Ida Sand

Fest verwurzelt

Als Singer-Songwriterin, die „ein bisschen Klavier spielt“, verortet sie sich heute, hat sich weiterentwickelt von der soul-singenden Pianistin, die sie einst war. Und für ihr neues Album „True Love“ hat sich Ida Sand diesmal, nomen est omen, zum Produzenten ihren eigenen Ehemann, den über Schweden hinaus bekannten Gitarristen Ola Gustafsson gewählt. Herausgekommen ist dabei eine echte Herzensangelegenheit, ein Album, angefüllt mit eigenen und adaptierten Songs. Und mit einem, bei aller Liebe, herzhaft-bissigen Sound und experimentellem Wagemut, der nicht nur Ida Sands tiefer Stimme konveniert, sondern auch der Musik wahre Wunder tut…

Carina Prange sprach für Jazzdimensions mit Ida Sand

Carina: Für dein Album „Meet Me Around Midnight“ hattest du Stücke mit Titeln wie „Brutal Truth“ und „Home“ geschreiben. Auf der aktuellen CD „True Love“ finden sich Songs wie „Devil’s Game“ oder „My Biggest Fear“. All diese Namen klingen nach der Verarbeitung persönlicher Erfahrungen. In wieweit stimmt dieser Eindruck?

Ida: Ein paar Songs haben wirklich einen persönlichen Hintergrund. „True Love“, das Titelstück, beispielsweise: Ich schrieb es vor etwa zwei Jahren. Und jetzt habe ich diese Platte gemeinsam mit meinen Ehemann Ola Gustafsson aufgenommen, von dem das Stück handelt…

Das war fast, als ob wir nochmal Hochzeit feiern würden! (lacht) Andere Songs, wie „Devis’s Game“, weil du es eben angesprochen hast, sind abstrakter entstanden. Es ist ein Stück über Untreue, über zwei Leute, die sich auf jede erdenkliche Weise gegenseitig verletzen. Das habe ich mir ausgedacht.

„Home“, von meinem ersten Album, entstand in einer Phase der Sehnsucht. Ich hatte eine schlimme Zeit zu überstehen und ich habe sie überstanden. Jetzt bin ich bei mir, dachte ich, als es vorbei war. Und dann schrieb ich dieses Stück darüber: So ist das Leben. Du bist unterwegs. Und dann kommst du an. Und bist Zuhause. Du stehst mit beiden Beinen fest auf dem Boden, und das ist wichtig!

Carina: Wenn du einen Text für einen Song schreibst, entwirfst du ihn zunächst auf Schwedisch, oder sind es von Anfang an englische Worte, die du findest?

Ida: Ich denke beim Texten sogar auf Englisch. Ich habe, solange ich mich zurück erinnere, noch nie ein Stück auf Schwedisch geschrieben! Auf Schwedisch singen würde ich zwar gerne – die schwedische Sprache klingt aber vergleichsweise hart. Englisch hingegen ist weicher und geschmeidiger. Ich mag es, wie sich die Worte anfühlen. Deshalb genieße ich es, mit Englisch zu arbeiten.

Carina: Wann nimmst du den Stift in die Hand?

Ida: Meistens muss ich mich dafür ein wenig an die Kandare nehmen, mich ein bisschen zwingen, mich hinzusetzen. Und ich brauche ausreichend Zeit. Dann kann ich es „kommen lassen“ und abwarten, ob was passiert. Ich bin nicht der Typ, dem ein Song plötzlich im Bus zufliegt.

Ich muss mich ans Klavier setzen und konzentrieren. Dinge ausprobieren – hier ein Akkord, da eine Melodie und ein paar Worte… Dann geschieht etwas. Ich schreibe nicht aus einem Gefühl heraus. Ich muss die Sache diszipliniert angehen, mir sagen: Heute schreibst du etwas. Zumindest eine Melodie!

Carina: Du hast ja auf der neuen Platte mehr eigene Stücke, als auf der davor. Wird die nächste ganz aus eigenem Material bestehen?

Ida: Ich hoffe, schon. Das ist wenigstens meine Absicht. Vielleicht kommen aber ein, zwei Coverversionen dazu. Wenn ich meine eigenen Stücke singe, bin ich immer etwas befangen. Sie entstehen ja zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten und – zumindest in meinem Kopf ist das so –, manchmal vertragen sich bestimmte Stücke nicht. Die sollten dann, finde ich, nicht zusammen auf einer Platte erschienen. Eine Platte muss in erster Linie stimmig sein.

An zweiter Stelle kommt dann als Kriterium, dass die Stücke von mir sein sollen. Aber ich möchte dahin kommen, dass auf einer CD alles von mir ist, weil meine eigenen Stücke mich auch ungeheuer stolz machen!

Wenn da ein Song ist, unter dem steht: „Text und Komposition von Ida Sand“, das fühlt sich großartig an. Und wenn man das dann auch noch mit guten Musikern einspielen darf. Wenn dabei etwas entsteht, dass noch viel besser und schöner ist, als das, was ich ursprünglich im Kopf hatte. Da will ich definitiv hin.

Carina: Von den Covern auf der aktuellen Platte haben mich am meisten „Manic Depression“ (Jimi Hendrix), „Heart Of Gold (Neil Young) und Bob Marleys „Redemption Song“ beeindruckt. Wie suchst du aus hunderttausenden von Songs dein Coverrepertoire aus?

Ida: Als die Aufnahme anstand, musste ich mich tatsächlich mit einem Stapel Platten hinsetzen und sie gezielt nach geeigneten Songs durchforsten. In Grunde ist es primär der Text, auf den ich dabei achte, danach das Feeling und die Energie, die ein Song ausstrahlt. Wenn dabei etwas in mir zu schwingen beginnt und ich mich dem Stück nahe fühle, dann setze ich mich ans Klavier.

Ich höre mir nie die Akkordfolgen des Originals heraus, weil ich meinen ersten Eindruck nicht verderben möchte. Ich versuche, das Stück in einer mir passenden Tonart nachzuimprovisieren und zu singen. Und dann lasse ich es wachsen. Ich kann Stunden damit verbringen, immer neue Harmonien auszuprobieren, das macht ungeheuer Spaß!

Bei dieser Platte drehte es sich darum, dass sie mich und mein Leben reflektieren sollte – das betraf auch die Auswahl der Coverstücke. Daher „Redemption Song“ – weil das ein kämperisches Lied ist, wie man es heutzutage kaum noch hört. Und wir brauchen dringend kämpferische Songs! Aber es ist auch ein gutes Stück; Melodie und Text sind einfach wunderbar. Ähnliches gilt für „Heart Of Gold“. Auch ein ganz bekanntes Stück. Aber mir ging es um Text und Melodie – und beides ist großartig.

Ich finde mich in diesen Songs wieder. Hier geht es darum, ein besserer Mensch zu werden, was auch eine meiner Maximen widerspiegelt. „Manic Depression“ begann als Experiment. Ich dachte, geh‘ das Stück mal wie Hendrix an, richtig brutal und überbordend! Im Studio stellte sich heraus, dass dieser Ansatz nicht funktionierte, also taten wir genau das Gegenteil. Subtiler.

Wir fanden es spannend, auf unserem Album einen anderen Aspekt dieses Songs zu zeigen. Ich habe dann auch anders gesungen – beinahe geflüstert. Es ist irgendwie ein Experiment geblieben. Aber wir hatten viel Spaß damit!

Wir danken Carina Prange und www.jazzdimensions für die freundliche Abdruckgenehmigung.

CD: Ida Sand – „True Love“ (Act Music ACT 9481-2)
Act Music im Internet: www.actmusic.com

Fotos: Ida Sand (myspace)

© jazzdimensions 2009

www.myspace.com/idasand
Autorin: Carina Prange

20.07.2009