war also nichts Aufgesetztes, sondern entwickelte sich ganz natürlich, „es ging nicht darum, in einer bestimmten Art und Weise zu singen, es geschah einfach. Und dann entstand aus dem Zufall heraus unser Harmoniegesang“.

Erfolge

Enya

Zur Band gesellte sich von 1979 bis 1982 auch noch Moyas Schwester Eithne; sie startete danach eine erfolgreiche Solokarriere als Enya mit diversen Grammies und 70 Mio. weltweit verkaufter Alben. Guten Ratschlägen, doch lieber auf Englisch zu singen, widerstand die Band stets und spielte lieber, was sich richtig anfühlte. Die Bestätigung kam prompt: ihr erster internationaler Hit war ein Popsong auf Gälisch. Mitte der 80er Jahre kamen

Moya Brennan & Bono

zunehmend elektronische Elemente dazu. 1985 erschien das Album Macalla, das ein Duett von Moya Brennan mit dem U2-Sänger Bono enthielt. „In a Lifetime“ erreichte 1986 und erneut 1989 hohe Chartplatzierungen und überhaupt erwies sich ihre Musik als charttauglich und wurde für Fernseh- und Spielfilme verwendet. 1991 erhielt das Album „Past Present“ Platinstatus, die Gruppe war auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs angelangt. Kurze Zeit später verließ Hauptsongschreiber Pol Brennan die Band, um sich eigenen Projekten zu widmen.

Kreative Pause & Neuanfang

Moya Brennan live in Polen

Nach dem 1998 mit einem Grammy ausgezeichneten Album ‚Landmarks‘ wurde es dann still um die Iren. Die kreative Pause nutzten alle, um an ihren eigenen Projekten zu arbeiten. Moya Brennan, Sängerin, Harfinistin und Komponistin, schrieb eine Autobiographie über ihre glückliche Kindheit, den Erfolg mit Clannad, aber auch über die Schattenseiten, ihren Alkohol- und Drogenmissbrauch, eine Abtreibung, unglückliche Ehe und die Kraft, die sie in ihrem Glauben fand. 8 Solo-Alben nahm sie mit Gesang und Harfe auf, unzählige Kollaborationen, u.a. mit Hans Zimmer, Alan Parsons Project, Ronan Keating und Schiller folgten. Gerade hat sie mit ihrem Projekt Voices And Harps, einem Duo mit dem Harfenvirtousen und Mitglied der Moya Brennan Band Cormac de Barra, ihr zweites Album herausgebracht und ist ab November in Deutschland auf Tour.

Ab 2007 traten die Bandmitglieder wieder gemeinsam als Clannad auf. In diesem Jahr erhielt die Gruppe auch den „Lifetime-Achievement Award“ für ihr langes künstlerisches Schaffen. Seit September 2012 tourten sie wieder ausgiebig zusammen und wurden dann im folgenden Jahr komplett. „…als wir im Mai diesen Jahres zu fünft, mit Pol, der die Band 1990 verließ, ins Studio gingen, fühlte sich alles ganz natürlich an. Nádúr… Wir konnten auf unsere natürliche Ressource zurückgreifen, mit der alles anfing„, erzählt Moya Brennan.

Nádúr – die Rückkehr zu natürlichen Quellen

Jetzt also Nádúr – der Albumtitel steht für Natur und bezieht sich auf ihre Heimat Donegal und „alles, was wir von ihr mitnahmen. Die Natur, die Umgebung, das Feinfühlige, die Harmonien“. Dazu passt, dass die Musik im Studio von Ciarán Brennan, umgeben von verwunschenen Wäldern und Feldern im Tal von Glendalough, entstanden ist. Im Vorfeld wurde allein oder gemeinsam an de Songs gearbeitet und so finden sich auf „Nádúr“ Kompositionen von allen, was der Platte eine große Vielfalt beschert. Neben sphärischen Folk-Songs mit rockigen Anklängen stehen Lieder wie das klavierbetonte „A Quiet Town“, ein Traditional mit dem unaussprechlichen Namen „Turas Dhómhsa chon na Galldachd“, in dem ein entrückter Dudelsack aufspielt, oder die von Moya Brenna geschriebenen Stücke, in denen die Harfe dominiert; „Lámh ar Lámh“ kommt gar ganz ohne Gesang aus. „The Fishing Blues“ beginnt mit einer Mundharmonika, auf „Tobar an tSaoil“ ist eine Bouzouki zu hören. Die Flöte kommt natürlich auch vor und sorgt für berührende Momente. Und so packt einen die Sehnsucht bei diesen Liedern, Sehnsucht nach grünen Hügeln, Weite, aber auch nach Verbindung zur Geschichte und zu unseren Ursprüngen. U2-Sänger Bono hat das einmal so formuliert: „Seit Seán Ó Riada. . . gab es sonst keine solch einzigartigen Talente, die uns daran erinnerten, wer wir sind, wer wir waren und wer wir sein können, uralt und modern zugleich. Clannad, wir stehen in eurer Schuld“.

CD „Nádúr“ (2013)
Arc Music

http://www.clannad.ie/
http://www.moyabrennan.com/

Autorin: Mane Stelzer

18.09.2013