Lonely Drifter Karen

“Poles“

Sie verspüren so ein sehnsuchtsvolles Drängen, ein süßes, ahnungsvolles Frühlingsgefühl? Dann ist „Poles“ genau das richtige Album: die aus Österreich stammende Sängerin Tanja Frinta und ihre Band Lonely Drifter Karen (benannt nach einer Figur aus Lars von Triers Film „Idioten“) werfen auf ihrer dritten Platte die Folkelemente der Vorgängeralben „Grass Is Singing“ und „Fall of Spring“ fast vollständig über Bord und schwelgen in Pop aller Couleur. Weniger akustisches Klavier, dafür mehr analoge Elektronik, funky Beats, asiatisch angehauchte Harmonien und chansoneske Anmutung – das könnte ein ziemliches Durcheinander werden, aber Frau Frinta und ihre Kollegen Marc Sobrevias und Giorgio Menossi verbinden alle Zutaten zu perfekt arrangierten Songs, ganz abgesehen davon, dass Tanja Frintas Gesang viel selbstbewusster rüberkommt als noch vor zwei Jahren. Manche Stücke erinnern an die Frühphase Goldfrapps, als diese sich der ganz großen Breitwand-Filmmusik widmeten, aber auch Fans von Feist dürften mit „Poles“ sehr glücklich werden. Träumerisch und ein ganz klein wenig surreal-entrückt schweben die verführerisch leichten Melodien durch das Sonnenlicht: Songs wie „Soul Traveler“, „Three Colors Red“ und „Traffic Lights“ machen gute Laune und man kann sogar tanzen dazu. In „Velvet Rope“ oder „Hunters to Heaven´s Wild“ wagt das Trio Ausflüge ins kantig-avantgardistische Fach, was dem Album gut tut, denn sonst wäre es fast ein bisschen zu schön. „Poles“ ist eine dieser „kleinen großen“ Platten, die man im hektischen Takt neuer Veröffentlichungen leicht übersehen könnte – was ein echtes Versäumnis wäre!

CD, 2012, 13 Tracks, Label: Crammed

Christina Mohr

25.03.2012