DJanes on Top – Teil 6

DJane-Aroma, Berlin - "Electronic Wildstyle" & Discopunk

Sie ist DJane, Musikproduzentin und Fachautorin und hat ein eigenes Label „aromamusic.com„. Mit ihrem Live Act „Discopunk“ ist sie in namenhaften Clubs unterwegs und zählt zu den 50 international beliebtesten DJs.

AROMA – HERSTORY

Wie kamst du zur Musik?
Eigentlich eher Zufall, habe schon immer Platten gesammelt weil mich Musik immer sehr berührt hat. Dann wurde ich gefragt ob ich auflegen will weil man einen DJ brauchte und alle von meiner großen Plattensammlung wussten, Und das hat mich dann angefixt, ich hab einfach gemerkt dass ich damit unheimlich viel Spaß habe und die Leute einen guten Abend haben wenn ich auflege. Vorher habe ich immer heimlich auf den Plattenspielern von so Hiphop Freunden Scratchen geübt, weil die mir das immer nicht erklären wollten… Sonst hätte ich auch keine Ambitionen auf Profimucken gehabt, mir war schon immer klar dass das ein männlicher Haifischteich ist, gerade das Labelbuisness. Und Chorsingen oder klassisch Instrument spielen war für mich sowieso seit der Teenagerzeit kein Thema mehr….

Wie und warum kamst du zum Produzieren?
Ich habe mich mit endlosen Eierreiber Produzenten Herumgeschlagen um dann letztendlich deren Sound mit meinem Namen zu Hören. Dazu bin ich nicht blond genug, wo DJ Aroma oder Discopunk draufsteht muss auch hundertprozent mein Sound drin sein. Und ich lass ja auch niemanden auflegen und such nur die Platten heraus. Und ich schwöre der Weg war sauhart, ich hab angefangen 1994 mir Produzieren beizubringen und einen Liveact wollte ich dann seit 1997 machen. Ich hab geschuftet wie ein doofe und bin zum Nerd mutiert, aber jetzt spiele ich seit ca.4 Jahren einen Liveact und meine Platten klingen nach mir. Dieses Jahr kommt meine 20 Veröffentlichung am 26.6.

Mir ist nach wie vor wichtig den fettesten Sound zu haben und so langsam mit der Erfahrung merke ich auch dass es mir stellenweise echt gelingt einen Druck zu haben der die Leute (im guten !) wegbläst. Ich finde es immer geil wenn man als Liveact fetter klingt als die DJs vor und nach einem mit ihren gemasterten (!) Platten. Aber ich will schon noch auf richtig riesige Bühnen mit dem Liveset und da werde ich dann noch mal durch die Lernphase gehen. Momentan hab ich so zwischen 200 und 2500 Leute. Und das geht schon größer….

Ich bin übrigens kein Männerhasser, im Gegenteil, die Jungs haben mich immer unterstützt und tun es auch heute noch wenn ich Fragen habe oder ich selbst nicht weiss wie ich was löse. Da gibt es eigentlich auch keine Genderkonflikte, denn wir sind eine große Familie wo alle sich helfen. Und ich hatte verdammt gute Lehrmeister, die unendlich Geduld mit mir hatten, das hätte ich alles nie auf einer Schule gelernt. Ich glaube sogar die Jungs finden es gut wenn sie mich dann rocken sehen, weil ich sie auch wissen lasse wie sehr sie mir geholfen haben. Und man muss deren Sprache sprechen, so mädchenmässig „ich will ja gerne, aber kannst du erst mal für mich…“ das läuft da eben nicht. Jungs machen eben lieber und wenn Frau dann auch einfach macht, dann geht’s auch.

Warum bist du von München nach Berlin gezogen?
Weil in München für mich einfach irgendwann Schluß war. Ich war stadtbekannter DJ und hatte über 3 Jahre meine eigene Radiosendung und jeder kannte mich. Aber ich wollte ja mehr und ging deshalb nach Berlin. Gute Entscheidung übrigens, ich wäre heute sonst nicht da wo ich bin, auch wenn München entspannter und geldiger ist.
Was hat dich veranlasst selber ein Label zu gründen?
Ich verbringe lieber meine Zeit mich um die Vermarktung meiner Künstler zu kümmern, als A+Rs zu erklären warum Musik gut ist. Und so kann ich etwas Aufbauen und was für andere tun. Ich glaube auch, dass die augenblickliche Krise der Industrie eigentlich ganz gut ist, da wir Spartenheinis sowieso nie in deren Krisenproblematik geraten, die aber endlich mal lernen müssen dass es bei Musik um Emotion geht und nicht darum irgendwelchen Nasen noch mehr Müll anzudrehen.

TECHNIK TALK

Wie würdest du deine Beziehung zur Technik beschreiben?
Ich steh voll auf die Möglichkeiten der Technik. Die kritische Wissenschaft hat uns gelehrt, dass man Handbücher liest, aber dann trotzdem seinen eigenen Weg findet und da sind die Grenzen höchstens die des Denkens. Wer hätte schon vor 10 Jahren gedacht, dass ich mal mit 1, 8 Kilo auf dem Schoß (mein Samsung Laptop), der eigentlich für chice Büroanwendungen gebaut ist, ein ganzes Studio in mein Bett mitnehmen kann. Oder damit eine Menge von tausend Menschen rocken kann. Ich weiss noch als ich mit dem ersten Pentium eins Laptop den Liveact anfing, da sagten alle ich spinne, aber ich habe bis heute das Gegenteil bewiesen (echt ?). Technik ist immer mehr eine Wissens und keine Geldfrage mehr und deshalb bin ich restlos begeistert, wissbegierig und total süchtig. Und ich rede auch viel mit meinen Freunden über Technik, denn jeder hat so seine spezielle Art der Sabotage…..

Die neuesten Geräte immer zu haben finde ich eigentlich gar nicht so interessant, das passiert bei mir oft genug denn ich schreibe ja auch über Technik, also bekomme ich oft Testgeräte. Aber ich brauche auch eine gewisse Zeit um die Möglichkeiten einer Kiste herauszukitzeln. Also muss ich schon vorher eine Entscheidung treffen, das ist aber reine Zeitökonomie, denn Instrumente muss man ja auch erst lernen und jede neue Kiste ist ja irgendwie wie ein Instrument. Und das Besitzen bringt einen ja nicht weiter, außer man will mit seinem fetten Studio andere beeindrucken. Der Punkt ist das Können und das Wissen.

Manchmal haben Kisten auch nur einige Sounds die gut sind, die Kiste taugt aber insgesamt nicht oder ist zu Teuer. Dann sample ich mir das Gerät und die Sounds und arbeite dann softwaremässig weiter. Bei mir zuhause wird immer ein Gerät verkauft wenn ein neues kommt, das hilft die Übersicht zu behalten und zwingt einen Entscheidungen wirklich abzuwägen. Ich habe letztens sogar meinen Liebling, die MPC verkauft, aber ich hab die fast ein halbes Jahr nicht benutzt, also musste sie gehen.

Auf der Musikmesse hast du Ableton Live promoted und hattest zwei Laptops dabei. Gibt es Situationen in denen du doch lieber noch Hardware mitnimmst?
Also ich spiele den Liveact seit fast zwei Jahren fast ausschließlich mit Ableton und den Laptops. Und eigentlich bräuchte ich nicht mehr. Wenn ich ehrlich bin, machts die Soundkarte und die Fernsteuerungen und natürlich das Programm, was ich echt gelungen finde. Ich könnte theoretisch den Liveact auch auf dem Samsung X 10 alleine spielen, aber mit zwei Rechnern ist das komfortabler. Hardware, die ich sonst manchmal dabei habe ist eigentlich überflüssig, zumindest klanglich, aber es ist eben ganz geil für das Publikum wenn man sichtbar was live schraubt. Aber ob ich an einem Hardwaresynth oder über eine Fernsteuerung an einem Softsynth schraube ist meines erachtens klanglich das selbe.

Was vermisst du noch beim heutigen Stand der Technik?
Ich hätte gerne eine fette Konsole mit integrierter Soundkarte, über die ich zwei Rechner fernsteuern und abmischen kann. Alles was es hierzu bis zum heutigen Tag gibt ist pipikram und es hat mal wieder keiner der Hersteller an die Ergonomie in der Praxis gedacht. Selbst bei meinen Fernsteuerungen die ich benutze bin ich nicht zufrieden, weil die Regler echt Plastikkram sind und viel zu klein. Das steht auch im Preis Leistungsverhältnis in keiner Relation was der Krempel kostet. (260 E für eine lausig verarbeitete Kiste…)

Was würdest du unseren Melodiva Leserinnen empfehlen, die sich mit Recording und Produktion beschäftigen möchten, aber bisher angesichts des riesigen und nicht gerade übersichtlichen Angebotes an Hard- und Software noch keinen Einstieg gefunden haben?
Kauft euch einen Rechner und fangt einfach an.
Und wenn ihr nicht weiter kommt……?
Das Buch dazu schreibe ich dann……!

Aroma-Tools:
Notebooks, keine Macs !
Ableton Live
Reason Redrum und Malström
Logic EVP 88
Cubase Arpeggio Plug
Melodyne
FM 7 und Traktor von NI

Aroma-Flops:
Dass Technics jetzt bei Panasonic angegliedert ist
Fruity Loops 4, war früher viel cooler bis zu 3.5.
Dass man immer noch nicht 20 Logic Spuren gleichzeitig aufmachen kann
UMTS, braucht man nicht, gibt W- Lan
Dass es immer noch keinen Laptop mit einer ordentlichen onboardsoundkarte gibt

AROMAS WORK

Du sagtest auf der Musikmesse, du hast eine riesige Plattensammlung (10 000?) und möchtest nur die wichtigsten (1000?) behalten um auch wiedermal umziehen können. Nach welchen Kriterien sortierst du aus?
Produktion und Bedeutung. Die erste Frage ist, kann ich mir die Platte überhaupt noch anhören oder ist sie so „dünn“ dass ich sie gar nicht mehr auflegen kann, weil sie klanglich nix bringt. Und zweitens, nach 10 Jahren Auflegen gibt es einfach Klassiker und alltime Favourites, die dürfen nicht gehen. Der Rest wird verschenkt/verkauft/ver…????

Der klassische Unterschied zwischen „Auflegen“ und „Livespielen“ verschwindet ja zusehends. Wie ist deine Arbeitsweise?
Das darfst du so eigentlich gar nicht fragen, denn dann kommt die GEMA mit ihrem unverschämten Vorstoß doch noch durch, dass Livespielen auch kein abrechenbarer künstlerischer Prozess ist, so wie auflegen und Remixen. Ich rate jedem dieses Jahr tatsächlich mal auf die Mitgliederversammlung zu gehen und gegen diesen Vorstoß zu wählen, der soll nämlich dieses zur Abstimmung gebracht werden. Das ist eine Frechheit uns Musikern gegenüber, auch den künstlerischen DJs. Wir spielen Woche für Woche unseren Stuff in den Clubs und sehen dafür kaum bis gar kein Geld für unsere Urheberrechte! Das ist eine Riesenfrechheit, denn eigentlich sollten wir so wie in Amerika dafür noch mal extra Geld bekommen anstatt dass die Clubbesitzer bluten und wir leer ausgehen. Als Liveact kann ich ja momentan bei der GEMA eben noch Geld bekommen aber das soll eben abgeschafft werden und ich möchte mal bitteschön wissen wieso? Ich spiele meine Musik, die ich selbst gemacht habe (meist übrigens ohne Samples) und das auch tatsächlich und 100% live. Also warum soll ich nicht dasselbe Recht haben wie ein „analoger“ Musiker der z.B. Trompete spielt, der kann ja auch Einzelabrechnungen bei der GEMA beantragen und das wird nicht in Frage gestellt.

Mit Remixen gehen die ja genauso um, da darf man dann gnädig darum bitten eine Bearbeitung verrechnet zu bekommen, obwohl man vom Original vielleicht nur zwei Sekunden Vocals verwendet hat und sich die Platte auch nur wegen dem Remix verkauft hat. Da kann dann wieder der Act absahnen, der das lahme Original gemacht hat, denn die bekommen die ganzen GEMA Gelder. Aber das ist klassische Zuhälterei von Majorlabels und eingfahrenen Strukturen, das ist nicht anders als bei der Mafia, da wird Wissen verschleiert und wer am Tisch sitzt meckert nicht sondern nimmt die Brosamen……
Klar arbeite ich als Liveact auch nach meiner Struktur beim DJing, ich sehe worauf die Leute abgehen und kann mein Set daraufhin bauen. Das ist eben wirklich Live und klingt auch nur an dem speziellen Abend so. Umgekehrt lege ich als DJ auch gerne mit dem Laptop auf, weil es für mich technisch keinen Unterschied macht ob ich mit Traktor oder mit Vinyl Mixe, der kreative Prozess bleibt der selbe und das Ergebnis auch. Das ist wie beim Liveact alles mehr eine Frage der Rezeption , sprich der Diskurs der vom Publikum ausgeht. Und wenn die schon keinen Unterschied machen zwischen Livespielen und Laptopdjing, wie sollen dann 50 Jährige Männer in den Entscheidungsgremien der GEMA kapieren was wir da eigentlich jedes Wochenende machen? Aber wie du siehst, es gibt hier immense Wissenslücken beim Publikum und man kann nur begeistern, wenn man nicht müde wird alle einzuweihen. Wissen ist basisdemokratischer und gefährlicher als jeder Terrorismus!

Was ist charakteristisch für eine Aroma-Produktion? Worauf legst du besonderen Wert?
Emotion und Klang. Sie muss dich berühren und sie muss die klanglich verzaubern. Und wenn ich Maxis für DJs mache muss sie auch rocken auf einer Tanzfläche. Ich mache total unterschiedliche Sachen. Klar komme ich aus dem Techno und das hört man, aber gerade arbeite ich an einer Hiphop Produktion und im Sommer gebe ich einige Tracks zu einem Tanztheaterstück auf einem großen Flamencofestival. Mein Album, das zum Ende des Sommers kommt ist auch von 95 BPM bis 130 alles quer durch den Elektronikgarten. Ich nenne das Electronic Wildstyle, so wie auch für das Label. Wir sind alle so wilde Blumenkinder die sich eben keinen Grenzen zwischen Elektro, Breaks, DnB, House, Ambient oder Techno unterwerfen.

GENDER TALK

Was sind deiner Meinung nach die Gründe dass Frauen selten im Bereich Musikbusiness, Musikproduktion, ganz besonders in der Elektronischen Musik zu finden sind?

Weil sich Frauen eben auch wie Frauen verhalten und nicht an ihrer Sozialisation zweifeln… Und weil die Jungs schon irritiert sind wenn so ein fremdes Wesen zwischen ihnen auftaucht und auch noch den Code beherrscht. Das bringt sie in Gefahr, denn sie sind dann nicht mehr die souveränen Chefs. Damit fällt natürlich aus, dass Frau Sexobjekt bleibt, an solchen Frauen könnte man(n) sich ja die Pfoten verbrennen… Natürlich gibt es auch entspannte Jungs, die schon in der Familie gelernt haben, dass immer alle das machen sollen was sie am besten können, also wenn sie gerne Lötet kann er auch gerne Häkeln. Und mit denen ist es easy, aber so im gesellschaftlichen Mittelwert. NO WAY, die glauben es dir immer noch nicht, dass du dich mit Computern vielleicht besser auskennst als sie und sie wollen es auch nicht wissen. Viele Männernetzwerke lassen Frauen ja nach wie vor nicht zu, ganz diskret und ohne es jemals zu thematisieren. Oder wie viele Frauen kennst du die z.B. die A+Rs sind (aber nicht bei Ihrem eigenen Label!) oder andere Knotenpositionen haben? Und dann werden ja auch gefährliche Frauen gerne von der Gesellschaft verschwiegen, das ist fast das schlimmste. Oder wie viele Produzentinnen kennst du, über die geschrieben wird? Ich kenn die meisten von der Arbeit, und sie sind alle gut, soweit ich deren Arbeit beurteilen kann. Aber geschrieben wird trotzdem meistens über die Männer oder die Figuren wie Chicks on Speed oder Peaches und solche Leute, die den Genderdiskurs einfach abfeiern im Popstil ohne tatsächlich gefährlich zu werden.

Leider sind die Frauen an Ihrer Misere auch ein wenig mitschuld, das mag in diesem Kontext jetzt mega unpopulär sein, aber vielleicht erreiche ich was, wenn ich mich jetzt angreifbar mache: Die ganzen reinen Frauenveranstaltungen, die ich bis jetzt gesehen habe waren alle so was von unprofessionell und schlecht, dass man sich damit keinen Gefallen tut. Klar sorgt die Gesellschaft dafür dass wir Wesen zweiter Klasse sind, aber wir werden es solange bleiben, solange wir nicht dagegen aufstehen. Und dazu gehört für mich, dass ich bei einem Frauenfestival nicht die Opferrolle einnehme und sage: heute dürfen wir auch mal. Das impliziert ja auch ausnahmsweise dürfen die Frauen. Sondern da würde ich eine hochprofessionelle, rotzfreche Nummer machen mit wirklich guten Leuten, die auch Vorbilder für andere Frauen sein können. Damit würde Frau auch viel mehr Respekt bekommen, denn dann könnte man sich Stolz nach außen zeigen. Und nicht mit lausigen Veranstaltungen in der Öffentlichkeit stehen, wo die Hälfte der Technik nicht geht und die Siebdruckgruppe das mit den Plakaten verbaselt…… etc. Und am coolsten wäre es so ein Fest heimlich zu organisieren, als „normale“ Veranstaltung und dann sind da plötzlich nur Frauen. Bei Konzerten oder Lineups ist das umgekehrt oft der Fall, dass da nur Männer sind aber das steht ja auch nicht als „Männerfestival“ auf dem Flyer.

Wie reagieren Kollegen, Veranstalter, Leute aus dem Business auf dich? Was nervt dich daran, was findest du gut?

Frag die anderen, ich kann das ja nicht beurteilen ! HHHHaaaaa! Aber mal im ernst ich hatte gerade mal wieder eine Diskussion mit einem Tontechniker beim Soundcheck, der mir erzählen wollte das Brummen käme von mir! Ich glaube ich bin manchmal schon ein Monster, aber nur wenn ich für blond verkauft werde, behandelst du mich mit Respekt mache ich es auch. Ich bin natürlich ein kleiner Perfektionist, aber ich bin mit der Musik schon weit gekommen und will auch noch weiter damit, also muss ich es ja sein, das bin ich mir und dem Publikum schuldig. Auch wenn es im Vorfeld anstrengend ist, nachher lebt man besser damit. Klar kann das andere Leute nerven und die halten dich dann für eine Diva, aber ich bestehe nur auf dem ausgemachten. Besagter Tontechniker war zwei Stunden nach dem Soundchecktermin immer noch nicht fertig, und da musste ich dann eine Ansage machen, weil es mich in Probleme bringt dass er mist baut. Und letztendlich fällt das am Abend nicht auf ihn sondern auf mich als Künstler zurück. Und das Brummen kam übrigens wirklich von Ihm, ich habs ihm dann nämlich gezeigt wo es herkam!

und noch eine Rückfrage: Du sagtest, als DJane wirst du sofort ernst genommen, als Produzentin stösst du erstmal auf grosse Skepsis. Wie ist das denn als Labelchef?

Mit dem Label geht es ganz gut, weil wir gute Produkte haben. Aber ich bin oft froh, dass wir zwei sind und mein Labelpartner, Joe, der auch ein langjähriger sehr guter Freund ist, ein Junge ist.

Wir teilen uns die Aufgaben und wenn wir sehen, da ist es besser einen Mann oder eine Frau am start zu haben, dann macht es eben der/diejenige. Das ist für alle am besten so. Wir lachen dann oft, wie stulle die Gesellschaft ist und wie sehr es die Leute nicht checken. Ist auch voll lustig, denn Joe ist einfach der tausendmal bessere Geschäftsmann, aber Technikfragen landen eben immer bei mir. Also eigentlich genau umgekehrt wie man es erwarten würde. Aber für uns normal und ok.

Mit dem Produzieren ist das so, da hängen ja immer so Strukturen daran, und Männlichkeit drückt sich gerade im Produzentenbuisness immer durch die Anzahl der 19 Zoll Geräte im Rack oder die Größe des Mischers aus. Da ich weder Racks noch einen Monstermischer habe, kann ich diese Form des Posing nicht mitmachen. Will ich auch gar nicht, denn es geht mir darum das umsetzen zu können, was ich machen will und das hängt in meiner Welt eben nicht an Hardware. Ich habe eine gute Abhöre und gute Soundkarten, aber alles andere brauche ich nicht. Das heißt ich muss in zweifacher Hinsicht überzeugen, erstens, weil ich eben eine Frau bin und zweitens weil ich auf diesen Studiozeug nicht abgehe. Aber im Grunde ist das kein fachliches Problem sondern eins der Netzwerke.

Mit wem arbeitet man denn am liebsten, mit den Freunden und Bekannten. Und da haben Jungs einfach mehr Möglichkeiten, denn als Frau wird man einfach nicht so wahrgenommen. Ist mir erst letztens wieder passiert, saß mit lauter Männern am Tisch und es ging darum, dass noch ein Liveact fehlte. Hätte nicht Joe eingeworfen, dass hier am Tisch ja noch einer sitzt (nämlich ich!) wäre von den Jungs wieder keiner auf die Idee gekommen, auch wenn wir alle schon seit Jahren Geschäfte machen. Mir passiert es ganz oft, dass ich wieder gebucht werde, wenn ich mal irgendwo war oder etwas produziert habe, aber diese Mauer des ersten Mals zu durchbrechen ist eben als Frau doppelt schwer.

Ich bin gerade dabei eine junge Hiphopsängerin zu produzieren , da bin ich mal gespannt was passiert, erstens weil eben eine Frau eine Frau produziert und dann im Hiphopkontext, so mit dem ganzen Machogeeier, wie die Jungs da abgehen. Aber vielleicht wird das auch einfach wieder gar nicht thematisiert oder wahrgenommen, dann lach ich ne runde dreckig und freu mich über den Erfolg. Das ist mein persönlicher Mehrwert, wie bei Platten die ich mal gemacht habe, wenn dann die Frage kommt: Wer hat das denn Produziert ? Als sei es selbstverständlich ich hätte das nicht selbst gekonnt. Und die Gesichter alleine sind es Wert, wenn ich dann grinse und sage: Ich hab das geschrieben, arrangiert und Produziert !

Beim DJing ist das mit den Frauen mittlerweile etwas normaler, weil wir so viele geworden sind. Es ist cool, mal endlich in allen Musikgenres und nicht nur im eigenen andere Frauen auflegen zu sehen. Der bittere Beigeschmack ist, früher konnte man schneller mit DJing erfolgreich werden und davon Leben war auch relativ einfach. Das ist heute nicht mehr so, weil eben jeder/e ein DJ ist. Heute muss man schon einen Namen haben der bekannt ist und wenn man den nicht aus alten Zeiten hat ist es schwer einen zu bekommen – oder man hat ein Label im Rücken oder man sieht verdammt gut aus (egal ob Frau oder Mann). Es ist also wie immer, in dem Moment wo Frauen den Zugang zu etwas erhalten ist das Ansehen des Jobs futsch, das kann man in der Historie auch sehr gut nachvollziehen. Denn in dem Moment wo Jobs interessant werden sind die Frauen sofort wieder draussen. Wusstest du z.B. dass die ersten Programmierer Frauen waren ? Erst als man das Potential der Computer entdeckte „vermännlichte“ die Branche. Ich fürchte das ist mit dem Produzenten und Tonbuisness ähnlich. Jetzt wo kein Geld mehr da ist und der Glamour runter ist fangen die Frauen an und dürfen auch.

BUSINESS TALK

Wenn ich dich um eine Prognose bitten darf, wie könnte die Vermarktung von Musik in Zukunft aussehen?
Musik wird verschenkt als Werbegimmick, wird im Internet kopiert und verkauft und wird weiterhin auch in Läden stehen. Aber von Musik leben wird immer mehr an der „Zweitvermarktung“ hängen, darunter fallen Auftritte, Merchandise, Soundtracks etc. Von Plattenverkäufen alleine leben, das wird nicht mehr möglich sein, auch nicht bei den ganz großen.
Was hältst du von der ganzen Raubkopier- und Kopierschutz Debatte?
Nix, weil es die dummen, ehrlichen Leute mal wieder nach hinten wirft. Und das sind doch die einzigen die überhaupt kaufen. Ich werde das für mein Label nicht machen mit Kopierschutz, weil ich erstens CDs für 10 Euro in den Handel bringen kann und ausserdem machen wir sehr aufwendige Cover. Ein Liebhaber kauft bei dem Preis lieber als dass er brennt. Und wenn er brennt, bitteschön, dann ist die Musik wenigstens im Umlauf. Ich glaube nicht dass ich als Label dadurch weniger einnehme. Und dann haben wir treue Fans, die wollen dass es uns weiter gibt und die kaufen aus Ideologiegründen, da bringt ein Kopierschutz gar nix. Ich glaube das betrifft sowieso eher die großen Labels, die haben jahrelang die Leute verarscht und nun schlägt das Pendel umgekehrt….

Was planst du für 2004 für dich und für das Label?
Noch drei Vinyle, eine Sample CD und eine Compilation CD und mein Album.
Und endlich mal eine anständige Internetseite.

www.aromamusic.com

Aroma-Discografie

[u]Compilations[/u]

Casino Club Compilation – Die erste Mix Cd des Casino Berlin Clubs – Aromamusic.com (Release 01/04)
Sommerlauschen – Berliner Electronic Wildstyle Sampler – Aromamusic.com (Release July 2003)
25 th Berlin Pride – Der offizielle Sampler zum 25. CSD – Ground Control / Discomania (Release 28.6. 2003)
Beatreconstruktionen – 5 einhalb Jahre Neurocomic – Aromamusic.com (Release September 2002)

[u]Tracks[/u]

Watermelonman – Gianni Vitiello vs. Discopunk feat. MC Koka Kola aka Khan
Casino Club Compilation- Aromamusic.com 01/04 – CD und Vinyl E.P.
Pigs can Fly – Discopunk Mix – totalise.co.uk rec. 02/04 – Vinyl
Pigs can Fly – DJ Aroma – Beitrag zur Sommerlauschen Compilation – Aromamusic.com (7/2003) – CD
Pride 25, Die offizielle Hymne zum 25. CSD – Crusin Remix by DJ Aroma – nochmals released auf der offiziellen Compilation zum CSD, Ground Control / Discomania (6/2003) – CD
Pride 25, Die offizielle Hymne zum 25. CSD – Crusin Remix by DJ Aroma – Ground Control / Discomania (6 /2003) –
Miss Chica – Discopunks riot in salty waters remix – Aromamusic.com /Kompakt (5/2003) – Vinyl
Firenze – DJ Aroma und Jens Beese – Beitrag zur Beatreconstruktionen Compilation – Aromamusic.com (9/2002) – CD
Damnsexyhousetwirlshot, DJ Aroma, (7/2000) – Dubplate
Vertonung durch DJ ing, Pro Sieben Morning Show, Sonntagsausgabe, (13./27.11; 18.12.1999) -TV
Oops , DJ Aroma, Beitrag auf Vinyltool , Shot records (9/1999) – Vinyl
Aroma presents „Interlectual Anfibia“, Haunebu Records, U.K. (4/1999) Vinyl
B-Queen, „Infinity“ Remix by DJ Aroma, House Utilities Records/ Music Mail, (2 /1999)- Vinyl / CD
Organic Wax, Compilation, Reality Bites Records (D), Re-release von Interlectual Insecta (12/1998) CD
Interlectual Insecta, Hornbostel vs. DJ Aroma, Haunebu Records, U.K. (8/1997) – Vinyl
Unfinished Groceries, DJ Aroma und Burns, auf der Compilation CD :Abnorn, A2 Records, Hannover (10/1996) – CD
My personalized loopstyle, DJ-tool (2/1996) – Dubplate
Die Nacht hat 38 Stunden ein Film von Sabine Reh, BR/ARD (9/1995) – Filmmusik
Rauchmaschinen im All, Remix von DJ Aroma und Burns, auf der LP: Jeep Beat Orchestra, Trikont Label (12/1994) – CD

[u]Aroma-Charts[/u] (Name/ Titel / Label)

Patrick Alavi /Back again / Sismic Records
The Monsterz/ U.R.D.O. One/ Attract by Music
Goldfinger/ Hello Kitty(Casino E.p.)/ Aromamusic
Seal/ Getit together (Superchumbos Dub)/ Warner
MK2/ Nick nur mit dem Kopf/ Epic
Lovetry/Burning Underground/ Ground Control
Göpfrich&Gerlach/Stefans Spinatspagat/Spagat Music
Avril/ Be Yourself(Laurent GarnierMix)/ F-Com
Bootcamp Chill/ Miss Chica/ Aromamusic
GroovemasterK.& Daniel Garcia/ Burning/ Clubstar
Ashero&Blue Black/ Elevator Music/ Mineralwerks
Oliver Chatham/ Music and You(Divinity Remix)/Bootleg
Enigma/ Boum-Boum/ Emi
Emma and MousseT/Is ist cos` I am cool?/ Peppermint Jam
Wonderland/ Divinity/ Sage Records
Aroma-Lieblingsplatten (langzeit)
Stereo Mcs / 334578
Jazzmataz
Tough Guys Soundtrack
Groove Armada / Byebye Country

Interview von Patty Stucki

erschienen: Mai/Juni 2004

Copyright: Redaktion Melodiva

29.05.2004