Erja Lyytinen

Zunächst einmal das Outing: nein, bevor ich dieses Album zur Rezension zugeschickt bekam, kannte ich diese Power-Musikerin nicht. Erja Lyytinen wird als beste Gitarristin Finnlands gehandelt, dieses Album zum besten Album des Jahres 2014 erklärt. Aber auch das britische Musikmagazin „Blues Matters“ meint, „Live in London“ gehöre zu den Top 3 der internationalen Alben des letzten Jahres. Nachdem ich das Album ein paar Mal rauf und runter gehört habe, frage ich mich, wie kann es sein, dass ich noch nie etwas von dieser Frau gehört habe?
Frau Lyytinen rockt! Und zwar richtig! Mit Schmackes geht es dann auch los. „It’s A Blessing“ heißt das erste Stück auf diesem Livealbum, das sich nur ganz kurz am Anfang wie ein Gospel anhört, sich dann nach wenigen Takten in ein furioses rockiges Stück verwandelt. Da kommt dann auch recht bald ausgiebig das Instrument zum Einsatz, das Erja Lyytinen beherrscht wie kaum eine andere: die Slide-Gitarre. Nach dem feurigen Auftakt geht es R’N’B-mäßig weiter. Auf „Let It Shine“, einer Eigenkomposition der Sängerin, folgen zwei Coverversionen von klassischen Elmore James-Songs. Neben den Coverversionen präsentiert die Sängerin/Gitarristin vier weitere eigene Stücke auf dem Album, darunter die bluesige Ballade „Change Of Season“ und das funkige Soul-Stück „Hold On Together“ mit einem langen Gitarrensolo. Zwischendurch gibt es Gelegenheit zum Durchatmen, Runterkommen, z.B. wenn die Sängerin die Elmore-James-Balladen „The Sky Is Crying“ und „It Hurts Me Too“ interpretiert. Da hat einen der Blues voll im Griff. Am Ende ist dann wieder der Drive, der Groove da – und auf jedem Stück dieser unglaubliche Gitarrensound.
Aufgenommen wurde das Album im legendären „100 Club“ in London. Eine illustre Liste von Blues-Legenden, darunter Muddy Waters und B.B. King, haben hier gespielt. Am 7. Oktober trat auch Erja Lyytinen dort auf, um dieses Album aufzunehmen. Für all jene, die das Ergebnis nicht nur hören, sondern auch sehen wollen: das Live-Concert gibt es als Bonus-DVD beim Kauf des Albums dazu. „Remember to listen to a lot of music, remember to listen to a lot of good music, remember to listen to a lot of good blues music”, entlässt die Musikerin ihr Publikum am Ende des Konzerts. Im November tourt sie mit Band durch Deutschland – eine Gelegenheit, sie beim Wort zu nehmen.