Madonna

“MDNA“

Ach, Madonna: wir wissen ja, dass das Älterwerden eine Zumutung ist, ganz allgemein und für die Queen of Pop erst recht. Doch wo auf „Hard Candy“ von 2008 durchaus Selbstironie durchblitzte, schießt Madonna auf „MDNA“ scherzfrei scharf: überall „girls“ und „bitches“, zu denen sie sich auch mit 53 natürlich noch selbst zählt: „I tried to be a good girl“ singt sie im Scheidungs-Verarbeitungssong „I Don´t Give A“, die zweite Single aus „MDNA“ heißt „Girl Gone Wild“. Dabei zeigte ihr Auftritt beim Superbowl im Februar, dass ihr die Rolle als Königin und Zeremonienmeisterin perfekt passt – viel besser als die in Spandexleggings geklemmte Tanzmarie. „MDNA“ ist bei aller zur Schau gestellten Fitness und Cluborientierung eine recht tragische Angelegenheit. Klar, man kann streckenweise ordentlich abtanzen; und Madonna lädt wie gewohnt jüngere Konkurrentinnen (diesmal: M.I.A. und Nicki Minaj) zum Mitsingen und –tanzen ein, degradiert sie im Video zu „Gimme all your Luvin’“ aber zu pomponschwingenden Cheerleaderinnen, anstatt ihnen huldvoll die Bühne zu überlassen. Die Musik auf „MDNA“ ist durchgängig so quietschend, grell, brachial und überproduziert, wie man es zur Zeit halt macht – schade eigentlich, dass William Orbit, den Madonna neben zahlreichen anderen Producern nach der grandiosen „Ray of Light“-Phase wieder ins Boot holte, sich und seiner Auftraggeberin nicht mehr zutraute, als eine Kopie des sowieso als Parodie gemeinten Lady Gaga-Sounds abzuliefern, was Madonna als souveräne Aneignung von „Trends“ missversteht. In den balladesken Songs wie „I´m A Sinner“ und „I Fucked Up“ schimmert kurz die Ahnung davon auf, dass Madonna eine echt gute, lebenserfahrene, weise Sängerin abgeben könnte – aber nein, sie will ja lieber mit Proll-Krachern wie „Gang Bang“ und „Turn Up the Radio“ die unkaputtbare Botox-Bitch geben. Schade eigentlich.

CD, 2012, 12 Tracks, Label: Interscope/Universal

Christina Mohr

25.03.2012