Dozentin im Porträt: Hazel Leach

19. Hessische Frauen Musik Woche

Bald ist es so weit und die Frauen Musik Woche geht wieder an den Start! Für die 19. Frauen Musik Woche vom 23.-29.04.2017 haben wir wieder interessante Dozentinnen engagiert, die Euch eine spannende Woche voller Musik bescheren werden. Wir stellen Euch in den folgenden Wochen unsere Dozentinnen vor.

Mit Hazel Leach haben wir eine Musikerin für die Frauen Musik Woche gewinnen können, die auf viele Jahre Berufserfahrung als Dozentin zurückblicken kann. Sie wurde 1956 im Norden Englands geboren und studierte Flöte und Saxophon an der Newcastle School of Music (GB). Nachdem sie einige Jahre als freiberufliche Musikerin/Arrangeurin in den englischen „clubs’n’pubs“ gearbeitet hatte, zog sie 1979 in die Niederlande, wo sie arbeitete und weiter studierte. Von 1985 bis 2010 war sie als Dozentin für Theorie in der Jazzabteilung der Musikhochschule Arnheim tätig und gab auch Workshops und Lehrgänge u.a. in Harmonielehre, Gehörbildung, Songwriting und Arrangieren. Leach sagt dazu: „Wie viele andere Studierende auch begann ich zu unterrichten, um ein bisschen Geld zu verdienen, aber ich entdeckte, dass ich mehr bekam als Geld. Denn die Studierenden lehren- ob sie es wollen oder nicht – immer auch ihre LehrerInnen„. Im Laufe der Jahre hat sie eine Reihe von Kursen entwickelt, für Amateure und Profis, für Individual- und Gruppenunterricht (Infos hierzu: http://hazelleach.com/de/profil/dozentin/2/).

Daneben hat sich die Musikerin aber vor allem als Orchesterleiterin und Komponistin für Orchester einen Namen gemacht. So ist sie wohl den meisten als Co-Leiterin des United Women’s Orchestra, kurz UWO, ein Begriff. 1992 gründete sie mit Christina Fuchs das legendäre Orchester, das 17 Jahre bestehen sollte. Wir hatten die Ehre, sie noch nach ihrer Auflösung 2009 bei unserer Jubiläums-Veranstaltung mit dem Frauenreferat in Frankfurt dabei zu haben. Über die Motivation, dieses Ensemble zu gründen, erzählte Christina Fuchs in einem Interview einmal folgendes: „Wir hatten das gleiche Interesse: für große Besetzungen zu schreiben und einen eigenen Klangkörper zu haben, für den man schreiben kann. Vor 25 Jahren, so lang ist das her, waren Frauen komplett unterrepräsentiert. Da haben wir gedacht, diese Leerstelle sollte gefüllt werden: Wir machen ein Ensemble von und für Frauen. Wir haben dann eine Ausschreibung gemacht und abgewartet, wer sich da so meldet. Die Resonanz war überwältigend. Wir haben in das Ensemble eine Menge Zeit und Energie hineingesteckt. Für mich ging es darum zu beweisen, dass Frauen eine Big Band genauso professionell konzipieren und realisieren können wie Männer. Das war für mich ein wichtiges persönliches Anliegen, weil ich immer hören musste: „Ja, Frauen, hm …, könnt ihr das denn auch?“ So dachte ich, es muss halt mal bewiesen werden, dass es geht. Genau das haben wir gemacht, und irgendwann war es dann auch gut“. (Interview mit Ferdinand Dupuis-Panther bei Jazz’Halo 2016) Nicht nur sorgte das Orchester für Aufsehen, weil es rein weiblich besetzt war, sondern auch, weil es ausschließlich Eigenkompositionen der beiden Dirigentinnen spielte. Hazel Leach schrieb für das Orchester zahlreiche, z.T. preisgekrönte Stücke, spielte drei CD’s ein und produzierte sie, und gab in dieser Zeit diverse Bigband-Workshops. Das Orchester spielte 2009 seine letzten Gigs.

Bereits zwei Jahre danach weitete sie das Konzept aus und gründete das Composers’ Orchestra Berlin (C.O.B.), ein großes Orchester mit Streichern, Bläsern und Rhythmusgruppe. Im Unterschied zum UWO wirken hier auch Musiker mit – unter den 24 MusikerInnen sind 11 Musikerinnen – und alle Mitglieder sind zugleich improvisierende SpielerInnen und KomponistInnen. 2014 erschienen 2 CDs (s. MELODIVA-Review von „Free Range Music“: https://www.melodiva.de/cdreviews/free-range-music/). Jedes Stück überrascht, erzählt Geschichten, und schafft einen genreübergreifenden Raum in dem unterschiedliche Stile – Klassik, Jazz, Weltmusik, Pop oder Neue Musik – kombiniert werden. Ihre Konzertreihe „Carte Blanche“ featured jeweils einen oder zwei Mitglieder des Orchesters; sie erhalten die „Carte Blanche“, um das Programm des Abends mit ihren Kompositionen für das COB wie auch für ihre eigenen Ensembles zu gestalten. www.composersorchestraberlin.com

Cobblestones‘ Festival (Foto: Daniela Incoronato)

2016 fand das Konzept einen weiteren Höhepunkt im Cobblestones’ Festival („Cobblestones“ – „Kopfsteinpflaster“ – meint einen Verbund einzelner Steine, die ein tragfähiges Ganzes ergeben). Es präsentierte in der Werkstatt der Kulturen in Berlin Kreuzberg an drei Abenden jeweils drei Bands der Mitglieder und zum großen Finale das komplette COB.

Musik von Hazel Leach gibt es auch auf der CD „Songs From The Edge“ (JazzHausMusik) der Band PLoTS zu hören. Die Kölner Pianistin Laia Genc, die bereits im UWO gespielt hatte, setzte darauf mit ihren niederländischen Kolleginnen Tessa Zoutendijk (Geige) und Esmée Olthuis (Saxophone) sowie der ebenfalls in Köln lebenden deutsch-afghanischen Sängerin Simin Tander Leach’s Kompositionen brilliant um. Den Zyklus von acht Liedern schrieb Leach nach einer Reihe von Gesprächen über Psychosen. „Diese Lieder sind eine Interpretation, ein Versuch, einige Aspekte von Psychosen von innen her auszudrücken. Sie können verstörend sein, aber so sind Psychosen„, sagt die Komponistin über ihre Stücke.

Weitere Meilensteine, die ihr internationale Anerkennung einbrachten, waren Engagements als musikalische Leiterin des “JazzArt Orchestra” (2002), Einladungen als „Resident Composer“ an der „Omi International Music Residency“ in New York (2002) sowie „Artist-in-Residence“ an der „Berklee School of Music“ in Boston (2006). Im August 2005 war sie Kuratorin an der „Omi International Music Residency“ in New York, zur selben Zeit hielt sie Vorträge an der Columbia University (NY), Harvard sowie der „Berklee School of Music“.

2009/2010 komponierte sie “Das Geheimnis von Schlabendorf“– eine Zeitgenössische Dorfmusik – in der Veranstaltungsreihe Paradies 2 von der IBA (Internationale Bau-Ausstellung), ausgezeichnet mit dem BKM-Preis für kulturelle Bildung 2011. Das ambitionierte Werk setzte sich mit den Auswirkungen des Kohlebergbaus in der Region auseinander: “2010 feiern rund 300 Schlabendorfer das 800-jährige Bestehen ihres Dorfes. Dabei sollte der Ort dem Bergbau zum Opfer fallen. 31 Jahre saßen die Bewohner auf gepackten Koffern. Durch die politische Wende 1989 kam der Tagebau gerade noch rechtzeitig zum Stehen. Heute leben die Menschen in sanierten Häusern, genießen einen See vor ihrer Haustür und das Sielmannsche Naturparadies auf der gegenüberliegenden Uferseite. Die Komponistin Hazel Leach hat sich von den Schlabendorfern ihre Geschichten erzählen lassen. Mehrere Generationen brachten ihre ganz persönlichen Erinnerungen ein. Vor diesem Hintergrund ist eine zeitgenössische Dorfmusik entstanden. Sie wird an Aufführungsorten zwischen altem Dorfkern und neuem Hafen von den Dorfbewohnern zusammen mit Musikern aus der Lausitz und einem Ensemble aus Griechenland aufgeführt: Insgesamt sind 200 Menschen an den Aufführungen beteiligt“ (Zitat von Leach’s Website). 2014 komponierte sie die Friedenssinfonie „Dona Nobis Pacem“ (www.friedenssinfonie.de) für die beteiligten deutschen und polnischen Orchester.

Was bedeutet Dir Musik?
Ein Welt und eine Sprache, die zugleich persönlich und universell ist.

Dein schönstes Erlebnis auf der Bühne?
Wenn sich ein Orchester meine Musik zu eigen macht und damit fliegt…

Welches ist Deine Lieblingsmusik?
Viel zu viele, um spezifisch zu sein. Alles was ’straight to the heart‘ geht.

Was möchtest Du beim Unterrichten vermitteln oder weitergeben?
Wie man die eigene Sprache entwickeln kann, egal ob es darum geht, zu spielen oder zu komponieren und welches Fachwissen dafür nützlich ist.

Wer oder was inspiriert Dich?
Wieder… viel zu viel. Das Leben. Alle Leute, die passioniert sind…

Hast Du (außer Musik) noch andere Hobbies?
Lesen, Kino, Tanzen, Garten… schade, dass die Tage immer zu kurz sind.

Wir freuen uns auf Eure Anmeldungen (übrigens: baldige Anmeldungen verschaffen uns Planungssicherheit und garantieren, dass alle Workshop-Gruppen stattfinden können!). Alle Infos zur Hessischen Frauen Musik Woche findet Ihr hier: http://www.frauenmusikwoche.de/

www.hazelleach.com
Autorin: Mane Stelzer

23.01.2017