Klischeefreie Berufs- und Studienwahl

Am Girls’Day lernen Mädchen von der 5.-10. Klasse Berufe oder Studienfächer kennen, in denen der Frauenanteil unter 40 Prozent liegt, z. B. in den Bereichen IT, Handwerk, Naturwissenschaften und Technik. Oder sie begegnen weiblichen Vorbildern in Führungspositionen aus Wirtschaft und Politik. Die teilnehmenden Betriebe bieten einen Schnuppertag in klassischen Männerdomänen an, um bei Mädchen das Interesse für ihre Themen und Berufsfelder zu wecken. Auch die Jazz- und Popularmusik ist immer noch eine Männerdomäne, vor allem, was Instrumentalistinnen angeht. Nach wie vor bewegt sich die Zahl der Instrumentalistinnen im einstelligen Bereich, obwohl bei den 6-15Jährigen genauso viele Mädchen ein Instrument spielen wie Jungs (mehr dazu hier). Umso wichtiger ist es, dass Mädchen sich mit Profimusikerinnen austauschen, sie als Vorbilder erleben und in einem safe space Neues ausprobieren können. Der Girls‘ Day ist daher ein wichtiger Baustein bei der Nachwuchsförderung und auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.

Das Team

Dozentinnen Nina Hacker & Katrin Zurborg (obere Reihe von links), Anna Gerlach & Carla Köllner (untere Reihe von links)

Konzipiert und organisiert wurde das Angebot von der Projektleiterin Nina Hacker von „Jazz und Improvisierte Musik in die Schule!“, einem Projekt der Musikschule Frankfurt auf Initiative und mit Unterstützung der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Die studierte Musikerin unterrichtet seit 2008 an der Musikschule Frankfurt und arbeitet freiberuflich als E- und Kontrabassistin. Als weitere Dozentin konnte sie die Profigitarristin Katrin Zurborg gewinnen, die Leiterin der Kulturwerkstatt Waggong ist und Band-Coaching für Pop-, Rock- und Jazzbands sowie studienvorbereitenden Gitarrenunterricht anbietet. Außerdem gestalteten zwei Jazzstudentinnen den Vormittag mit: Anna Gerlach studiert seit 2020 Altsaxofon an der FMW Frankfurter Musikwerkstatt, um den Abschluss „Staatlich anerkannter Berufsmusiker und Instrumentalpädagoge für Jazz und Popularmusik“ zu machen. Die Posaunistin und Komponistin Carla Köllner studiert im neuen Masterstudiengang Bigband an der HfMDK Frankfurt mit Schwerpunkt Komposition.

 

Vielfältige Vorerfahrungen in Musikklasse, Rockband, Bigband und Chor 

Das Angebot fand großes Interesse, innerhalb weniger Tage war das Angebot ausgebucht. Die 12 Teilnehmerinnen im Alter von 12 bis 16 Jahren kamen aus Frankfurt und Umgebung und brachten vielfältige musikalische Vorerfahrungen mit: Von der Rockgitarristin, die noch keine Band hat, zu Mädchen, die sich das erste Mal ans Schlagzeug setzen wollten, zur Saxofonistin mit Bigband-Erfahrung oder klassischen Geigerin. Alle waren hoch motiviert und erzählten in der Vorstellungsrunde von ihrem großen Interesse für Musik.

 

Einfach losspielen und -singen…

Nach der Eingangsrunde und einem entspannten Warm-up mit Bodypercussion wurde mit 2 Flügeln, Percussion und Xylophon die erste Jamsession angeleitet. Mit wenigen Verabredungen einfach loszuspielen oder zu singen, zu hören und zu reagieren war für fast alle Teilnehmerinnen eine neue Erfahrung. Danach konnten die Teilnehmerinnen in vier Kleingruppen die Dozentinnen näher kennenlernen und ihnen Fragen zu Musikpraxis, Ausbildung und Beruf stellen.

 

Aus Pop wird Jazz

Nach einer kleinen Pause ging es in die Bandarbeit. In der Vorbereitung hatten alle Teilnehmerinnen die Möglichkeit bekommen, einen Song vorzuschlagen und die ausgewählten Stücke – z.B. „Left & Right“ von Charlie Puth oder der Cranberries-Hit „Zombie“ – vorher anzuhören. Aus diesen Popsongs sollten in der Probe Jazzstücke werden. Es galt, die Parameter Improvisation, Arrangement, Phrasierung, Harmonien und Groove kennenzulernen und jazztypisch zu verändern. In zwei Bands wurde intensiv geprobt, Ideen beim Jammen ausprobiert und Arrangements verabredet.

 

 

Zum Abschluss gab es eine Performance der erarbeiteten Songs und eine Abschlussrunde, in der die Teilnehmerinnen miteinander teilten, was sie mit Jazz verbinden: Improvisation, schöne Musik, Entspannung, Kreativität, liebevolle Töne, mutige Sachen auszuprobieren, Spaß, Arrangements zu erfinden u.v.m. Ein großes Lob kam von den Dozentinnen, die sich freuten, dass sich die Schülerinnen auf das musikalische Abenteuer eingelassen haben, alle hundertprozentig bei der Sache waren, Ideen eingebracht haben und respektvoll miteinander umgegangen sind.

Wir freuen uns schon jetzt auf den nächsten Girls‘ Day!

Autorinnen: Nina Hacker, Mane Stelzer

Das Konzept des Workshops sieht vor, dass Mädchen und junge Frauen zwischen 12 und 20 Jahren in die Jazzmusik und in gemeinsames Bandspiel hineinschnuppern und sich in ersten Improvisationen ausprobieren können. Sie sollen die Gelegenheit bekommen, erfolgreiche Profimusikerinnen als Role Models zu erleben, von ihrem Werdegang zu erfahren, aber auch andere junge Musikerinnen kennenzulernen. Nach und nach füllte sich die Anmeldeliste mit 22 Instrumentalistinnen und Sängerinnen, viele hatten bereits Band-, Orchester- und Chorerfahrung. Die meisten kamen aus Frankfurt, aber auch Mädchen aus Hanau, Darmstadt, Langen und Hofheim waren dabei.

Am Veranstaltungstag versammelte sich dann eine Horde gut gelaunter junger Frauen in der FMW Frankfurter Musikwerkstatt, unserem Kooperationspartner beim Jazz Girls Day. Die FMW ist eine private Musikakademie, an der Interessierte die staatlich anerkannte Ausbildung zum/zur Berufsmusiker*in und Instrumentalpädagogen/pädagogin machen können. Zuerst traf sich die Gruppe im großen Veranstaltungssaal, wo sich nach einer kurzen Begrüßung die Bandmitglieder der Sheroes einzeln vorstellten und von ihrem musikalischen Werdegang erzählten. Es war sehr eindrücklich, dass sich eigentlich alle Dozentinnen in ihrer Karriere ähnlichen Hürden und Schwierigkeiten ausgesetzt sahen, in ihren jeweiligen musikalischen Kontexten häufig die einzige Frau waren und oftmals wenig Ermutigung erfuhren. Das galt für die älteren Musikerinnen Leni Stern (Gitarre), Monika Herzig (Piano) und Jamie Baum (Flöte) genauso wie für die jüngeren Bandmitglieder Jennifer Vincent (Bass) und Rosa Avila (Drums).

 

 

 

 

 

Nachdem sich auch die Mädchen kurz mit ihrem Instrument vorgestellt hatten, ging es richtig los. Die Mädels packten ihre Instrumente aus und machten sich bereit. Währenddessen wurden Noten an alle Instrumente und die Sängerinnen ausgeteilt und zuerst einmal das Blues-Schema und verschiedene Patterns eingeführt, die dann in der großen Gruppe gemeinsam gespielt und gesungen wurden. Nach einiger Zeit ermutigte Monika jede Musikerin nach und nach, einmal eine kurze Improvisation zu versuchen, was immer mit großem Applaus gewürdigt wurde. Für die meisten – das ließ sich auch nachher in den Feedback-Bögen nachlesen – war es das erste Mal, dass sie sich getraut hatten, selbst zu improvisieren!

Nach einer Snackpause wurden die Mädchen in drei Gruppen eingeteilt: die Musikerinnen, die noch bis zum Abendkonzert bleiben konnten, probten mit der Pianistin Monika Herzig im Saal. Die Sängerinnen gingen in Begleitung von zwei Gitarristinnen zu Leni Stern, die einen Vocal-Impro-Workshop anbot. Die übrigen Instrumentalistinnen versammelten sich in einem anderen Raum um die Flötistin Jamie Baum und die Drummerin Rosa Avila. Eineinhalb Stunden waren für die Arbeit in den Ensembles vorgesehen, in denen jeweils ein anderes Stück einstudiert wurde. Um 17 Uhr kamen alle zusammen, um in der Gruppe die Ergebnisse zu präsentieren. Immer wieder waren Soli zu hören, aber auch das Zusammenspiel klappte erstaunlich gut. Es war großartig, was die Ensembles in so kurzer Zeit geschafft hatten!

Dann gab es ein gemeinsames Abendessen, bevor die Sheroes am Abend ein öffentliches Konzert gaben. Die Posaunistin Reut Regev, die unter Heiserkeit litt und daher als Dozentin für den Workshop ausfiel, gesellte sich für das Livekonzert zu ihnen. Zu Beginn und am Schluss holte die Band die Nachwuchsmusikerinnen auf die Bühne, um dem Publikum – Freund*innen & Familien der Teilnehmerinnen sowie Jazzfans – die im Workshop erarbeiteten Stücke zu präsentieren. Eine charmante Geste, mit der sie sich auf Augenhöhe mit den jungen Musikerinnen begaben und sie in ihre Mitte nahmen. Das wird den Mädels sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben! Die Sheroes gaben danach ein fantastisch dynamisches Konzert mit den Stücken ihres aktuellen gleichnamigen Albums. Ein tosender Applaus, überschwängliche Kommentare der Konzertbesucher*innen und ein durchweg begeistertes Feedback der Teilnehmerinnen bewiesen uns, dass sich der Einsatz mehr als gelohnt hat: Der erste Jazz Girls Day in Deutschland wird sicher nicht der letzte sein!

Der Jazz Girls Day war eine Kooperation des Frauen Musik Büros mit der FMW Frankfurter Musikwerkstatt. Mit freundlicher Unterstützung des Frauenreferats Frankfurt, des Kulturamts, der Frankfurter Stiftung maecenia, des Bildungs- und Förderungswerks der GEW im DGB e.V., der Frankfurter Sparkasse, der Dr. Bodo Sponholz-Stiftung und des Dezernats für Soziales, Senioren, Jugend und Recht.

Fotos: Jacci Larius; zum Vergrößern auf Bild in der Galerie klicken.