Aline Frazão
“Insular“
Es gibt KünstlerInnen, die die heimischen Gefilde um sich haben müssen, um ein neues Album aufzunehmen. Nicht so die 27jährige angolanische Musikerin Aline Frazão: sie hat sich für ihr drittes Album auf die entlegene, schottische Insel Jura im Nordatlantik begeben, in der der britische Studiobesitzer Giles Perring sich niedergelassen hat, der nicht gerade als Kenner von lusophonen Klängen bekannt ist. Außerdem bat sie den Rockgitarristen Pedro Geraldes (Linda Martini) dazu; all das, um nicht Gefahr zu laufen, Stereotypen angolanischer, brasilianischer oder jazziger Töne zu erliegen. Was sie in der Begegnung mit der einsamen Insel mit ihren felsigen Ufern, kargen Wiesen und nicht mal 200 Einwohnern erlebt und gefühlt hat, teilt sie auf „Insular“ gleich in ihrem wunderschönen Opener mit, in dem sie erzählt, wie sie die Sterne und den Himmel „lesen gelernt“ hat. Neben ihren eigenen poetischen, portugiesisch-sprachigen Liedern, die vor allem von Unterdrückung und der Suche nach sich selbst handeln, hat sie einen Track der Rapperin Capicua („A Louca“) und „O Som Do Jacaranda“ der angolanischen Dichterin Ana Paula Tavares neu interpretiert. Am Ende kehrt sie mit einem Song in der Bantusprache Kimbundu zu ihren afrikanischen Wurzeln zurück, dem akustischen Traditional „Susanna“. Ein abwechslungsreicher Hörgenuss, der melancholische, aber auch luftig-warme Songperlen bietet.
MELODIVA CD Tipp Mai 2016
CD, 2016, 11 Tracks, Label: Jazzhaus Records
Mane Stelzer22.05.2016