Pollyanna

Eigentlich ist “The Mainland” gar kein wirklich neues Album: Auf dem französischen Label Melmax erschienen die Songs der Pariser Singer-/Songwriterin Pollyanna a.k.a. Isabelle Casier bereits vor gut vier Jahren. Dass diese Platte endlich auch hierzulande problemlos erhältlich ist, verdanken wir der wie immer umsichtigen und geschmackssicheren Kitty Solaris/Kirsten Hahn, Berliner Labelchefin und Künstlerin in Personalunion. Pollyanna ist auf Solaris Empire bestens aufgehoben: Die Musik der französischen Multiinstrumentalistin, die ihre ersten Gehversuche mit einer Rockband unternahm, wirkt rauh und zart zugleich, klingt nach Hafenkneipen mit Meerblick, aber auch nach urbanen Umgebungen. Die Basis für Pollyanna’s Songs ist von Cat Power, Anna Ternheim oder den Go-Betweens beeinflusster Folkpop. Melodiös und tendenziell ein bisschen wehmütig ist die Stimmung, aber nie „verjammert“, ganz im Gegenteil: eher zupackend und nach vorne blickend klingen „Brighton“ und „Bruxelles“, überhaupt ist das Unterwegssein, das Pendeln zwischen „altem“ und „neuem“ Europa ein bestimmendes Thema auf „The Mainland“. Dementsprechend instrumentiert Pollyanna ihre Lieder abwechslungsreich und ambitioniert, es sind Bratschen, Violinen, Celli zu hören – und engagiertes Schlagzeugspiel, was Stücken wie „You’re A Tiger“ oder „I Wish I Worked In A Factory“ Druck und Spannung verleiht. Frau kann sich Pollyanna bildlich vorstellen, wie sie mit umgehängter Gitarre gerade noch den letzten Zug nach Marseille erwischt, den Wind in den Haaren und einen Song auf den Lippen.