Janelle Monáe

“The ArchAndroid“

Das Missy Magazine bewies den richtigen Riecher, die damals noch ziemlich unbekannte Janelle Monaé aufs Cover von Ausgabe 4/09 zu packen: Spätestens jetzt kommt niemand mehr an der Ex-Musicalstudentin vorbei. Auf „The ArchAndroid“ führt sie das mit der Vorgänger-EP „Metropolis: The Chase Suite“ begonnene Konzept weiter, das man auch eine spinnerte Idee nennen könnte. Zeitreise, Entführung durch Körperfresser, Fritz Lang-/Metropolis-Setting, ein Alter Ego namens Cindi Mayweather … puh, klingt wie eine Mésalliance zwischen George Clinton und Lady Gaga, die man lieber nicht anhören möchte. ABER: die 24-jährige Monáe ist verrückt und visionär, multitalentiert und genial, und „The ArchAndroid“ ist ein sagenhaftes Album, das die HörerInnen von der dramatischen „Suite II Overture“ bis zum neun Minuten langen Schlusstrack „BabopbyeYa“ in Atem hält.

Ganz abgesehen davon, dass Monáe auf den typischen R’n’B- (Un-)Dresscode für weibliche Acts verzichtet, immer in einer schwarz-weißen Uniform auftritt und schon deshalb zu verehren ist, schafft sie es, auf einer Platte mit -zig verschiedenen Stilen wie Soul, Indierock, Funk, Elektropop, Jazz, Dancehall und James Bond-mäßigen Großraumballaden zu jonglieren, und doch immer eindeutig nach Janelle Monáe zu klingen. Zwar hört man einigen Stücken an, dass sie zur Atlanta-Outkast-Posse gehört – Antwan „Big Boi“ Patton ist Co-Producer und singt auf der Single „Tightrope“ mit -, aber die clevere Androidin mit der Stimme einer Shirley Bassey nutzt die Skills ihrer Supporter und Gaststars wie Deep Cotton, Saul Williams und Of Montreal geschickt und bleibt stets Herrin der Lage. Und die Frage, ob ein Konzeptalbum in Zeiten des kontextlosen Downloadens Sinn ergibt, ist schnell beantwortet: ja, klar. Jeder Song auf „The ArchAndroid“ brilliert für sich allein, Cindi Mayweathers Abenteuer bilden den Rahmen, der die 18 Teile/Tracks zusammenhält.

Im Booklet verrät Monáe ihre Inspiration zu jedem Track, „Mushrooms & Roses“ z.B. ist „inspired by a Stage Dive at the Bonnaroo Festival and Jack White’s mustache“. Da verzeiht man ihr sogar den aktuellen Werbespot für Coca Cola…

CD, 2010, 18 Tracks, Label: Atlantic/Warner

Christina Mohr

06.07.2010