Julia Marcell

“it might like you“

Die in Polen geborene und in Berlin lebende Julia Marcell bezeichnet ihre Musik als „Classical Punk“ – klassisch wegen ihrer Ausbildung an Klavier und Geige, punkig sei ihre Arbeitsweise. Widmet man sich ihrem Debütalbum „it might like you“, kommt man nicht auf die Idee, dass hier irgendetwas mit Punk zu tun hätte: Die zwölf Songs erinnern eher an die junge Tori Amos, als diese noch voller Leidenschaft und Energie ihr Bösendorfer-Piano bearbeitete. Aber es wäre zu kurz gegriffen, Julia Marcell als reine Amos-Nachfolgerin zu bezeichnen, in der 26-jährigen Künstlerin steckt viel mehr, zum Beispiel jede Menge Ehrgeiz: Ihre ersten selbstgeschriebenen Songs stellte sie auf einer Website für Nachwuchskünstler ein, auf der Fans Anteile an der Musik erwerben können. Kommt eine Summe von 50.000 Dollar zusammen, erhalten die „Aktionäre“ später das fertige Album und eine Gewinnbeteiligung. Julia Marcell ist eine von ganz wenigen KünstlerInnen, denen dieses Wagnis gelang – wer sich nicht an diesem Aktienhandel beteiligte, hat jetzt die Chance, Marcells Musik „einfach so“ zu genießen: Das von Moses Schneider (Beatsteaks, Tocotronic) produzierte Album versammelt dramatische Klavierballaden, böse Liebeslieder, Geigenteppiche, übermütige Rummelplatzmusik, Swing-, Musical- und Tapdance-Elemente, dazu jede Menge als Instrumente eingesetzte Gerätschaften und Geräusche und Freunde, die im Backgroundchor singen. Gebändigt und in Form gebürstet von Miss Marcell – und am Ende versteht man doch, was sie mit „Classical Punk“ meint.

CD, 2009, 12 Tracks, Label: Inappopriate Behavior

Christina Mohr

13.07.2009