Marianne Faithfull
“No Exit“
Die 1960er Jahre in London, der musikalisch-kreative Nabel der Welt: Die Beatles, die Stones und Unmengen anderer Bands arbeiteten, feierten, tobten in der Stadt, und mittendrin ein elfengleiches, blondes, großäugiges Mädchen, das wohl von allen anderen Girls glühend beneidet wurde. Wegen ihres Aussehens, wegen ihrer Beziehung zu Mick Jagger. „As Tears Go By“, hauchte sie auf Platte, ein Lied, das Jagger/Richards für sie geschrieben hatten. Ein paar andere Hits folgten, dann tauchte sie ab im Drogensumpf. 1979 ein überraschendes Comeback mit „Broken English“, die Stimme deutlich gereift, wieder etliche Hits, Arbeit als Schauspielerin. Erst 1985 kam sie endgültig los vom Heroin. Und 2007 hatte sie einen riesigen Kinoerfolg mit der Titelrolle der Tragikomödie „Irina Palm“. Die nun veröffentlichte Live-CD/DVD ist eine Rückschau auf ihr Leben, das sie größtenteils „on the road“ verbrachte. Neue Songs vom 2014er Album „Give My Love To London“ („Mother Wolf“, „Sparrows“) wechseln ab mit ihren alten Erfolgen („Sister Morphine“, „As Tears Go By“). Lustig klingt das alles nicht, ihr teils harscher Sprechgesang wird begleitet von einer beherzt aufspielenden, ziemlich punkigen Rockband. Eine depressive Note zieht sich durch fast alle Lieder, und die fröhliche Melodie von „The Ballad Of Lucy Jordan“ wird kontrastiert durch den Text, in dem die Protagonistin angesichts ihres langweilig-perfekten Vorstadtlebens Selbstmord begeht. Eine Platte, die man nicht wegen hervorragender Gesangsleistungen kauft. Sondern aus Respekt vor einer Ikone, die ihr Leben auf ihre Art gemeistert hat, und die immer noch präsent ist: Rock’n’Roll will never die…
CD & DVD, 2016, 9 Tracks, Label: earMusic
Fee Kuhn10.10.2016