Scollo Con Cello

“Tempo Al Tempo“

„Tempo Al Tempo“ heißt das neue Album der sizilianischen Musikerin Etta Scollo und es handelt, wie der Titel schon andeutet, von der Zeit. Wie bei den Vorgängern ließ sich die experimentierfreudige Sängerin von verschiedenen SchriftstellerInnen inspirieren, um sich dem Thema von verschiedenen Seiten zu nähern. Die Zeit wird in ihren italienisch- und deutschsprachigen Liedern zum Komplizen in der „Lebensmittenkrise“, zum Lebensatem oder zum die Poesie einsperrenden Käfig („Il Metronomo“). Als Duettpartner hat sie sich die virtuose Berlinerin Susanne Paul am Cello ausgesucht, mit der sie seit 2009 in einer Band spielt und die auf dem Album als gleichberechtigte Komponistin und Arrangeurin auftritt. Stimme und Cello, neben sparsam eingesetzter Gitarre, Mandoline und Singender Säge, sind die Hauptingredienzen des Albums und mehr braucht es auch nicht. Kaum zu glauben, was Paul aus ihrem Instrument herausholt! Mit ihren wenigen zur Verfügung stehenden Mitteln schaffen die experimentierfreudigen Musikerinnen eine faszinierende, ganz eigene Welt, die sich um Genres nicht schert (aber wohl am ehesten zwischen Klassik, Jazz und Folklore angesiedelt ist) und umso phantasievoller mit ihren Möglichkeiten umgeht. Das sind mal zerbrechlich schöne, berührende Songs, aber auch percussiv-stimmgewaltige Stücke wie „Derrida“ und „‘Nnimini“. Scollo singt mit einem sehnsüchtigen Flirren in der Stimme, bis sich bei mir Gänsehaut und gleich danach Fernweh einstellt. Dank des ausführlichen Booklets, das deutsche Übersetzungen enthält, erschließt sich auch die Poesie, die hinter dieser Musik steht.

MELODIVA CD Tipp März 2015

CD, 2015, 14 Tracks, Label: Jazzhaus Records

Mane Stelzer

12.04.2015