Christina Fuchs und WDR Bigband

Newton’s Cradle kennt so ziemlich jede*r, wenn auch nicht unbedingt vom Namen her. Als schickes Gadget schmückt es zahlreiche Büroräume mit seinen fünf kleinen Stahlkugeln, die in einer Reihe und auf gleicher Höhe aufgehängt sind. Wird einem langweilig oder stockt die Besprechung, tippt man auf eine Kugel und schaut fasziniert zu, wie sie auf die zweite stößt, diese sich nicht bewegt, und trotzdem den Impuls an die nächste Kugel weitergibt, bis schließlich die Energie die fünfte Kugel erreicht, die am Ende der Reihe ausschlägt. Nicht nur das schlichte Cover dieser CD spiegelt minimalistisch ein solches Kugelstoßpendel wider, auch der musikalische Inhalt nimmt die Idee von Elastizität, Energie und Impulsübertragung auf.
Das erste Stück „Shadow and Light“ beginnt mit einer kurzen Einleitung im bewährten Big Band Sound und lässt nach und nach Raum für swingende Soli-Einlagen der unterschiedlichen Blasinstrumente: Trompete und Flügelhorn, Posaune und Klarinette kommen mit eigenen Stimmen zu Wort. Gegen Ende des Stücks meldet sich auch das Saxophon mit einem Solo in ruhigen, dunklen und eher melancholischen Klängen. So verbinden sich die Bläser-Sounds in dieser Komposition zu Schatten und Licht. Die eröffnenden Impulse werden im zweiten, Titel gebenden Stück „Newton’s Cradle“ übernommen und weitergetragen, wobei hier nun die Klarinette in den Vordergrund rückt. Spielerische Klavierklänge leiten das dritte Stück „Potschi“ ein, gefolgt von einem Gitarrensolo à la Hendrix, um von Bläsern abgelöst zu werden, die wie ein kirchlicher Posaunenchor klingen. Auch wenn das komplex klingt, die Mischung ist genial wunderbar. Man ist ständig gespannt darauf, was als nächstes kommt. „Ich mache mir das Newtonsche Gesetz zum Thema und übertrage es auf rhythmisch-melodische Vorgänge innerhalb der Komposition“, erklärt Christina Fuchs, die diese Klangexplosion komponiert und arrangiert hat.
Mit der WDR Big Band hat Christina Fuchs, die 2014 den WDR Jazzpreis für Komposition erhielt, die passenden Musiker*innen für die Umsetzung ihrer Ideen gefunden. Vor Live-Publikum beim WDR3 Jazzfest in Gütersloh aufgenommen, präsentiert das Großensemble großartige Klangtexturen voller Energie und Elastizität – ganz im Sinne von Newton’s Cradle.