Laetitia Sadier

“Silencio“

Als vor zwei Jahren Laetitia Sadiers Soloalbum „The Trip“ erschien, waren viele Fans versöhnt, die die Trennung von Stereolab – die Bandmitglieder sprechen diplomatisch von einer „Pause“ – noch nicht ganz verdaut hatten. Auf „The Trip“ entfernte sich Sadier stilistisch von Stereolab, und weckte dennoch süßeste Erinnerungen an selige Zeiten mit ihrer einstigen Electro-Krautgruppe, die bis heute so kultisch verehrt wird. Mit ihrem neuen Album „Silencio“ wagt Laetitia Sadier noch mehr Variation. Die Single „Find Me The Pulse Of The Universe“ schwelgt in sanftem Bossa Nova und klingt wie ein Astrud-Gilberto-Update, „Moi Sans Zach“ ist vom französischen Chanson der sechziger Jahre inspiriert – ein Video zu diesem Song wäre auf jeden Fall in Schwarz-Weiß gedreht und die ProtagonistInnen trügen gestreifte T-Shirts! Überraschend tanzbar sind das gitarrenlastige „Auscultation To The Nation“ und der funkige Discotrack „Next Time You See Me“ – und doch ist es beinah egal, welche Richtung die – im Übrigen sehr üppig und flauschig produzierte – Musik einschlägt: man lauscht sowieso gebannt und hingerissen diesem dunkelwarmen, immer ein bisschen trägen und dabei so anziehenden Nicht-Gesang und ist einfach glücklich. Oder melancholisch, was ja oft mit dem Glück beim Musikhören einhergeht. Auch wenn der Albumtitel anderes evoziert: auf „Silencio“ erhebt Laetitia Sadier ihre berühmte Stimme ungewohnt deutlich gegen Ungerechtigkeit, Krieg, Korruption. Sadier will keine explizit politische Musikerin sein, tut ihre Ansichten aber unverschleiert kund: die Lyrics von „The Rule Of The Game“, „Fragment Pour Le Future“ und vor allem „There Is A Price For Freedom (And It Ain´t Security)“ sind es wert, dass man nicht nur auf den wohligen Klang von Sadiers Stimme hört, sondern auch auf ihre Worte.

CD, 2012, 12 Tracks, Label: Drag City

Christina Mohr

03.09.2012