Tabadoul Orchestra
“World Wide Wahab“
Schon mal eine CD gehört, die arabische Bauchtanzmusik mit Klängen a la Zillertaler Hochzeitsmarsch kombiniert? Braucht man auch nicht? Würde ich nach dem Anhören von „World Wide Wahab“ nicht unbedingt sagen… Der abenteuerliche Stilmix macht Sinn, wenn man weiß, dass es sich um die Musik des 1991 verstorbenen ägyptischen Komponisten Mohammed Abdel Wahab handelt. Er gilt als eine Art Frank Zappa der arabischen Musik, Erfinder des arabischen Filmmusicals, der durch Einbeziehen westlicher oder lateinamerikanischer Rhythmik sowie Instrumenten wie E-Gitarre, E-Piano und Orgel die arabische Musik revolutionierte. Musiker der Kölner Schäl Sick Brass Band entdeckten den in Deutschland weitgehend unbekannten Wahab und nahmen nun mit der ägyptischen Sängerin Dina Gouda dieses Album auf. Bereits beim ersten Stück schüttelt man nach kurzer Zeit ungläubig den Kopf: arabische Melodienbögen und -schleifen, die typischen orientalischen Rhythmuswechsel – und dann plötzlich stramme Bläser in strahlendem Dur, „grad zünftig“! Gefolgt von „El Bint El Shalabeya“, das Balkanbeats-gewöhnten Hörerinnen recht vertraut vorkommen dürfte. Auch „Ishar“, ähnlich wie „Ana Welazab“, ein schönes, melodisches Chanson im Rumba-Rhythmus, das von Dina Gouda mit zartschmelzender Stimme vorgetragen wird. Aber dann kommt’s: „Al Maady“ – man glaubt sich mit dem fliegenden Teppich in einem bayerischen Bierzelt gelandet, es fehlt nur noch der Jodler, aber halt: Schon geht’s weiter mit einem herrlichen Balkaneinschub. „Ech El Bolbol“ lädt zu Bauchtanz im Beledi-Rhythmus, aber bereits das nächste Lied, „Ya Ward Meen Yeshtereek“, verfremdet die arabischen Melodien mit Zirkusmusik-Rhythmen, plötzlich rockt eine verzerrte E-Gitarre in bester Progrock-Manier dazwischen. Auch schön schräg: „Al Qamh“, ein arabisches Trommelsolo, dann eine fröhliche Gesangsmelodie à la „Bei uns in Tirol“, wenn dann noch der Kinderchor die Melodie aufgreift, glaubt man Heidi mit dem Geißenpeter über die Alm hüpfen zu sehen… So geht das weiter. Eine aberwitzige Schnittmenge vermeintlich unvereinbarer Kulturkreise. Und das Unglaubliche: Es ist gut! Es macht Laune! Es ist tanzbar! Und eignet sich prima für das heitere Musikstilraten auf Feten von YUNs (Young Urban Nonconformists).
CD, 2011, 11 Tracks, Label: Westpark Music
Fee Kuhn23.01.2011