Isobel Campbell & Mark Lanegan
“Hawk“
Isobel Campbell und Mark Lanegan gehen in die dritte Runde: zwei Jahre nach „Sunday at Devil Dirt“ legen die ungleichen Partner – er das grollende Screaming Trees-und Queens of The Stone Age-Rockmonster, sie die feinfühlige Britpopperin (Belle & Sebastian, The Gentle Waves) – eine neue Platte vor. Damit kein Missverständnis entsteht: Wie auf den beiden früheren Alben zeichnet Isobel Campbell für alle Kompositionen und Arrangements verantwortlich. Sie hält sich gesanglich im Hintergrund, so dass „Hawk“ streckenweise wie ein Solowerk Mark Lanegans wirkt, dies aber mitnichten ist. „Hawk“ habe ihr viel abverlangt, sagt Campbell und meint damit auch ihren Anspruch an sich selbst, der sie unaufhörlich nach dem perfekten Song suchen lässt. „Perfekt“ hat für Campbell allerdings nichts mit Mainstream zu tun: „Hawk“ – der Begriff hat im amerikanischen Englisch mehrere Bedeutungen, nicht nur der scharfäugige Greifvogel ist gemeint, „to hawk“ heißt auch so viel wie „verkaufen“ – weist bewusste Brüche auf. Campbell bedient sich zwar aus dem reichhaltigen Americana-Fundus, verarbeitet Country, Folk, Saloonmusik mit Fiddle und raumgreifenden Highway-Blues, aber „Hawk“ ist kein verklärender Western-Soundtrack. Das Titelstück zum Beispiel ist eine synkopische Instrumentalraserei, die so gar nicht zum träge dahinschaukelnden, von Willy Mason gesungenen Townes Van Zandt-Cover „No Place To Fall“ passen will. Akustische Folk-Balladen wie „We Die And See Beauty Reign“, „Snake Song“ und „To Hell And Back Again“, die in ihrer ätherischen Schwerelosigkeit an Mazzy Star erinnern, treffen auf donnernden, übellaunigen Grinderman-Blues wie „You Won´t Let Me Down Again“ (Gitarre spielt hier übrigens James Iha/Smashing Pumpkins). Das lässige, selbstbewusste Songwriting des piano- und streicheruntermalten „Come Undone“ kontrastiert mit dem sakralen Gospel „Lately“. Lanegan klingt knarziger und älter als Kenny Rogers, Lee Hazlewood und Don Williams („Some Broken Hearts Never Mend“) zusammen; die Momente, in denen Campbell ihre zarte Stimme erhebt, sind rar – also kein lustiges Nancy Sinatra/Lee Hazlewood-Remake. Aber ein Hawk ist schließlich kein süßer Piepmatz, sondern ein stolzer Vogel, der eine mutige Falknerin braucht wie Isobel Campbell.
CD, 2010, 13 Tracks, Label: Cooperative Music
Christina Mohr22.08.2010