Gaby Moreno
“Illustrated Songs“
Schon die ersten Takte von „Illustrated Songs“ deuten an, was die gebürtige Guatemaltekin Gaby Moreno bei ihrem neuen Album inspiriert hat, so schwärmerisch stimmen Bläser und Geigen, ein altes Klavier und zarte Schlagzeugbesen ein: es ist die Stummfilm-Ära, in der Livemusik als Pausenfüller eingesetzt wurde. Während dem Filmrollenwechsel wurden Dias an die Wand projeziert und musikalisch untermalt; die sog. „illustrated songs“ sind quasi die Vorläufer der Filmmusik bzw. heutiger Videoclips. „Every song is in its own little world”, sagt sie selbst, was das Album nicht nur charmant, sondern auch ungemein vielfältig macht. Morenos Liebe für „old fashioned music“ ist unüberhörbar; Bläsersätze, Honkytonk-Klavier und Akkordeon beschwören die Musik der 20er und 30er Jahre herauf, bekommen aber ein zeitgemäßes Singer-/Songwriter-Gewand. Moreno singt auf ihrem zweiten Album deutlich mehr Songs als früher in ihrer Muttersprache Spanisch, was einen zusätzlichen Zauber ausmacht und zu ihrer leidenschaftlichen, mal sanften, mal bluesig-rauen Stimme passt. Glaubt man dem Info, hat sie mit 14 den Blues auf einer Urlaubsreise in New York entdeckt und er hat sie nicht mehr losgelassen, aber auch Country, Soul und Folk, Jazz- und Latineinflüsse finden den Weg auf die neue Platte. Das Ganze ist so liebevoll in Szene gesetzt, dass es dem „Cinema Paradiso“ – einem wunderschönen Film von Giuseppe Tornatore über ein sizilianisches Dorfkino in den 40er Jahren – entstammen könnte. Großartig.
MELODIVA CD Tipp April 2012
CD, 2012, 12 Tracks, Label: World Connection
Mane Stelzer04.05.2012