Inger Nordvik
“Hibernation“
Den Karrierestart der norwegischen Songwriterin und Sängerin Inger Nordvik kann man nicht als gelungen bezeichnen. Die Tour zu ihrem im Februar 2020 veröffentlichten Debüt „Time“ musste wegen der Pandemie ausfallen, stattdessen zog sich Nordvik aus ihrer quirligen Wahlheimat Berlin in eine abgeschiedene Hütte an der Küste Nordnorwegens zurück, um an neuer Musik zu arbeiten. Das hat sich gelohnt, ihr Zweitling „Hibernation“ („Winterschlaf“) ist eine beeindruckende Retrospektive und zudem ein Soundtrack, der aufwendiger ist als sein Vorgänger. Ein akustisches Jazztrio, Synths, Orgel, Gitarre und Blechbläser erzeugen ein Sounddesign, das sich an den organischen Bandklängen der 60er/70er Jahre orientiert und durch Streicherarrangements eine verträumte Note bekommt. Über allem Nordviks elfengleiche, wunderschöne Stimme, die in einer klassischen Ausbildung geschult und durch das Eintauchen in Pop, Soul, Jazz und Improvisation Tiefgang bekommen hat. In ihren Songs führt sie Gespräche mit sich selbst und anderen, setzt sich mit inneren Dämonen, Dramen und der eigenen Einsamkeit auseinander. Das hoffnungsfrohe „Secrets“ beschreibt den Ausbruch aus einer toxischen Beziehung. In „Hibernation“ hüllt sie uns in eine tiefe, erholsame Ruhe ein, fragt aber auch, ob wir noch Verbindung zu unserer „tribe“ halten. In „Interlude“ brilliert sie mit ungewöhnlichen Gesangsmelodien. Nordviks Musik ist bittersüß und wohltuend wie ein warmer Regen.
CD, 2023, 9 Tracks, Label: Asta Records
Mane Stelzer25.02.2023