Naïssam Jalal

“Quest Of the Invisible“

Naïssam Jalal begibt sich auf ihrer neuen Doppel-CD auf die „Suche nach dem Unsichtbaren“ und nimmt uns mit auf eine ganz persönliche musikalische Reise. Die Klangsprachen des Jazz und der traditionellen arabischen Musik vermischen sich dabei auf so natürliche Art, dass es scheint, als begleiteten wir nicht eine Wanderin zwischen zwei musikalischen Welten, sondern als weise die französisch-syrische Flötistin uns Zuhörer*innen vielmehr den Weg in ihre ganz eigene musikalische Landkarte. Auch in den Stücktiteln findet sich dieser selbstverständliche Umgang mit der Mischung kultureller Einflüsse wieder: manche Stücke sind auf Französisch betitelt, manche Arabisch oder Englisch, ohne das dies für sie einer Übersetzung oder Erklärung bedarf. Dabei lässt sie sowohl der Stille als auch ihren Mitmusikern Leonardo Montana, Claude Tchamitchian und Hamid Drake viel Raum – zum Atmen, sich Entwickeln, und zu musikalischen Dialogen.
Jalal selbst wechselt – auch innerhalb einzelner Stücke – zwischen der arabischen Flöte Ney, der Querflöte und ihrer Stimme ab, die sie bis auf das letzte Stück „Prière“ (Gebet) ausschließlich wortlos einsetzt, und führt so auch musikalische Dialoge mit sich selbst. Ihre Stimme wird dabei sowohl als Instrument hörbar, als auch als Geräusch, wenn sie in schnellen Passagen ihren Atem – der die Flöte zum Klingen bringt – hörbar macht, und so die Anstrengung und Intensität ihrer Musik zum Thema derselben macht. Je tiefer man in diese Klangwelt eintaucht, desto mehr verdichtet sich der Eindruck einer ganz persönlichen, introspektiven Begegnung der Künstlerin mit der Welt, der Einsamkeit, der Natur, mit der Musik, und mit ihrer Spiritualität. Das Ergebnis dieser Suche sind ruhige, teils meditative Stücke, auf die man sich erst einlassen muss, die einen aber nach und nach immer mehr in ihren Bann ziehen und die mit ihrer dichten Atmosphäre noch lange im Gedächtnis nachklingen.

Doppel-CD, 2019, 4 + 4 Tracks, Label: Les Couleurs du Son

Maria Bätzing

19.09.2019