Anna Ternheim
“Somebody Outside“
Viel wird gejammert. Das ist schon an anderer Stelle bemerkt worden. Auch die Kunst kam nicht ungeschoren davon. Filme unterhalten nicht mehr, sind nicht mehr innovativ, Musik kommt aus der Retorte und Models sind zu dünn. Alles bekannt. Trotz allem gibt es mehr Trüffelschweine da draußen, als man denken sollte. Und natürlich Trüffel! Und die Jäger der verborgenen Schätze haben es schon entdeckt vor mir das Debütalbum der Stockholmer Singer-Songwriterin Anna Ternheim. Selbst der Rolling Stone! Da war „To be gone“ sogar auf der New Noises im Februarheft. Und Vergleiche gezogen haben auch schon alle zu Stina Nordenstam (obwohl die viel avantgardistischer und entrückter ist), Nick Cave und Leonhard Cohen (Anna fühlt sich geschmeichelt) und einige sogar zu Sinead OConnor (obwohl die nie so erdige Musik gemacht hat). Ich muss bei „Somebody Outside“ allerdings an zeitlose Eleganz denken; an eine Frau mit eleganter, unaufdringlicher Kleidung in klaren Tönen; an Kaligraphie und an Bücher von Anna Gavalda. Denn auf „Somebody Outside“ geht es um einfache Wahrheiten. Es geht um Veränderungen im Leben. Und die mögen ausgelöst werden von außergewöhnlichen, aggressiven und gewaltigen Ereignissen, aber sie sind meist Ergebnisse eines gewöhnlichen, stillen und intimen Prozesses. Und gerade diese Entwicklungen beschreibt Anna Ternheim in ihren Texten. Es geht darum zu bleiben, zu hoffen, loszulassen und vielleicht doch wegzugehen „So I left your side, followed my own voice. The window was open, but he was gone and I went back to you“ (Somebody Outside). „I wonder when you asked for something that I couldnt give you more of“ (Better be). Die Musik trägt diese Seelenstücke. Sie ist melancholisch, aber auch nostalgisch, so hört man Tamburine und Kastagnetten, sogar eine Pedal Steel Gitarre („A voice to calm you down“). Manche Stücke sind spartanisch instrumentalisiert (“I’ll follow you tonight“ scheint nur von der Gitarre und Anna Ternheims Stimme getragen zu werden), in anderen Stücken schöpft die Schwedin aus dem Vollen („Better be“). Auch die Version des Henrik Berggren Stücks „Shoreline“, mit dem das Album abschließt, geht mir hier mehr zu Herzen als auf dem Album von Broder Daniel. Und - ja genau! Das macht dieses Folk/Pop-Album so besonders, es berührt den Hörer, es trifft ins Schwarze. „Today must have been one of the strangest days. I found a place where I could stay. And people say that it will kill me but they don’t understand, people never do, but it makes sense to me to be senseless to change my plans for you. It’s a new secret I have found“. (My secret)
CD, 2006, 10 Tracks, www.annaternheim.com, Label: Stockholm Reords / Universal
Nadine Hartung09.03.2006