Diana Krall
“Glad Rag Doll“
Lasziv, im Burlesque-Outfit inmitten roten Plüschs, räkelt sich die 48-jährige kanadische Jazzpianistin/Sängerin auf dem Cover ihrer 11. CD. Produziert wurde diese von T-Bone Burnett, und er ist wohl auch für die neue Seite der Schönen verantwortlich – nicht nur optisch, sondern v.a. musikalisch. „It’s sex music“, sagt er im Interview. Dass die Lady für die Musik der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts ein Faible hat, ist bekannt – die Wildheit dieser Zeit fasziniert sie. Bekanntlich gab es damals Freiheiten auf kulturellem und sexuellem Gebiet sowie dem des Drogengebrauchs, die erst Jahrzehnte später in der Hippierock-Zeit wieder so zelebriert wurden. Burnett nutzte ihr Faible, um diese Songs nicht 1:1 wiederzukäuen, sondern durch Musiker aus anderen Genres, nämlich Alternative, Rock oder Country, für die Jetztzeit aufzufrischen. Das Ergebnis: nicht nur für Jazz-Fans eine große musikalische Freude! Dianas rauchzarte Stimme swingt mühelos und punktgenau durch die schwierigsten Gesangslines („There Ain’t No Sweet Man That’s Worth The Salt Of My Tears“), haucht spröde-verhalten („Just Like A Butterfly That’s Caught In The Rain“) oder raunt erotisch („You Know – I Know Ev’rything’s Made For Love“). Gleichwohl zieht sich ein Hauch von Melancholie durch das Fest der Sinnenfreude – die Puppe im Abendkleid, mit der alle so viel Spaß haben, könnte im Alter allein und in Lumpen dastehen, weil mann solche Mädchen eben nicht heiratet („Glad Rag Doll“). Besonders berührend das tröstliche „Let it Rain“ und der Country Slow Waltz „Wide River to Cross“. Dazu spielt Diana gewohnt virtuos auf einem alten Piano, Marc Ribot (Tom Waits, The Black Keys) lässt die Stromgitarre knarzen und heulen, wo im Original ein Klarinetten- oder Saxofonsolo Platz hätte, und das bisweilen so was von genial laid back! Dennis Crouch (Gregg Allman, Johnny Cash, Elton John) lässt den Bass pumpen, und „Howard Coward“ aka ihr Ehemann Elvis Costello schrappelt Dobro und Ukulele. Ladies: Anhören. Kaufen. Könnte DER Soundtrack für Eure Winterabende werden.
CD, 2012, 13 Tracks, Label: Verve/Universal
Fee Kuhn14.10.2012