The Indelicates
“Songs For Swinging Lovers“
Eddie Argos von Art Brut verehrt das Brightoner Duo The Indelicates so sehr, dass er nicht nur auf die Frage nach seiner Lieblingsband, sondern auf alle nur erdenklichen Fragen mit „The Indelicates“ antwortet – „so lange, bis sie die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen!“ Argos‘ Ansinnen ist nobel, denn Ex-Pipettes-Sängerin Julia Clark-Lowes und Simon Clayton genießen vor allem hierzulande höchstens Geheimtipp-Status, was sich mit ihrem zweiten Album „Songs For Swinging Lovers“ und der dazugehörigen Tour ändern sollte. Das Covermotiv in Verbindung mit dem Albumtitel macht klar, dass hier zwei mit einem sehr schwarzen, sehr britischen Humor gesegnet sind – der in vielen Indelicates-Texten zum Vorschein kommt. Es lohnt sich, bei Songs wie „Flesh“oder „Be Afraid of Your Parents“ genauer hinzuhören: Julias süße, mädchenhafte Vocals lassen die galligen Texte, die beispielsweise Schönheits- und Jugendkult aufspießen, umso garstiger erscheinen. Der Sarkasmus der Indelicates kommt nicht von ungefähr, schließlich trat der brummstimmige Clayton jahrelang mit einem Musical auf, in dem das Buch Hiob comedytauglich verbraten wurde. Dann traf er Julia, die umgehend die Pipettes verließ, um Claytons Freundin und musikalische Partnerin zu werden. Mit ein wenig Fortune können The Indelicates das Erbe von The Beautiful South antreten: musikalisch bedienen sich Julia und Simon aus dem Fundus des (hauptsächlich) britischen Pop der letzten 35 Jahre. Der furiose Opener „Europe“ erinnert mit seinem dramatischen Piano an die Dresden Dolls, in Songs wie „Your Money“ und der Single „Savages“ lassen sie Indie-Rock-Gitarren á la Arctic Monkeys freien Lauf. Julia und Simon
singen abwechselnd solo, aber auch im Duett („III“), was besonders schön ist, siehe The Beautiful South. Ihren Hauptinstrumenten Piano und Gitarre fügen sie hier und da passgenaue Trompetenklänge hinzu, bei der polterigen Polka „Sympathy For The Devil“ (keine Coverversion des Stones-Klassikers) dürfen sich Nostalgiker an die Pogues zur „Irish Rover“-Zeit erinnert fühlen. Die klassische Ballade „Roses“, wunderschön von Julia gesungen, ist Indelicates-like mit verbalen Dornen gespickt, am Schluss wartet mit „Anthem For Doomed Youth“ ein kleiner, natürlich nur vordergründig harmloser Folksong. Um in Eddie Argos‘ Sinne zu enden: Lieblingsbuch? The Indelicates. Lieblingsessen? Natürlich The Indelicates!
CD, 2010, Label: Snowhite
Christina Mohr15.12.2010