Alsarah And The Nubatones

“Manara“

Wie klingt Musik, wenn sie in verschiedenen Heimaten ihre Wurzeln hat? Der Begriff „World Music“ muss für viele Genres herhalten. Sobald ein nicht-westlicher Klang zu hören ist oder in einer „fremden“ Sprache gesungen wird, sind wir schnell bei der Musikrichtung, die eigentlich keine ist oder vielmehr ganz viele unterschiedliche Richtungen vereint. Auch das neue Album von Alsarah And The Nubatones fällt in dieses musikalische Gesamtgenre. Die Band um die Sängerin Alsarah spielt einen Sound, der in der Musik des Sudans wurzelt und mit (uns) vertrauten Pop-Klängen eine Symbiose eingeht. „East-African-Retro-Pop“ nennt die Band selbst ihre Musik, die sie auf westlichen wie östlichen Instrumenten spielt. Auf den Tracks sind neben Oud (arabische Laute) und Ngoni (eine drei- oder viersaitige Langhalslaute, die in vielen Ländern Westafrikas verbreitet ist) auch Bass, Akkordeon, Geige und Keyboards zu hören. Auch wenn die traditionell europäischen Instrumente überwiegen, tendiert der Sound mehr zum Afrikanischen. Viel Perkussion, Rhythmen, die sich wiederholen, viel Sprechgesang. Die Songs handeln häufig von Vertreibung und der Suche nach Heimat. Durch den Bau des Assuan-Staudammes wurden hundertausende Nubier in den 1960er Jahren aus ihrer Heimat vertrieben. Die Themen Flucht und Migration haben daher eine große Bedeutung für die Musik der Band.
In dem Stück „Ya Watan“ singt Alsarah auf Arabisch ein Lied über das Gefühl der Heimatlosigkeit. Eindringlich verwebt sich ihre Stimme mit der Oud in einem Stück, das fast zu Tränen bewegt, auch wenn man den Text nicht versteht. Typisch für die Musik ist das Stück „3roos Alneel“, inspiriert durch traditionelle nubische Musik. Frauenstimmen erklingen in pentatonischen Gesängen, die sich in ständiger Wiederholung mit eingängigen Soloeinlagen von Oud und Gitarre abwechseln, das Ganze unterlegt mit einem hypnotisierenden Perkussion-Klang, der einen fast in Trance versetzt.
Als „der neue Stern des nubischen Pop“ bezeichnete die britische Zeitung The Guardian die Leadsängerin Alsarah nach dem Debütalbum der Band – eine Bezeichnung, die die Sängerin aus Brooklyn übertrieben findet. Sie sieht sich eher als New Yorkerin mit Migrationsgeschichte – ein Schicksal, das heute Millionen von Menschen betrifft. „Manchmal verlassen wir freiwillig unsere Heimat, manchmal werden wir dazu gezwungen, manchmal planen wir zurückzukehren, manchmal wissen wir nicht, ob wir jemals unsere Familien wieder sehen werden“, beschreibt Alsarah die Migration und sieht das Album als Leuchtturm auf dem Weg.

CD, 2016, 14 Tracks, Label: Wonderwheel Recordings

Tina Adomako

17.10.2016