Dozentin im Porträt: Monika Roscher
18. Hessische Frauen Musik Woche
Monika Roscher studierte zunächst Jazz-Gitarre und Klavier in Nürnberg und München, ehe sie ihren Master in Komposition machte. Schon während ihres Studiums an der Musikhochschule gründete sie die Monika Roscher Bigband, jedoch mehr zufällig, als geplant: eine Eigenkomposition für Big-Band-Besetzung trug der 1984 geborenen Jazz-Gitarristin von allen Seiten so viel Lob ein, dass sie sich entschloss, diesen Weg weiter zu verfolgen. Gemeinsam mit Freunden und Mitstudenten, die auch heute den Kern der Besetzung bilden, wurde Monikas Diplomabschlusskonzert im Sommer 2010 zum ersten gefeierten öffentlichen Auftritt ihrer Big Band umfunktioniert. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Kaum dass die Bandleaderin den Backstagebereich verlassen hatte, bot ihr auch schon der zur Zuhörerschaft gehörende Produzent Philipp Winter an, eine CD aufzunehmen. Mit dem Ergebnis bewarb sich die Band für ein Stipendium bei der Landeshauptstadt München und wurde prompt mit einem Musikstipendium der Stadt München belohnt. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Band gerade einmal ein halbes Jahr.
Zeit genug, um mit so ziemlich jeder Hörerwartung, die an eine klassische Big-Band-Besetzung geknüpft ist, zu brechen. Wer traditionellen Swing à la Count Basie und Duke Ellington erwartet, liegt völlig falsch. Zwar sind die Kompositionen, was weiträumige Harmonik und ausgedehnte Soloparts angeht, dem Jazz verhaftet, aber das besondere Augenmerk auf – mitunter filmisch anmutende – Klangtexturen und die farbenreiche, emotional direkt zugängliche Bildhaftigkeit zeugen von einer großen geistigen Nähe zum zeitgenössischen Musikgeschehen der Indie-, Elektro- und Triphop-Szene.
Im Dezember 2012 feierte die Band im Indietempel der Landeshauptstadt, dem Atomic Café, den Release ihres offiziellen Debüt-Albums „Failure in Wonderland“, welches beim Jazz-Traditionslabel Enja erschienen ist. Seitdem schlagen die Wellen höher und höher, Zeitungen wie die Süddeutsche Zeitung, Stern, Le Monde, die Jazzzeitung und das renommierte Downbeat-Jazzmagazin zeigten sich begeistert vom Album und der Idee einer Indie-Big-Band. 2013 tourte die Band quer durch Deutschland und darüberhinaus. Highlights waren Auftritte auf dem jetzt schon europaweit absoluten Kultstatus genießenden Fusion Festival, ein Doppelkonzert auf dem internationalen Südtiroler Jazzfestival und das live im Radio übertragene Abschlusskonzert des Berliner Jazzfests, wo die Band sich die Bühne mit Jazzlegende John Scofield teilte. Die Frankfurter Allgemeine sprach von einem „unglaublichen Spielniveau“ der jungen Musiker und der „Überraschung der Saison“.
2014 wird die Band mit dem Echo Jazz als „Newcomer des Jahres National“, einem Musikstipendium der Stadt München und dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet. Der Downbeat listete sie in seiner jährlichen Kritikerbefragung als „Rising Stars“.
In Kürze wird der zweite Streich der vielköpfigen Truppe: „Of Monsters And Birds“ auf Enja veröffentlicht (VÖ: 15.04.2016) und er steht dem ersten in Sachen Experimentierfreude und Gestaltungskraft in nichts nach. Roscher ließ sich diesmal von zwei Begegnungen mit der Vogelwelt inspirieren – eine mit einem zwitschernden Vogel vor ihrem Fenster und eine mit einem majestätischen Greifvogel in ihrem Hinterhof, der stoisch sitzen blieb, obwohl sie sich näherte: „Das Bild dieses fremden, majestätischen Vogels mit dem magischen Blick, der in vollkommen ungewohnter Umgebung ausharrte, trug ich einige Zeit mit mir herum. Es erinnerte mich an all jene Kräfte, die uns manchmal vergessen lassen, woher wir kommen, wer wir sind und wohin wir noch wollen. Kräfte, die uns zu lähmen drohen und uns unserer Energie berauben. Das sind die Monster, die ihren Spuk in Stücken wie „New Ghosts of the Century“ oder „Illusion“ treiben. „Of Monsters and Birds“ schien mir daher der genau passende Name für dieses Album zu sein.„. Das Stück „Full Moon Theatre“, das bereits als Video ausgekoppelt wurde und die Studioaufnahmen in den Bauer Studios zeigt (https://www.youtube.com/watch?v=x6cUiMVylzM), lässt schon erahnen, dass dies wieder ein grandioser Soundtrack geworden ist, der erneut die Genres Rock, Jazz, Indie und Electro mischt und ungestüm, polyrhythmisch, laut rumpelnd, aber auch zart und witzig daherkommt und vor allem eins ist: spannend. Denn Roscher ist keine Freundin von vorhersehbaren Partituren: „Ich will mich überraschen. Es gibt diese Momente, da denke ich, jetzt halt ich’s selber nicht mehr aus, da suhlt man sich so in einem Gefühl, dass ich denke, jetzt brauche ich unbedingt eine Wendung.“ (Jazzthing April/Mai 2016)
Livetermine:
15. April Ampere München
16. April Hubertussaal Nürnberg
Was bedeutet Dir Musik?
Musik ist Freiheit.
Musik ist Kommunikation mit anderen Musikern, spannend, weil man nie weiß, was passiert; es ist Risiko.
Musik ist Emotion, verstärkt Gefühle, gibt mir neue Gefühle.
Musik hört nie auf, man entdeckt immer neues, man kann sich entwickeln, und ist meistens unter sehr sozialen Leuten, weil alle Musiker wissen, dass man zusammen Musik macht, und deshalb miteinander arbeitet; es ist kein Wettkampf, sondern ein gemeinsames Projekt.
Musik sagt Dinge, die Worte nicht sagen können.
Dein schönstes Erlebnis auf der Bühne?
Ich erinnere mich an sehr viele schöne Erlebnisse, das ganze ist ein Flow, wenn wir z.B. gemeinsam mit meiner Bigband spielen, die Band abhebt, sich jeder in die Musik hineinstürzt und sich eine Euphorie ausbreitet, die auf die Zuhörer überschwappt, das finde ich super!
Lustig war auch mal, als unser Sound-Designer (Laptop-Elektriker) auf der Bühne mit seinem Laptop ein Solo gespielt hat, die komplette Band war leise, und unser Sound-Designer ging ab wie Schnitzel, weil er sein Solo total cool fand, nur hat er vergessen, es laut zu machen, er hatte Kopfhörer auf und niemand außer ihm das Solo gehört, es war ungefähr 20 Sekunden Stille, alle haben sich fragend angeschaut, ein Sound-Designer der völlig durchdreht und man hört nix! Und erst nach dem Konzert hat er erfahren, dass außer ihm niemand was gehört hat:)
Welches ist Deine Lieblingsmusik?
Ich habe keine Lieblingsmusik, das ändert sich die ganze Zeit. In allen Stilen gibts es etwas, das ich cool finde.
Es gibt immer Musik, die mich eine Weile fasziniert, und dann kommt wieder was Neues, und manchmal höre ich wieder was Altes. Gerade mag ich Goreckis 4.Sym, die habe ich live in London gesehen, eher durch Zufall bei der Uraufführung, und das hat mich weggebeamt! Mit so einer einfachen Melodie, so eine Erbarmungslosigkeit und dann wieder so eine fragile Melodie, das war ganz grandios. Jetzt kam die CD raus, sehr gruselig, aber unglaublich spannend, man wird gezwungen körperlich dabeizubleiben, weil diese Musik einen so in den Bann zieht.
Was möchtest Du beim Unterrichten vermitteln oder weitergeben?
Freiheit, Kommunikation, Handwerk und Spaß, v.a. selbst bleiben, Risiko und Experimentieren.
Wer oder was inspiriert Dich?
Menschen, Zeitgeist, Natur, Gespräche, Feste, Konzerte, Vögel, Türen, Musik, Politik, Erlebnisse, die einen lebendig fühlen lassen.
Hast Du (außer Musik) noch andere Hobbies?
Ja, ich mach schon noch andere Dinge, aber nichts regelmäßig, und irgendwie ist das doch immer mit Musik verbunden.
Ich geh joggen oder kletter,n wenn ich ein Stück auf dem mp3 Player hören will, oder ich gehe spazieren zum Vögel aufnehmen, damit ich die danach analysieren kann. Sonst normal, Essen, lesen, Freunde treffen und Musik machen, Musik hören, Musik schreiben, auf Konzert gehen, das war schon wieder was mit Musik…
(Titelfoto: Emanuel Klempa)
Autorin: Mane Stelzer
29.03.2016