Feist

“Metals“

Das enorme Interesse an Leslie Feist und ihrem neuen Album „Metals“ ist eigentlich ein großes Rätsel. Die zwölf sehnlich erwarteten neuen Songs sind nämlich alles andere als mainstream-tauglich, sondern introspektiv, filigran und intim, manchmal sogar ein wenig wunderlich wie „Bittersweet Melodies“, in dem Feist mit dem Wind und den Bäumen spricht. Nach ihrer Erfolgsplatte „The Reminder“ zog sich die kanadische Singer-/Songwriterin zurück, um in Ruhe und Abgeschiedenheit neue Stücke zu schreiben. Die selbstgewählte Einsamkeit wirkt sich auf „Metals“ dergestalt aus, dass keine eindeutigen Hits wie „1234“ darauf auszumachen sind: „The Bad in Each Other“, das sakral-feierliche „Graveyard“ oder die Single „How Come You Never Go There“ sind zeitlose Folk-Pop-Perlen, die von den Kompositionsstrukturen an Burt Bacharach oder Carole King erinnern und mit modischem Chartspop nichts gemein haben. Ganz allein war Feist bei den Aufnahmen nicht, ihre langjährigen Weggefährten Chilly Gonzales und Mocky haben auch bei „Metals“ ihre Finger im Spiel und sind möglicherweise dafür verantwortlich, dass sich hier und da rockige Gitarrenriffs und soulige Grooves einmischen, die Stimmung sich von zurückgezogen nach pompös ändert. Doch nie zuvor vertraute Leslie Feist ihrer eigenen, so wandel- wie unverwechselbaren, spröden, wundervollen Stimme so sehr: „Metals“ ist zuallererst die Selbstfindung einer großen Sängerin, die Rückkehr aufs glänzende Pop-Parkett erfolgt ganz wie nebenbei. Irgendwie schön, dass man auch auf diese Weise erfolgreich sein kann.

CD, 2011, 12 Tracks, Label: Polydor

Christina Mohr

06.10.2011