Safi
“Kalt“
Punkrock ist tot? Nicht beim Leipziger Trio um Namensgeberin, Gitarristin und Sängerin Safi – jedenfalls, wenn man unter Punkrock nicht nur eins-zwei-drei-vier-Geschrammel versteht: Safi lassen wuchtige, brachiale Noise-Schlachten vom Stapel, die sich mit unvorhersehbaren Momenten des Verharrens und der Stille abwechseln. Vergleiche mit Bands wie Surrogat und Mutter fielen schon häufig und liegen nahe. Neben zehn Minuten langen, ausufernden Tracks wie „Kalt“ befinden sich kurze Intermezzi, schlicht „A“ und „B“ auf dem Album; die Texte gaukeln keine Sozialkritik vor, sondern bleiben kryptisch, rätselhaft, poetisch: „Das graue Laub vom letzten Jahr dreht kraftlos seine Kreisel / Ich du er sie es wir sie, und was sich anfühlt, das lebt – wieder – immerweiter – immerweitermachen.“ Oder, kurz und eindrucksvoll: „Ich tret mir eine Magengrube.“ Keine leichtverdauliche Kost also, Safi machen keine Zugeständnisse an irgendjemandes Hörgewohnheiten. Pures Losmoshen ist ebenso unmöglich wie oberflächliches Nebenbeihören. Die musikalischen und inhaltlichen Raffinessen werden von Safis Stimme noch übertroffen: Ja, sie erinnert deutlich an Nina Hagens voluminöses Organ, Safi brüllt und knurrt, wispert und flüstert, verkneift sich aber jene Operettenhaftigkeit und Theatralik, die Frau Hagen zur Nervensäge schlechthin machte. Für sowas hat Safi keine Zeit. Was sie wirklich sucht, braucht und will, wird nicht ganz klar – aber es hinterlässt einen starken Eindruck.
CD, 2009, 9 Tracks, Label: Zickzack/What's So Funny About
Christina Mohr23.06.2009