Kyrie Kristmanson

“Origin of Stars“

Zugegeben: die verfügbaren Infos über Kyrie Kristmanson klangen bedenklich. Von „Geistern und Naturgewalten“ war die Rede, von der „überwältigenden Energie der erst 20-jährigen Kanadierin“, die auf der Bühne ausschließlich selbstgemachte weiße Wollhüte trägt und mit einer Kindergitarre auftritt. Und dann der Name! Kyrie heißt auf griechisch Gott, Kristmanson ist isländisch und bedeutet „Sohn des Christen“. Ihr zweites Album trägt den Titel „Pagan Love“ (Heidnische Liebe). Kann es noch kruder kommen? Gegen Kyrie Kristmanson wirkt „Folkelfe“ Joanna Newsom wie eine rechtschaffene Steuerberaterin …. dachte die Rezensentin. Aber zum Glück hält das Popgeschäft ja doch noch Überraschungen bereit, Überraschungen wie Kyrie Kristmansons dritte Platte „Origin of Stars“. Schon der erste Track, „Song X“ zieht die Hörer in seinen Bann: irgendwie verrückt scheint Miss Kristmanson schon zu sein, aber gleichzeitig auch bodenständig. Die Trompete trötet fröhlich, Kyrie Kristmanson singt dazu mit klarer Stimme, die ein bisschen an Björk und Feist erinnert, aber auch nur ein bisschen. Kristmanson wirkt viel kräftiger und erdverbundener. Nach diesem Zaubersoul aus dem Wald locken „Jump“ und „Eruption“ mit jazzigen Improvisationen, „Who“ ist eine bestrickende Mischung aus Folk, französischem Chanson und 60’er-Jahre-Barjazz. Als wäre das „Girl from Ipanema“ in den kanadischen Weiten gelandet. Die durchgedrehte Trompete vom Anfang ertönt wieder bei „Comet of Desire“, „Wicked Wind“ dagegen ist eine fragile, schwerelose Folkskizze mit ganz zurückgenommener Instrumentierung. Der Titeltrack ist mindestens so bezaubernd wie Audrey Hepburns „Moon River“ aus „Breakfast at Tiffany´s“ – nur dass „Origin of Stars“ keinen Film benötigt, um seine Schönheit zu entfalten. Mit dem auf Französisch gesungenen „Oh, Montmartre“ zeigt Kristmanson ihre Verbundenheit zum Land des gallischen Hahns: 2009 trat sie beim „Printemps de Bourges“-Festival zum ersten Mal öffentlich auf, inzwischen lebt sie in Paris. Langer Rede kurzer Sinn: „Origin of Stars“ ist ein ganz wundervolles, faszinierendes Album, durch das vielleicht doch ein paar kanadische Geister geweht sind…

CD, 2010, 11 Tracks, Label: No Format

Christina Mohr

01.11.2010