Vivian Girls

“Share The Joy“

Ihre Ecken und Kanten glattgebügelt und damit auch ein wenig von ihrem ungeschliffenen Garagencharme eingebüßt haben die Vivian Girls aus Brooklyn, NYC. Nun kann man eine Band nicht ernsthaft dafür verurteilen, dass sie an den Instrumenten besser geworden ist – Sängerin/Gitarristin Cassie Ramone, Bassistin Katy Goodman und die neue Schlagzeugerin Fiona Campbell (Ersatz für Frankie Rose) haben unüberhörbar an ihren Skills gefeilt und wagen sich auf „Share The Joy“, ihrem dritten Album und Debüt für Polyvinyl, sogar an Stücke, die länger als sechs (!) Minuten dauern. Die Punk-Wurzeln hört man nur noch selten heraus: Cassie klingt manchmal wie eine weniger aggressive Courtney Love, ab und zu rumpelt Fiona heftig-trashig an ihren Drums. Trotzdem bezeichnet „Share The Joy“ keinen Stil- oder Imagewechsel, die Vivian Girls beackern unbeirrt ihr Feld des nostalgischen Girlgroup-Garagenbeat-Shoegaze-Pop. Das hört sich oft ganz wunderbar und berückend an, Songs wie „Dance (If You Wanna)“ oder „Take It As It Comes“ machen klar, warum die Vivians einen wahren Girlband-Boom mit den Dum Dum Girls, Peggy Sue, The Babies und anderen hervorriefen. „Aaha-haa“-Chöre und Schellenkränze lassen die Sixties aufleben, abgeschmeckt mit einer Prise Blondie zu deren Anfangstagen. Doch in all der Schönheit lauert das Gespenst des Stillstands: Auch wenn sich die Vivian Girls in „Death“, „Trying to Pretend“ oder „Vanishing of Time“ ungewohnt düsteren Themen widmen, lässt sich nicht verheimlichen, dass die musikalische Beschwörung der Vergangenheit nur bedingt revolutionäres Potential birgt. Wenn sie nicht zur reinen Nostalgie-Band verkommen wollen, müssen sich die Vivian Girls fürs vierte Album etwas einfallen lassen.

CD, 2011, 10 Tracks, Label: Polyvinyl

Christina Mohr

10.05.2011