Nive Nielsen & The Deer Children

“Nive sings“

Kann man positiv verwirrt sein? Wenn ja, dann bin ich es beim Anhören des neuesten Albums von „Nive and the deer children“. Vertraut man den Snippets die man auf Amazon zu hören bekommt, könnte man denken, dass es sich um ein gewöhnliches Folkalbum handelt. Hört man sich die gesamte CD an, ist man … positiv verwirrt! In die zeitweise poppig klingenden Lieder, mischen sich derbe Anklänge, die an die experimentelle Phase früher Avantgarde Jazzer erinnert. Wie aus dem Nichts taucht eine völlig verquere Pianomelodie auf, die eine Menge Fragezeichen hinterlässt! Hat der Toningenieur etwa vergessen den Kanal zu muten, auf dem er seine fünfjährige Tochter am Klavier aufgenommen hat? Oder sind all die seltsamen Klänge und Geräusche, die sich ab und an einschleichen etwa Teil einer Musikkultur, die mir einfach fremd ist? Dazu muss man erwähnen, dass die Interpretin von den Inuit abstammt, was sich übrigens auch sprachlich in einigen Songs niederschlägt. Ähnliches gilt für die Texte. Sie sind zum Teil kindlich, albern, reimen sich nicht und erzählen in abstruser Weise von alltäglichen Gegebenheiten. Der Album Titel „Nive sings“ ist etwas irreführend, denn gesungen im klassischen Sinn wird eher weniger – zumeist werden die Texte nur gehaucht. Das liegt nicht am Unvermögen der Sängerin, sondern scheint eine Art Stilmittel der Band zu sein, denn auch ihr Duett-Partner, der auf einigen Songs zu hören ist, flüstert eher, als dass er singt. Ich persönlich bin kein Freund von dieser stimmlichen Interpretation, finde es aber in diesem Fall doch eher passend, als störend. Trotz allem kommt mir das Album dennoch gelungen vor. Kurze Instrumentalnummern von nur wenigen Sekunden verbinden die Haupttracks, interessante Instrumente mischen sich unter die Standard-Bandbesetzung. Vielleicht kein Muss, aber für Experimentierfreudige zum Reinhören empfohlen.

CD, 2012, 14 Tracks, Label: Glitterhouse

Frank Rapke

17.06.2012