Mehr Platz für Musik – Neue Regelungen aus den Bundesländern
Manch eine Musiker*in darf sich doch endlich wieder aus ihrem Mauseloch wagen: in einigen Bundesländern geht es weiter in Richtung Lockerungen der Corona-Bestimmungen.
Rheinland-Pfalz erlaubt Proben von Chören und Blasorchestern im Freien seit 10. Juni unter strengen Hygiene- und Abstandsregelungen. Der Landesmusikrat Berlin fordert ebenfalls eine Erlaubnis des Musizierens im Freien: anders als für Sportgruppen ist dies für Musiker*innen dort noch nicht erlaubt. Allerdings will das Land professionellen Musikern im Sommer die Open-Air-Saison ermöglichen. Auch in Bayern ist seit dem 8. Juni ist ein eingeschränkter Probenbetrieb für Instrumentalgruppen im Laienbereich wieder möglich. Diese können nun unter Beachtung strenger Schutz- und Hygienemaßgaben in Gruppen von bis zu zehn Personen erfolgen. Grundsätzlich muss zum Beispiel ein Abstand von zwei Metern zwischen den Musikern eingehalten werden, bei Blasinstrumenten drei Meter. Der Bayrische Chorverband protestiert dagegen, dass Chöre von dieser Regelung ausgenommen bleiben und verweist auf mehrere Studien, die ergaben, dass Singen keine signifikant größeren Luftbewegungen verursacht als normales Sprechen.
Konjunkturpaket der Bundesregierung: wie unterstützt es die Kulturszene?
Im Rahmen des Konjunkturpaketes zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung verschiedene Förderprogramme und Maßnahmen auf den Weg gebracht, die die Kulturszene unterstützen sollen. laPROF Hessen e.V. hat auf seiner Website eine kurze Zusammenstellung der für Kulturschaffende relevanten Teile veröffentlicht:
● „Pandemiebedingte Investitionen in Kultureinrichtungen zur Erhaltung und Stärkung der bundesweit bedeutenden Kulturlandschaft“ (250 Mio.€) für die Wiedereröffnung von Kultureinrichtungen, um die Einhaltung von Hygienekonzepte und Abstandsregeln zu ermöglichen (Online-Ticketing-Systeme, Modernisierung von Belüftungssystemen, neue Besucherführung und Bestuhlung usw.).
● Ein Programm zur “Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur und Nothilfen” (450 Mio.€) soll kleine und mittlere Kulturstätten und -projekte unterstützen, die vor allem privatwirtschaftlich finanziert sind. Durch die BKM-Hilfen sollen Kreative aus der Kurzarbeit herausgeholt werden und ihrer künstlerischen Arbeit nachgehen können. Außerdem sollen sie die Möglichkeiten eröffnen, neue Aufträge an freiberuflich Tätige und Soloselbständige zu vergeben.
● Zudem sollen mit 150 Mio.€ alternative, digitale Angebote und neue Formate und Projekte, die der Vermittlung, Vernetzung und Verständigung im Kulturbereich dienen, gefördert werden.
Weitere Maßnahmen wie die Senkung des Mehrwertsteuersatzes, Überbrückungshilfen, usw. kommen dem Kulturbereich ebenfalls zugute. laPROF begrüßt die Maßnahmen des Konjunkturpaketes, bemängelt jedoch, dass „weiterhin eine regelmäßige Unterstützung von durch Corona finanziell geschädigten Soloselbstständigen [fehle], wie es beispielsweise ein fiktiver, monatlicher Unternehmerlohn von 1000.-€ in einer verlängerten, veränderten Version der Soforthilfe hätte sein können“. (Quelle)
Allianz der Freien Künste begrüßt Bundesrat-Entschließung und fordert Nachbesserung
Die 18 in der Allianz der Freien Künste zusammengeschlossenen Bundesverbände begrüßen die Entschließung des Bundesrates zur „Sicherung von Selbstständigen und Freiberuflern – Hilfen für die Kultur- und Kreativwirtschaft nachhaltig ausgestalten“. Die Allianz der freien Künste schreibt in einer Pressemitteilung: „Diese Entschließung ist ein deutliches Signal der Länder an die Bundesregierung, bei der Ausgestaltung des geplanten Konjunkturpakets angemessen auf die Arbeits- und Lebensrealität der soloselbstständigen freischaffenden Künstler*innen und Kunstschaffenden in Deutschland einzugehen.
Es gibt weiterhin dringenden Handlungsbedarf:
Erfreulicherweise hat die Politik erkannt, dass die Kunst- und Kulturszene von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie besonders heftig betroffen ist und hat für die Unterstützung dieses Bereichs eine Milliarde Euro bereitgestellt. Dieser geplante Kulturinfrastrukturfonds ist ein dringend notwendiger Schritt, um die Strukturen innerhalb des Kulturbereichs abzusichern und sie durch die Krise zu bringen. Allerdings muss eine echte Unterstützung von Kunst und Kultur in Kombination mit individuellen Hilfen für Künstler*innen und Kulturschaffende gewährleistet werden, damit die Strukturförderung nicht ins Leere läuft.
Grundsicherung ist keine Lösung
Freie Künstler*innen und Kunstschaffende, die bis zum Lockdown von ihrer Kunst leben konnten und durch das staatlich verhängte Berufsverbot seit März keine Einnahmen mehr haben, werden weiterhin in die Grundsicherung geschickt. Dies erschwert unternehmerisches Handeln und verhindert gerade in der Krise unverzichtbare Investitionen für freie Kunstschaffende unnötig. Viele von ihnen sind aufgrund bestehender Regularien beispielsweise bezüglich Bedarfsgemeinschaften ohnehin von der Grundsicherung ausgeschlossen.
Künstlerinnen und Künstler nehmen einen immanent wichtigen gesellschaftlichen Auftrag wahr. Umso erschreckender ist, dass diese Berufsgruppe in einer solchen Krisenzeit erneut durchs Raster fällt. Während in verschiedenen Berufsbereichen eine angemessene Form der Krisenhilfe installiert wurde, werden Künstler*innen und Kunstschaffende im Stich gelassen. Dabei zeigt der Blick ins europäische Ausland, dass passende Lösungen durchaus möglich sind.
Die Allianz der Freien Künste unterstützt die Entschließung des Bundesrats und fordert die Bundesregierung erneut mit Nachdruck auf, den Leistungen der Akteur*innen der Freien Szene Rechnung zu tragen und bei den Coronahilfen persönliche Lebenshaltungskosten als betrieblich relevante Ausgaben anzuerkennen bzw. Zuschüsse zur Abfederung von Einnahmeverlusten zu leisten!
Es wird höchste Zeit für eine Kultur-und Sozialpolitik, die Künstler*innen und Kunst-schaffenden der Freien Szene passende Hilfe in der Krise bietet und ihnen eine Fort-setzung ihres Schaffensermöglicht!“
#artistathome: UpSideDown 09.06.2020 @ Livestream A-Trane
„Das Duo UpSideDown mit Efrat Alony und Susanne Paul feiert die Kontraste, die unsere Gegenwart prägen. Elegant navigieren sie zwischen Kraft und Zartheit“, heißt es in der Ankündigung ihres Livekonzerts aus dem A-Trane in Berlin, das am 09.06. ab 20:15 Uhr von RBB live gestreamt und aufgezeichnet wird. Im Anschluss gibt Marc Schmolling ein Solokonzert. Im Laufe des Konzertes wird Ulf Drechsel Gespräche mit Marc Schmolling, Efrat Alony, Susanne Paul und dem Chef von A-Trane, Sedal Sardan, führen. Nicht vergessen: über Paypal Eintritt zahlen. Hier geht es zum Livestream.
Erste Fördergelder aus Corona-Hilfsprogramm der Initiative Musik ausbezahlt
200.000.-€ konnte das Corona-Hilfsprogramm der Initiative Musik in seiner ersten Förderrunde an 176 Solokünstler*innen und Bands sowie ihre Booker*innen auszahlen. Eine bedeutende Nothilfe für Musiker*innen aus 14 Bundesländern. Eine weitere Runde des Hilfsprogramms ist für Ende Juli bzw. Anfang August 2020 geplant. Die kommenden Spendeneinnahmen werden für diese zweite Runde eingesetzt. Für das Hilfsprogramm bewerben konnten sich Solokünstler*innen und Bands aus Deutschland, die aufgrund der fehlenden Einnahmen aus Club- und Festivalauftritten in der Zeit vom 13. März bis Ende Mai 2020 in eine finanzielle Notlage geraten sind. Dabei mussten die Musiker*innen für den Zeitraum mindestens 5 ausgefallene Shows nachweisen. Die Höhe des Zuschusses aus dem Hilfsprogramm beträgt 1.000.-€ pro Solokünstler*in oder Band. Zusätzlich war es möglich, einen Zuschuss von 250.-€ für die jeweiligen Booker*innen zu beantragen. Wie groß der Bedarf tatsächlich ist, zeigte sich an der Anzahl der Anträge. Es gingen 1.932 Anträge mit einem Durchschnitt von 7,5 ausgefallenen Konzerten im In- und Ausland pro Antragstellendem ein. Insgesamt wurden Auftritte in 94 Ländern angegeben. Aufgrund des bundesweiten Verbots von Großveranstaltungen – vor allem Open-Air-Festivals – bis Ende August, wird die Spendenaktion fortgesetzt.
Call for papers: Jazz and gender issues
Das französische Open-Access-Journal „Epistrophy“ hat einen Call for Papers für „Jazz And Gender Issues“ veröffentlicht; die Deadline für Vorschläge ist der 1. September 2020. Das Thema ist Gegenstand eines Symposium im Frühjahr 2021 in Nantes, die Beiträge dazu werden im Journal Epistrophy im Herbst veröffentlicht. Zur vollständigen, englischsprachigen Ausschreibung geht es hier.
Alternativer Record Store Day 2020: „RSD-Drops“ im Sommer/Herbst
Coronabedingt wird der diesjährige „Record Store Day“ nicht in der Form gefeiert, wie wir ihn kennen. Obwohl alle Musikfans nichts lieber tun würden, als die lokalen Plattenläden mit einem gebührenden, globalen Event zu zelebrieren, war es für dieses Jahr absolut notwendig, einen alternativen Weg zu finden. Die Idee bleibt aber dieselbe: die unabhängigen Stores zu unterstützen und zu stärken. Um den Andrang auf die teilnehmenden Plattenläden zu entzerren, werden die exlusiven Veröffentlichungen für den RSD auf drei „RSD-Drops“ in Form von Street Dates im August, September und Oktober aufgeteilt, sodass die Läden genug Zeit haben, sich auf die besonderen Umstände einzustellen, Budgets und Bestellungen vorzubereiten und Pläne zu schmieden, um die Musik sicher in die Hände der Vinyl-Fans zu bringen. Mehr Infos dazu hier.
Jazzraum macht jetzt Visite: jetzt Hinterhofkonzert buchen
Der Jazzraum, ein Live-Jazzclub im Hafenbahnhof Hamburg – macht jetzt „Visite“: wer 300.-€ für ein Duo oder 450.-€ für ein Trio (jeweils zzgl. Fahrgeld) bezahlt, bekommt im Gegenzug ein privates Open-Air-Konzert mit Hamburger Musiker*innen. Ab sofort können Konzerte (rund einer Stunde Dauer) angefragt werden, natürlich nur ohne Ankündigung, um Ansammlungen zu vermeiden.
#artistathome: Hannah Weiss Quartett 15.06.2020 @ Livestream Unterfahrt
Die in der Schweiz aufgewachsene Jazz-Sängerin Hannah Weiss bespielt mit ihrer Band (Hannah Weiss Group) mittlerweile renommierte Bühnen Deutschlands, war bei den Leipziger Jazztagen zu hören, auf Schloss Elmau oder auch in der Münchner Unterfahrt. Hannah Weiss glänzt stets mit makelloser Gesangstechnik, dem Feeling für den jeweiligen Song und einer imponierenden Natürlichkeit und Ausstrahlung. 2019 wurde sie mit dem BMW Welt Young Artist Jazz Award ausgezeichnet. Bei ihrer Master-Zwischenprüfung – dem Abschlusskonzert des Jazz-Instituts der Hochschule für Musik und Theater München – präsentiert sie ihr neues Programm. Inspiriert von einer Reise nach Südafrika und Mosambik, stellt sie sich sozialpolitischen Fragen die sie in ihren Texten verarbeitet. Mit ihrer Band, normalerweise im Sextett, jetzt im Quartett, hat sie eine 40-minütige Suite erarbeitet, die am 15.06.2020 in der Unterfahrt uraufgeführt wird.
Beginn: 20 Uhr, Dauer ca. 50 Minuten; Eintritt frei, „virtuelles Ticket“ erbeten. Das Konzert wird im Unterfahrt-Youtube-Kanal gestreamt.
#artistathome: Kathrin Pechlof 18.06.2020 @ „Into The Shed Exclusive“-Livestream
Der Berliner Gitarrist Ronny Graupe war einer der ersten, der im Zuge der Corona-Pandemie Live-Stream-Konzerte organisierte. Seit Anfang Juni veranstaltet er seine Online-Konzerte aus dem Berliner Club der Polnischen Versager hinter einer Paywall: „Into The Shed – Exclusive“ featured Künstler*innen wie Kathrin Pechlof (Harfe) & Christian Weidner (Saxophon) am 18.06.2020. Sie spielen schon seit langem zusammen und präsentieren Originalkompositionen, die sie für die Konzertreihe geschrieben haben. Das Konzert dauert von 21:30-22:30 Uhr, Tickets (Betreff: Vol.2) kosten 10.-€.
Junger Müncher Jazzpreis: jetzt bewerben
Auch dieses Jahr wird der mit 6.000.-€ dotierte Junge Münchner Jazzpreis ausgeschrieben; zusätzlich wird ein mit 500.-€ dotierter Solistenpreis vergeben. Noch bis zum 28. Juni können sich Musiker*innen aus Deutschland, die nicht älter als 28 Jahre sind, für das Konzertfinale am 6. November in der Münchner Unterfahrt bewerben. Aus allen fristgerecht eingegangenen Bewerbungen wählt die von „mucjazz – Münchner Verein zur Förderung von Jazz e.V.“ eingesetzte Fachjury die 3 besten Bewerber*innen im Blindfold-Verfahren aus. Das Finale wird vom BR aufgenommen.
„Festival für Festivals“ will 130 Events zusammenbringen
Wie so oft in diesem seltsamen Jahr, wird einem erst jetzt, da Festivals nicht in gewohnter Form stattfinden können, bewusst, was man an ihnen hat. Deshalb möchte das Team von „Höme – Für Festivals“ über 130 Events zusammen bringen, um beim „Festival für Festivals“ vom 21. bis 23. August die gesamte Bandbreite der Festivalkultur zu feiern. Das „Festival für Festivals“ ist ein bundesweites, online und auf Balkonen oder in eigenen Gärten stattfindendes Event mit einem bunten Programm aus Talks, Konzert-Streams und Challenges, das den Festivalspirit nach Hause bringt und dadurch Mittel zur Sicherung der Festivalkultur generiert. Ein Festival also, das einerseits die Macher*innen feiert und unterstützt, zugleich aber von all jenen zuhause gefeiert wird, die in diesem Jahr auf ihre Herzensfestival verzichten müssten. Alle geplanten Aktionen laufen auf der Website festivalfuerfestivals.de zusammen: Dort werden nach und nach alle teilnehmenden Festivals ausführlich vorgestellt. Am Festivalwochenende wird es auf der Website ein einmaliges Programm geben, das weit über die inzwischen bekannten Konzertstreams hinaus geht. Außerdem gibt es zahlreiche unterhaltsame Camp Challenges, bei denen man viele Preise oder die Tickets für den nächsten „normalen“ Festivalsommer gewinnen kann und eine Box mit Merch fürs Festivalfeeling. Die Einnahmen jedes Box- oder Bändchenkaufs wandern, abzüglich der Produktionskosten, direkt an das Lieblingsfestival und/oder in einen gemeinsamen Topf, der unter allen teilnehmenden Festivals gleichermaßen aufgeteilt wird. Du hast zudem die Möglichkeit einen frei wählbaren Betrag zu zahlen und damit die Festivalbranche zu unterstützen. Zusätzlich geben Sponsoren einen Betrag in den Gesamttopf.