Rückblick auf Tagung „Mädchen und Frauen in der populären Musik“ 26.11.2011
„Mädchen und junge Frauen in der populären Musik – (k)ein Genderthema?“ hieß ein Fachtag des Mädchenzentrums in Gelsenkirchen, zu dem wir als Referentinnen eingeladen waren. Auf dieser Tagung sollte in einer ExpertInnenrunde eine Art Status Quo festgestellt und gefragt werden, wie Mädchen, vor allem jene mit Migrationshintergrund, in der Popularmusik gefördert werden können. Die Ergebnisse sollen in die Planung und Umsetzung der ersten NRW-Musikakademie für Mädchen und junge Frauen im kommenden Jahr einfließen.
Dr. Maren Volkmann, die wegen Krankheit leider absagen musste, ließ ihr Script „Rocken im Ruhrgebiet“ vortragen, das von der Geschichte des Ruhrgebiets und der spezifischen Situation der Musikerinnen dort berichtet. Wir vom Frauen Musik Büro berichteten von unseren Erfahrungen bei Mädchenprojekten wie Sistars, Girls that rock und Bandfieber und präsentierten die Ergebnisse der MELODIVA-Umfrage, d.h. Eure Erfahrungen, über die Ihr in der Umfrage geschrieben habt (und die wir in Kürze in einer aktualisierten Auflage veröffentlichen). Die Rapperin und HipHop-Künstlerin Pyrania referierte über Frauen und Mädchen im HipHop und die Schwierigkeit, sich als Künstlerin zwischen den zwei traditionellen Weiblichkeitsbildern „Heilige“ und „Bitch“ zu positionieren. Die Saxophonistin Angelika Niescier berichtete über „Mädchen und Frauen im Jazz“ und gab interessante Einblicke in die Jazzszene. Dr. Judith Krafczyk vom Kultursekretariat Gütersloh erzählte von den Erfahrungen bei der Initiierung ihres Pilotprojekts Create.Music.OWL. Die Musikerin Katrin Remmert schließlich gab einen Überblick über ihren Werdegang und ihre Erfahrungen als Studentin, Profimusikerin und Gitarristin. Die Sängerin und Texterin Danja Mathari gab mit ihrer Band zum Abschluss des Tages ein Konzert und repräsentierte in der Diskussion eher die Musikerinnen, die sich von Genderthemen nicht angesprochen fühlen und keine leading role auf der Bühne übernehmen wollen.
Es wurde ausgiebig und auch heiß über schwarze Löcher diskutiert und warum viele junge Mädchen ihr Instrument an den Nagel hängen oder gut ausgebildete Musikerinnen quasi in der Versenkung verschwinden. Kontrovers war die Frage: wollen die Mädchen überhaupt an die Instrumente und wie und wann entsteht das „wollen“? Ist es eine Einschränkung für Mädchen und Jungen, sich entlang der vorgefertigten Leitbilder entwickeln zu müssen, bevor sie etwas anderes wollen können? Aber was tun, wenn Mädchen keinen Bock haben? Und warum halten manche durch und verschwinden nach dem Musikunterricht und Studium nicht im schwarzen Loch? Eine These lautete, dass sich gerade junge Mädchen in der Pubertät eher nach innen zurück ziehen, während die gleichaltrigen Jungs Bands gründen und auf die Bühne streben. Mädchen, die ja oft in den Bands die Sängerinnen stellen, hätten es oft schwer, sich mit ihren eigenen (Song-)Ideen durchzusetzen und hörten schließlich ganz auf, wenn sie keine eigenen Songs schrieben.
Als Quintessenz fasste Claudia Geertz vom Mädchenzentrum zusammen: es besteht Handlungsbedarf in der frühkindlichen Erziehung, es braucht Räume für Kreativität und um verschiedene Rollenbilder auszuprobieren, insgesamt also günstigere Möglichkeiten, um zu gedeihen. Sie wollen weiter ambitionierte Mädchen fördern und die Politik in die Pflicht nehmen.
Kontakt: Mädchenzentrum Gelsenkirchen, http://www.maedchenzentrum.com