Anne Hartkamp

“Songs & Dances“

Anne Hartkamp kam auf Umwegen zum Jazz. Sie studierte zunächst klassischen Gesang, wechselte dann zu Germanistik und Musikwissenschaften und entdeckte dort ihre Liebe zum Jazz. Zuerst autodidaktisch und dann fortführend im Studium unter anderem bei Deborah Brown an der Amsterdamer Hogeschool voor de Kunsten. Heute unterrichtet sie selbst Jazzgesang an der Hochschule in Osnabrück. Mit und um die Wahlkölnerin herum entstanden in den danach folgenden Jahren viele Projekte und eine lange Liste mit den verschiedensten Künstlern, mit denen sie zusammen gearbeitet hat. Ihr Quintett ist auf ihrer neuen CD zu einem Quartett geschrumpft, nicht jedoch zum Nachteil des geneigten Publikums. So findet sich der gebürtige Würzburger Jazzpianist Thomas Rücker ebenso im Quartett wieder wie der Bassist André Nendza und der Schlagzeuger Oliver Rehmann. Acht der zehn Titel auf der CD sind Eigenwerke von Hartmann. Mit einer der beiden Fremdinterpretationen startet die CD, „Seagulls of Kristiansund“ von Mal Waldon und Jeanne Lee, durch den vorangestellten Titel „The Concept of North“ wird auch der eigene Anteil zum Ausdruck gebracht. Mit „After The Rain“ gibt sie dem John Coltrane-Standard eigene Sichtweisen auf den Weg. Ihr eigener Text dazu ist leider nur im Booklet zu lesen. Hartkamp übernimmt hier mit ihrer Stimme die schwermütige Melodie, die das Saxophon im Original spielt. Hier kommt ihre ganze Stimmkraft zur Geltung, dynamisch und majestätisch. Ihre Mitmusiker sind dabei nicht nur Untermalung – vielmehr formiert sich ein Zusammenspiel, das aufeinander bis ins Detail abgestimmt ist. Der Titel „Dance Three“ ist einer ihrer „Tänze“ auf der CD. Hier wechseln die Rhythmen zwischen Latin und Swing. Mit ihren Tänzen bringt sie ihre Zuneigung zu ineinander übergehenden Bewegungen der Körper zur Musik zum Ausdruck. Vielleicht ungewöhnlich für eine Sängerin, aber nicht ungewöhnlich für Anne Hartkamp. Thomas Rücker nimmt das Gefühl der Freiheit von Hartkamp’s Gesang auf und führt dies in seinem Solo weiter. In der Ballade „Deep“ verwebt sie sich einzig mit Rücker’s Piano. Hartkamp läßt mit diesem Duett nicht nur ihre überragende Stimme zum Tragen kommen, sondern auch ihre poetische Seite. „Lass uns den Aufstieg und Fall, die Vergebung, die Vergänglichkeit, und das Geheimnis und die Liebe und den Schmerz und alles teilen.“ Wörter zum Luftschlösser bauen und eine Platte zum Abtauchen, nicht zuletzt aufgrund der großen Stimme von Anne Hartkamp und ihrer Scatvielfalt. Sie braucht keine Wörter, um ihren Ausdruck auf die Zuhörer zu übertragen, sie spielt mit den Stilelementen ihrer Stimme. Alle Songs harmonieren miteinander, keiner wirkt fremd und alles geschieht mit großer Leichtigkeit.

CD, 2016, 10 Tracks, Label: Double Moon Records

Anja Klein

11.07.2016