Gemma Ray
“Island Fire“
Das knallbunte Cover ist trügerisch: Gemma Rays neues Album „Island Fire“ handelt nicht von unbeschwerten Sommer-Sonne-Strandurlauben. Einige Songs entstanden während eines Zwangsaufenthalts in Island, als der durch seinen Ausbruch berühmt gewordene Vulkan die Weiterreise der britischen Musikerin verhinderte. Doppelbödigkeit ist ohnehin Gemma Rays liebstes Stilmittel: oberflächlich betrachtet könnte man die Gitarristin und Sängerin als lockerleichten Retro-Act abtun, der in Sixties-Pop und –Soul schwelgt. Bei genauerem Hinhören merkt man aber rasch, dass sich in Gemma Rays Songs dunkle Untiefen auftun. „Put Your Brain in Gear“ etwa klingt zunächst wie zuckriges Schubidu, im Text geht es darum, bei Dates die Kontrolle zu behalten und nicht nur an das passende Outfit zu denken. Auch musikalisch ist Gemma Ray nicht leicht in Schubladen zu packen: sie liebt die Musik der Sixties, Girlgroup-Sounds, twangelnde Gitarren – die sie im Übrigen selbst spielt -, Geigen, Cello, Xylofon, und mischt stets Moll-Untertöne darunter, damit der Gesamteindruck nicht allzu süß wird. Die Schwierigkeit, einen passenden Stempel für Gemma Ray zu finden, ist wohl der Grund dafür, dass sie zum ewigen Geheimtipp verdammt scheint. Was der künstlerischen Entwicklung aber meistens zuträglich ist: Gemma Rays Qualitäten erkannt haben z.B. Marianne Faithful, die sie als Support mit auf Tour nahm (und der Gemma Ray die Show stahl!) und das amerikanische Duo Sparks, die gleich zwei ihrer Songs mit Gemma auf „Island Fire“ zum Besten geben.
CD, 2012, 14 Tracks, Label: Bronzerat / Soulfood
Christina Mohr07.08.2012