Katia Guerreiro

“Katia live at the Olympia“

Vor ausverkauften Plätzen fand das Konzert am 23. Januar 2012 im Pariser Olympia statt. Wer neben dem akustischen Genuss auch das Visuelle mag, ist mit dieser ersten Live-Aufnahme der begnadeten Fado-Sängerin Kátia Guerreiro bestens bedient. Kátia d’Almeida d’Oliveira Rosado Guerreiro Ochoa, wie die Sängerin mit richtigem Namen heißt, wurde in Südafrika geboren und kam über Umwege in die Heimat des Fado, wo sie während ihres Medizinstudiums in Lissabon das Genre für sich entdeckte. 2001 spielte sie ihr erstes Album ein, „Fado Maior“. Viele ihrer Songs basieren auf den Texten zeitgenössischer portugiesischer Schriftsteller, allen voran António Lobo Antunes (der, wie die Sängerin ebenfalls im Erstberuf Arzt ist) oder sind Vertonungen von Gedichten, z.B. von Fernando Pessoa.
Die vorliegende Box „Katia live at the Olympia“ bietet neben einer CD mit 13 ausgewählten Stücken auch eine DVD, die mit 20 Songs den ganzen Abend bildlich festhält. „J’ai des jupes de toutes les couleurs…“ (ich habe Röcke in vielen Farben) teilt die Sängerin dem Publikum mit, doch die Farben des Abends sind Gold und Schwarz. Schwarz, wie die Stimmung des Fado, der einem das Herz zerreißt, Gold, wie die kleinen Lichtblicke zwischendurch, wenn der Schmerz nachlässt. Wenn Katia innbrünstig den Schmerz und die Melancholie aus voller Brust intoniert, bin ich froh, dass ich den Text nicht verstehe. Sonst würde ich sicher losheulen, wie etwa bei „Rosinha dos Limões“, ein schwermütiges Lied über eine kleine Zitronenverkäuferin. Doch gekonnt mischt die Sängerin auch fröhliche Stücke in ihr Programm. Da schnippt man auch mal mit den Fingern, wippt mit den Füßen oder klatscht im Takt, wie das Live-Publikum bei „Havemos de ir a Viana“, eine musikalische Reise zum Ort der schönsten Schmuckstücke (die auch die Ohren der Sängerin schmücken und in überdimensionaler Form die Bühne dekorieren.) Die Leichtigkeit hält sich jedoch in Grenzen, schließlich sticht der Fado ins Herz, ist schmerzvoll, traurig, schwermütig.
Was die DVD der CD voraus hat, sind die sichtbaren Emotionen der Musiker und Sängerin. Der schmerzliche Gesichtsausdruck auf manchen Stücken, die Freude am Spiel auf anderen. Wie die Musiker virtuos die Sängerin begleiten und auch die Umkleidepause bestreiten, in der Katia aus einer extravaganten Robe in die andere schlüpft (von Schwarz zu Gold). Genial ist das Instrumentalstück „Instrumental“, auf dem Luís Guerreiro und Pedro de Castro auf der portugiesischen Gitarre spielen und von João Mário Veiga auf der klassischen Gitarre begleitet werden. Mit einem traditionellen Fado-Stück „Alegoria“ eröffnet das Konzert. Mit einem bekannten französischen Chanson der Sängerin Barbara („Ma plus belle histoire d’amour“) verabschiedet Katia sich vom Pariser Publikum, deren Begeisterung vor allem auf der DVD richtig spürbar ist. Und ich in meinem roten Sessel habe das Gefühl, fast live dabei gewesen zu sein.

CD + DVD, 2015, 13 Tracks + 20 Tracks, Label: Ua Records

Tina Adomako

17.05.2015