Soap & Skin
“Lovetune for Vacuum“
Dieses Album warf lange Schatten voraus: Seit vergangenem Herbst konnte man überall Artikel über die Österreicherin Anja Plaschg alias Soap & Skin lesen. Ihr Konterfei zierte die erste Ausgabe des Missy Magazine, sie trat im Vorprogramm ihrer Kollegin Gustav auf und verkörperte Warhol-Ikone Nico in einem Theaterstück von Werner Fritsch. Die starke mediale Präsenz verwundert, denn die 19-jährige Plaschg ist ein Antistar, wie er/sie im Buche steht: hochbegabt, kompliziert und introvertiert, sie verweigert Interviews und es ist schier schmerzhaft, sie bei Liveauftritten zu beobachten, bei denen sie den Kontakt zum Publikum meidet, sich windet vor tiefsitzender Qual. In Soap & Skin kämpfen dunkle Dämonen, die sie über ihre Musik und Texte nach draußen läßt: „When I was a child / fears pushed me hard in my head, in my neck, in my chest, in my waist /I never loved / I still beg, please help me“ singt/schreit sie in der intensiv-dramatischen Ballade „Spiracle“, einem von dreizehn Songs auf „Lovetune for Vacuum“. Klassisches Klavier, ein wenig Flöten- und Geigenuntermalung, knarzende Computersounds – aus dieser kargen Instrumentierung baut Anja Plaschg ihre klaustrophobische Kammermusik. Stücke wie „Thanatos“, „Turbine Womb“ oder „Cynthia“ klingen wie aus Zeit und Raum gefallen: leichtverdaulich ist alles nicht. Einzig der rein synthetische und instrumentale Track „DDMMYYYY“, in dem Plaschg die Geräte fiepen und durchdrehen läßt, zeigt, in welchem Jahrhundert wir uns befinden. Soap & Skin ist die düstere Ikone einer neuen Innerlichkeit: die Künstlerin leidet an der Welt und es gibt keinen Grund, das zu überdecken. Ob man sich um sie Sorgen machen muß? In einem Interview erklärte sie kürzlich, Soap & Skin sei nicht Anja Plaschg. Sie sähen nur gleich aus.
CD, 2009, 13 Tracks, Label: Pias
Christina Mohr12.03.2009