Yelle
“Safari Disco Club“
Erinnert sich noch jemand an die portugiesisch-belgische Sängerin Lio, die als Teenie Anfang der 1980’er-Jahre mit „Le Banana Split“ und „Amoureux Solitaires“ zwei sehr charmante Hits landete? Die Französin Yelle (bürgerlich Julie Budet) könnte Lios Tochter und musikalische Erbin sein. 2009 eroberte Yelle mit dem Elektro-Track „Je Veux Te Voir“ und dem Debütalbum „Pop-Up“ die Dancefloors der Welt, jetzt erscheint ihre heißersehnte zweite Platte „Safari Disco Club“. Die Parallele zu Lio ergibt sich aus Yelles französischsprachigem, mädchenhaft-naivem Gesang, der beinah zwangsläufig zu allerlei Assoziationen hinreißt (Lolita-Charme! Chanson! Amour fou! Vanessa Paradis!) und dem Producer im Hintergrund (in Yelles Fall GrandMarnier, bei Lio u.a. Musiker von Telex), der einen tanzbaren Sound um diese Stimme bastelt. „Safari Disco Club“ ist etwas „erwachsener“ geraten als Yelles Debüt, will sagen, mehr an den Achtzigern orientiert als an durchgedrehtem Nu Rave. Der Titeltrack oder „S’etent de Soleil“ und „Chimie Physique“ sind supereingängige Elektropopsongs mit Referenzsplittern von z.B. den frühen Depeche Mode, Kylie Minogue oder Bananarama zu „Venus“-Zeiten. „Mon Pays“ kombiniert New Wave mit Reggae, Techno- und Chicago-House-Spuren sind in „Unillusion“ auszumachen. GrandMarnier verwendet aber auch Autotune und andere Soundelemente, die „Safari Disco Club“ zu einem aktuellen Produkt machen, das fast durchgängig clubtauglich ist. Yelle sagt, dass die neuen Songs auch emotional mehr in die Tiefe gehen als es bei „Pop-Up“ der Fall war – das nächste Album wird zeigen, ob sich Yelle von ihrem Produzenten emanzipieren und als eigenständige Künstlerin etablieren kann. Lio gelang das seinerzeit nicht so gut.
CD, 2011, 11 Tracks, Label: Cooperative
Christina Mohr19.03.2011