Carolyn Breuer in:

„Sax-talks“ + eine neue CD + ihr eigenes Label „NotNowMom“

„So langsam möchte ich mal wieder etwas anderes machen, als CDs eintüten und wegschicken“, lacht die Saxophonistin Carolyn Breuer, „in den letzten Wochen sah es in meinem Büro aus wie bei einem CD-Versand!

Natürlich freut sie sich diebisch, daß ihre neue CD auf ihrem eigenen Label so gut angenommen wird. Die Medienpräsenz, unter anderem Das Porträt bei Roger Willemsen, hat einen Großteil der Nachfragen losgetreten. Die CD hat es auch verdient, denn sie ist ein kleines Gesamtkunstwerk.

Carolyn and the „phoney people“

Als Diva auf dem Cover sieht sie zwar sehr entspannt aus unter ihrem Waschlappen, aber die CD „Fate Smiles on Those who Stay Cool“ (NotNowMom! Records / Fenn) der in Amsterdam ansässigen Münchner Saxophonistin Carolyn Breuer ist eigentlich eine Kampfansage. Die Alt- und Sopransaxophonistin hatte die Schnauze voll von den „phoney people“ im Business, die die Aufnahmen, die sie geschickt bekamen, immer gut fanden, aber gerne als nächste Produktion „etwas in Richtung Candlelight-Dinner-Jazz“ haben wollten. Das war nicht Carolyns Ding.

Kurzerhand gründete sie ihr eigenes Label, „NotNowMum!“. „Eigentlich wollte ich den Namen „No Bullshit Productions“ haben“ lacht die Jazzmusikerin, „aber die Domain war schon vergeben.“

Waschlappen und Divas“

Carolyn Breuer wurde der Jazz schon in die Wiege gelegt. Ihr Vater ist der Posaunist Hermann Breuer, der auch auf der neuen CD als Gast mitwirkt. An Carolyn Breuers Jazzstudium in Holland schloß sich Unterricht bei Saxophonist Branford Marsalis an. „Er hat mir gesagt, dass ich mich auf meine eigenen Sachen konzentrieren soll“. Deshalb sind alle Stücke der CD Eigenkompositionen der Saxophonistin oder des Pianisten. Das Quartett besteht schon seit Jahren, arbeitet kontinuierlich und spielt akustischen modernen Jazz. Das Saxophon schwingt sich in den lyrischen Passagen hoch über die Band, weiß aber auch in die brodelnden Rhythmen der Quartetts abzutauchen – und die Qualität der Live-Aufnahme aus Augsburg stellt manche Studio-Takes in den Schatten.

Ebenso zeitlos wie die Musik und durchdacht ist das Booklet. „Ich habe eine Ausstellung des Fotografen Raimond Wouda gesehen und ihn gefragt, ob er Fotos zum CD-Titel liefern könnte. Auch die Idee mit dem Waschlappen stammt von ihm. Dass ich ein Diva-T-Shirt trage, war allerdings eher Zufall.“

„NotNowMom!“

Der lange, aber einprägsame CD-Titel stammt aus einem Interview mit einem Shakespeare-Schauspieler. „Als ich den Satz gelesen hatte, wußte ich, dass er meine Situation 100prozentig trifft, deshalb ist er wie ein Motto für mich.“
Das Schicksal lacht denen, die cool bleiben – das Motto scheint zu greifen, denn mit frechem Anpacken ist ein Produkt herausgekommen, nach dem sich – vom Tonmaterial bis zum Booklet – jedes Majorlabel alle zehn Finger ablecken müßte. Zum gelungenen selbstbewußten Labelstart gehört auch eine professionelle Homepage, über die die CD und auch die „NotNowMom!-T-Shirts“ zu beziehen sind.

www.carolynbreuer.com

www.notnowmom.com

Copyright: Melodiva

Autorin: Angela Ballhorn

31.05.2001