Cherry Sunkist
“Projection Screens“
Cherry Sunkist ist ein klebrig-süßes „Erfrischungsgetränk“ – und eigentlich die ganz falsche Assoziation für Karin Fisslthalers musikalisches Projekt. Die Österreicherin tauchte vor fünf Jahren auf dem von Chicks on Speed zusammengestellten Sampler „Girl Monster“ auf, veröffentlichte kurz darauf ihr Debütalbum „Ok Universe“, spielte bei Ladyfesten und machte sich einen Namen als experimentierfreudige Laptop-Artistin und Videokünstlerin. Auf ihrer neuen Platte „Projection Screens“ gibt es keine leicht konsumierbare Wohlfühlmusik: Cherry Sunkist zerschreddert und dehnt die Töne, Beats werden gequetscht und verdreht, der Synthesizer klingt wie eine Gitarre und die Gitarre macht wummernde Dub-Drones. Hier sind die Dinge nicht das was sie scheinen, sondern verweisen auf andere Wahrnehmungsebenen. Sunkist klingt nicht ganz so schroff und in-your-face wie z.B. Monotekktoni aus Berlin, aber nicht minder verstörend. Die Stimme hält sich in entfernten Echokammern auf oder wird geisterhaft verzerrt, während es nebenan blubbert und wummert wie auf einer intergalaktischen Baustelle. „Old Parts“ klingt, als hätten die Stooges einen Elektrotrack aufgenommen, bei „Glass“ wird PJ Harvey in einer Gefriertruhe gefangen gehalten. „She“ dagegen ist beinah sanftmütig und eingängig, ein versöhnliches Stück, als Nummer zwei gleich an den Anfang gepackt. Der Titeltrack und „Goodbye“ wirken mit ihrem schleppendem Groove auf seltsame Weise verführerisch, wobei Cherry Sunkist keinerlei Klischees von Sexyness bedient, im Gegenteil. „Projection Screens“ sträubt sich dagegen, dass Pop immer nur glatt und hübsch und leuchtend rosa sein soll. Die Pop-Welt von Cherry Sunkist ist voller Stacheln und verunsichernder Weggabelungen, die in dunkle Ecken führen. Und genau deshalb so faszinierend.
CD, 2011, 9 Tracks, Label: Comfort Zone
Christina Mohr20.06.2011