„Ein Leben ohne Musik?… Undenkbar!“

Ein Interview mit der Singer-/Songwriterin Claudia Rudek

Noch ist sie ein Geheimtipp, obwohl sie seit einigen Jahren solo und im Duo mit ihrer Schwester auf den Bühnen des Rhein-Main Gebietes unterwegs ist. Aber das wird sich jetzt wohl bald ändern, denn gerade hat sie mit ihrer frisch gebackenen Band ein vielversprechendes Debütalbum aufgenommen. Wir sprachen mit der Künstlerin kurz vor der Release-Party.

Herzlichen Glückwunsch, morgen veröffentlichst Du Dein Debut-Album in den neu eröffneten Performance Studios in Frankfurt. Was ist das für ein Gefühl?

Dankeschön. Das Gefühl ist ein großartiges!

Hast Du ein Label oder hast Du es in Eigenregie aufgenommen?

Das Album ist in Eigenregie entstanden. The Finest Noise hat sich bereit erklärt, den Labelcode zur Verfügung zu stellen.

Mit Deiner Band spielst Du ja erst ein knappes Jahr, hast Du für das Album ältere Songs verwendet, sodass das Programm relativ schnell zustande kam oder habt Ihr wie die Weltmeister geprobt und arrangiert, damit die 10 Songs fertig werden?

Wir haben drei Monate geprobt, alte und neue Songs, ein paar Gigs gespielt und dann direkt mit den recordings angefangen. Das ging alles wirklich sehr schnell und wir hatten ’ne Menge Spaß dabei.

Hattest Du Dir vorgenommen, dieses Frühjahr eine CD zu produzieren oder hat sich das so ergeben?

Nunja, der Wunsch meine Musik mal professionell aufzunehmen gibt es schon lange. Als ich dann 2009 mit Emirsian auf Deutschlandtour war und merkte, wieviel Spaß es macht, Songs mit Band zu arrangieren und zu spielen, wurde der alte Wunsch wieder wach. Im Sommer letzten Jahres war dann klar: „Ich mache mein Debütalbum“. Anfangs dachte ich, es mit der Veröffentlichung schon im Dezember zu schaffen, merkte aber schnell, dass dies wohl nicht machbar ist. Es steckt schon sehr viel Arbeit in son einem Projekt.

Du hast mal gesagt, mit dieser Band zu spielen, fühle sich an, wie nach Hause zu kommen/zuhause zu sein. Kanntest Du die Musiker vorher bzw. wart ihr schon befreundet oder hat es einfach musikalisch gefunkt?

Das stimmt. Mit meiner Schwester Regina, die ja auch Bandmitglied ist, zu musizieren ist wie zuhause sein. Wir verstehen uns oft blind. Die anderen Bandmitglieder habe ich tatsächlich erst Ende Februar 2010 kennengelernt.
Ich hatte recht schnell ein Gefühl von Vertrautheit. Es hat definitiv gefunkt. Musikalisch wie menschlich.

Bist Du vorher nur solo aufgetreten?

Keineswegs. Das gemeinsame musizieren mit anderen macht mir viel zu großen Spaß. Mit Regina im Duo habe ich schon einiges gemacht, oder auch im Trio mit einem Percussionisten. Solo hat aber dennoch seinen gewissen Reiz. Und selbst da passiert es immer wieder, daß ich mich plötzlich auf der Bühne mit anderen Musikern wiederfinde. Nach dem Soundcheck, du kommst ins Gespräch, und dann sagt irgendjemand, “ Hey, wollen wir nicht einen Song gemeinsam spielen?“

Warum hast Du Dich erst jetzt dazu entschlossen, Dir MusikerInnen für Dein Solo-Projekt zu suchen?

Das kommt wohl daher, dass ich mich erst Anfang 2010 dazu entschlossen habe, dieses Projekt überhaupt durchzuziehen, sprich als freiberufliche Künstlerin zu agieren.

Was hast Du vorher gemacht?

Ich hatte einfach zu wenig Zeit für die Musik. Das hat mich zwar nicht abgehalten Musik zu machen und auch aufzutreten, doch war ich durch meine Vollzeitstelle als Pädagogin doch ziemlich beschäftigt. Mit Kindern zu arbeiten macht mir großen Spaß, doch kostet es auch unglaublich viel Energie. Seit September letzten Jahres habe ich meine Vollzeitstelle auf eine 40% Stelle reduziert, um mit der Musik zu starten.

Deine Musik hat zwar Country-, Indie- und Popeinschläge, ist aber vor allem folkig. War das schon immer so?

Was die eigenen Stücke angeht schon. Obwohl ich nie bewusst Folksongs geschrieben habe. Das kommt einfach so aus mir heraus. Sicher bin ich geprägt vom Folk, liebe ihn ja auch nach wie vor sehr.

Was bedeutet Dir Folkmusik?

Folkmusik ist wie ein Stück Heimat. Sie hat mich schon immer tief berührt. Auch für folkloristische Musik aus den verschiedensten Teilen dieser Erde. Vielleicht liegt es daran, daß ich mich auch für die Herkunft und Kultur
verschiedenster Menschengruppen interressiere. Es ist aber auch die Einfachheit, das Rohe, manchmal auch Ungeschliffene, was mich am Folk begeistert. Mit einem Song eine Geschichte zu erzählen, sich selbst dabei auf dem Instrument zu begleiten, hat mich als Jugendliche total fasziniert.

In einigen Liedern blitzen beim zweistimmigen Gesang von Dir und Deiner Schwester Regina die Indigo Girls durch! Zählen sie zu Deinen Vorbildern? Wer hat Dich beeinflusst?

Die Indigo Girls kenne ich nicht so wirklich gut. Hab schon mal was von Ihnen gehört, ja. Beeinflusst haben mich eher MusikerInnen wie Joni Mitchell, Sarah McLachlan, Jeff Buckley, Nick Drake, Peter, Paul&Mary, Pink Floyd, Simon&Garfunkel, Bob Dylan, Eddi Vedder, The Beatles, Dvorak, Bach und Mozart, Led Zeppelin, Alex de Grassi, Franco Morone, Ben Harper, Tori Amos und Chris Cornell.

Wie ist Deine Leidenschaft zur Musik entstanden? Über Dich ist ja zu lesen, dass Du in einer musikalischen Familie aufgewachsen bist, wo viel bei der Hausarbeit gesungen wurde.

(Lacht)… nicht nur bei der Hausarbeit. Meine frühesten Kindheitserinnerungen sind davon geprägt. Wir haben praktisch ständig gesungen! Und auch viel Musik gehört. Alle Verwandten sind total musikalisch. Das verbindet uns. Fast jedes Familienmitglied spielt mindestens ein Instrument. Bei Festen wurde immer irgendwas vorgetragen oder gemeinsam gesungen. Ein Leben ohne Musik? Undenkbar für mich! Ich reguliere damit meine Stimmungen oder provoziere sie. Als Kind und Jugendliche hatte ich oft Probleme mich auszudrücken. Ich glaube, das hat die Leidenschaft zur Musik noch verstärkt. Die Musik war und ist bis heute ein Ausdrucksmittel. Obwohl ich mittlerweile gelernt habe, mich auch verbal zu verständigen :p

Dann hast Du zwar Geigenunterricht genommen, Dich dann aber für Gitarre entschieden. Wie kam das?

Den Violinenunterricht habe ich bekommen, und hatte viele Jahre Schwierigkeiten mit dem einhergehenden Druck von Außen. Es ist ja kein einfaches Instrument, und ich war schrecklich ungeduldig und nie zufrieden mit meinem Spiel. Dazu kam noch, dass ich mich – natürlich ohne das Wissen meines Lehrers – 8 Jahre erfolgreich geweigert hatte, die Notenlehre zu studieren. Mit den Anforderungen wuchs der Druck und schließlich flog die ganze Sache mit dem nach Gehör Spielen auf. Die Gitarre hat mich schon immer fasziniert. Wenig Aufwand, große Wirkung! Ich konnte mich beim Singen begleiten und ich entschloss mich, auf diesem Weg weiter zu gehen.

Du bist also nicht den klassischen „Mädchen“-Weg weitergegangen, nämlich, früh ein „klassisches“ Instrument nach Noten zu lernen, sondern hast stattdessen nach dem Gehör gelernt und schon mit 14 angefangen, eigene Songs zu schreiben. Was hat das für Dich bedeutet damals?

Eigene Songs zu schreiben war mein Geheimnis, meine eigene Welt des Rückzugs. Ich konnte machen, was ich wollte, ohne Druck und Vorschriften, wie etwas klingen muss. Es war der Beginn einer – aus heutiger Sicht würde ich sagen – heilsamen Eigentherapie, bei der ich unter anderem lernte, mich selbst besser zu verstehen.

Was bedeutet es für Dich, Deine Texte in Englisch zu schreiben?

Ich fühle mich mit der englisch sprachigen Folkmusik sehr stark verbunden. Das kommt sicher durch meine frühkindliche Prägung, denn bei uns daheim lief fast nur englischsprachige Musik. Reisen in Kanada und den USA haben das Ganze noch mehr gefestigt. Es fällt mir einerseits leichter mich im Englischen auszudrücken, andererseits ist es auch schwieriger, da es ja nicht meine Muttersprache ist.

Deine Lieder sind sehr persönlich, die Texte für Dich sicherlich sehr bedeutsam. Hilft es Dir da, ein bisschen Distanz durch die Sprache zu haben?

Das werde ich sehr oft gefragt. Eigentlich ist dem nicht so. Je persönlicher ein Text wird, desto mehr Mut brauche ich Ihn vorzutragen.

In Deinen Lyrics geht es viel um Beziehungen, um innere Kämpfe und Nähe und Distanz. Ist das Songs schreiben ein Mittel zur Selbstreflexion und ein Ventil für Dich?

Auf jeden Fall. Oft passiert es auch, dass mir gewisse Dinge erst während dem Komponieren bewusst werden. Alles was ich erlebe, wird irgendwie mit der Musik verarbeitet.

Du hast ein Händchen für Melodien, die lang im Kopf bleiben. Entstehen diese zuerst oder mit dem Text zusammen oder nach den Lyrics? Beschreib uns doch mal eine typische Situation, wie Du/Ihr Songs schreib(s)t.

Das ist sehr unterschiedlich. Meistens ist es so, daß die Musik, beeinflusst durch meine Stimmung im jeweiligen Augenblick, sich Ausdruck sucht und findet. Die Lyrics kommen dann später hinzu, wenn ich herausgefunden habe, wohin die Reise geht. Dies ist oft ein sehr emotionaler Prozess. Dann wiederum weiß ich ganz genau, worüber ich schreiben will, was ich zu sagen habe, und der Weg geht anders herum. Zuerst der Text und dann die Vertonung.
Es ist ein Miteinander, ein Verweben, ein Inne halten. Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf, und habe einen komplett arrangierten Song im Kopf. Oder Melodien und Songfetzen. Manchmal sitze ich irgendwo, spiele so vor mich hin, und plötzlich kommen die Ideen. So wie das Leben eben ist. Manchmal geht alles ganz leicht von der Hand und manchmal ist es eben holprig. Natürlich kommt es auch darauf an, welche Ansprüche ich in einen Song lege. Was soll er transportieren? Wie soll er funktionieren?

Welche Erfahrungen hast Du/habt Ihr als Band bisher mit Veranstaltern gemacht? Ist das Booking für eine Band am Start schwer?

Als Newcomering ist es natürlich so, dass niemand dich kennt. Es gibt Veranstalter, die sich über „Neues“ freuen, großes Interresse zeigen und auch unbekannten Bands Auftrittsmöglichkeiten erschließen. Als Band ist es schon schwieriger, es entstehen auf beiden Seiten mehr Kosten, und das schreckt Veranstalter verständlicherweise bei unbekannten Bands oft ab.

Wenn Du die Wahl hättest: mit welchem Musiker/welcher Musikerin würdest Du am liebsten mal Musik machen oder auf der Bühne stehen?

Mark Hollis, Wallis Bird, Ezio, Lisa Gerrard, Milo, Eddie Vedder, Bernard Fanning, Thom Yorke, Justin Currie und Friedrich Paravicini.

Was sind Deine/Eure Pläne für die nahe Zukunft?

Das weitermachen, was ich gerade mache und ein Akustikmusik Festival planen und umsetzen.

CD Claudia Rudek (2011)
http://www.myspace.de/claudiarudek
http://www.claudia-rudek.de/

Konzerttermine:
11.03.2011 CD Release Party
Performance Studios, Homburger Landstr. 410, 60433 Frankfurt
Beginn: 20:30

16.03.2011 live im Beans – solo
Café Beans, Lutherplatz 6, 63225 Langen
Beginn: 20:00

09.04.2011 mit Regina Schmitz, Support für Cris Cosmo
Kulturcafé, Groß Gerau
Beginn: 20:00

13.04.2011 Singer-/Songwriter Abend
Akustik Bühne, Reinheim
(mit Claudia Rudek, Matt Muldoon, Vanja Dingeldein, der Ramschladen)
Beginn: 20:00

Autorin: Mane Stelzer

07.03.2011