Dianne Reeves
“Light Up The Night“
Noch ein Live-Album, und noch eine Künstlerin, die von Wynton Marsalis in den Himmel gelobt wurde: “Sie besitzt eine der kraftvollsten, entschlossensten und präzisesten Stimmen nicht nur unserer Zeit, sondern aller Zeiten“ schwärmt der Trompeter von Dianne Reeves, mit der er schon mehrfach zusammengearbeitet hat. Auf diesem Album, das live 2016 beim Jazzfestival in Marciac/Südfrankreich, aufgenommen wurde, zeigt die Sängerin, was Marsalis damit meint und wozu ihr Gesangsorgan, das ihr schon mehrere Grammy eingebracht hat, fähig ist (Reeves ist übrigens die erste Jazzsängerin, die drei Jahre in Folge die Auszeichnung erhielt). Auf dieser Scheibe flüstert, haucht und schreit sie laut ihre Songs heraus, interpretiert sie mal feurig und soulig, mal knallig und rockig, mal sanft und emotional. Das Repertoire auf der CD reicht von Popmelodien wie „Dreams“ von Fleetwood Mac, mit dem das Album öffnet, und das Dianne Reeves in einer herrlich jazzigen Version präsentiert, zu Jazzklassikern wie Pat Metheney’s „Minuano“, wo sie mit ihrem Skatgesang ihre Virtuosität unter Beweis stellt. Manch ein Stück fängt als ruhige Ballade an wie „Cold“ und entwickelt sich zu einem röhrigen Rockstück. Oder bleibt, wie Wayne Shorter’s „Infant Eyes“ bluesig und chillig. Auf „All Blues“ thematisiert sie das „Blue Eyes Experiment“, mit dem die amerikanische Lehrerin Jane Elliott 1968 zeigte, wie Diskriminierung funktioniert. Mit dem erhebenden R&B Song „Beautiful“ von Mali Music schließt das Album. Davor teilt Reeves ihre Überzeugung mit, dass es mehr gute Menschen auf der Welt gibt als schlechte: „I know that there are more beautiful, kind, loving spirits and people in the world than there are those wishing to tear it down.” Mit einem Zitat von Michelle Obama endet das Album: “When they go low, we go high!”.
„Light Up The Night“ ist ein Album mit sehr kraftvollen Songs, von dem ich mir vorstelle, dass sie, live erlebt, mehr zu fesseln vermögen als hier auf einer CD gepresst, wo ich das Zuhören streckenweise als anstrengend empfand. Dies ist daher auf keinem Fall ein Hintergrundmusikalbum, sondern eins, dass die volle Aufmerksamkeit fordert.
CD, 2017, 8 Tracks, Label: Universal
Tina Adomako10.11.2017